Leidenschaft, Die Dich Verfuehrt
Hosen hochgezogen, sich zur Seite gerollt und Tristans Fünfundvierziger ergriffen hatte.
»Leg die Waffe weg«, befahl Tristan ruhig.
Emily hatte sich Ringsteads Revolver geschnappt und hielt ihn nun in beiden Händen. Der Lauf war direkt auf
Homers Kopf gerichtet. Emilys Hände waren so ruhig wie die eines Meisterschützen. »Wenn du den Abzug auch nur berührst«, sagte sie gefährlich leise, »puste ich dir den Kopf weg.«
Der Cowboy ließ sich nicht lange Zeit zum Nachdenken. Er gab Tristan den Fünfundvierziger - mit dem Griff zuerst. Tristan riß den Outlaw vom Boden hoch und stieß ihn seinem indianischen Freund in die Arme, der dem Kerl wortlos Arme und Beine fesselte.
Tristan kümmerte sich nur noch um Emily, und im Augenblick schien nichts anderes um ihn herum zu existieren. »Bist du verletzt?« wollte er besorgt wissen.
Sie schmiegte sich an ihn und schlang die Arme um seinen Nacken. Wie ein Ertrinkender sich an einem kräftigen Schwimmer festhalten würde, klammerte sie sich an Tristan. »Sie haben mich verschont, denn sie wollten mich erst töten, wenn sie dich umgebracht hatten«, murmelte sie zitternd. »Ich bin ja so froh, daß du lebst und gesund bist!«
Er hielt Emily ganz fest und schloß für einen Moment die Augen. Ihm war plötzlich schwindelig. Dann hielt er sie eine Armlänge von sich weg und betrachtete sie erleichtert. Er war fast wahnsinnig vor Angst um sie gewesen; diese Angst war mittlerweile abgeklungen, aber in Gedanken stellte er sich immer noch vor, was alles hätte passieren können. Er war drauf und dran, ihr bittere Vorwürfe zu machen, weil sie diese bedrohliche Situation heraufbeschworen hatte, indem sie sich eingemischt hatte, aber sie lebte - und das war das einzige, was zählte. Er zog sie wieder an sich und begrub sein Gesicht in ihrem Haar.
Schwarzer Adler hatte sich über Ringstead gebeugt und starrte Tristan neugierig an. »Du kanntest diesen Mann?«
Tristan ließ Emily los und betrachtete den Toten. »Ich habe zwei Jahre damit verbracht, ihn zu jagen«, antwortete er tonlos.
Emily war neben Tristan getreten und sah ihm ins Gesicht. Wieder einmal zeigte sich, daß sie eine starke und zähe Persönlichkeit war. Die meisten anderen Frauen, die Tristan kannte, wären nach so einer Tortur in Ohnmacht gefallen oder zumindest in Tränen ausgebrochen, aber Emily schenkte der Leiche nicht mal einen zweiten Blick. »Was heißt gejagt?« fragte sie ohne Umschweife.
Tristan hatte vermeiden wollen, daß sie oder jemand anderes erfuhr, daß er sein Vermögen als Kopfgeldjäger erworben hatte. Das war zwar eine legitime und staatlich sanktionierte Art des Geldverdienstes, aber moralisch war diese Tätigkeit ziemlich zweifelhaft. Kopfgeldjäger waren kaum besser als Revolverhelden, die für Geld ihr Leben aufs Spiel setzten.
Doch nun würde er Emily seine Geschichte erzählen müssen - denn ihm war klar, daß sie nicht lockerlassen würde - er würde zugeben müssen, daß er den größten Te il seines Lebens damit zugebracht hatte, Männer zu jagen, auf deren Kopf ein Preisgeld ausgesetzt war. Wenn sie sich ergeben hatten, hatte er die Gesuchten dem nächsten Sheriff oder Marshall übergeben und die Prämie kassiert. Kam jemand nicht freiwillig mit, hatte Tristan nicht gezögert zu schießen. Auch dann hatte er seine Prämie bekommen, denn im Gesetz hieß es: tot oder lebendig. Die Jagd war manchmal erregend gewesen, eine Herausforderung wie ein Pokerspiel mit höchstem Einsatz. Und Tristan hatte auch nie geschossen, bevor der andere seinen Revolver gezogen hatte. Das alles würde er ihr erklären müssen - aber nicht hier und jetzt.
»Tristan?« meinte Emily ernst, als er sie weder anschaute noch etwas sagte.
Seufzend drehte sie sich um und kraulte Spud das struppige Fell. Sie lobte ihn mit sanften Worten, er winselte und versuchte, ihr das Gesicht zu lecken, bis sie wieder lachte.
Ringsteads toter Körper wurde auf den Rücken seines Pferdes gebunden und der andere Mann am Sattelknauf gefesselt. Emily saß hinter Tristan auf dem Wallach. Sie hatte ihre Arme um seine Taille geschlungen und legte ihren Mund an sein Ohr, so daß er nicht vorgeben konnte, er hätte ihre Frage nicht verstanden.
»Wirst du mir sagen, wer du wirklich bist?«
»Ja«, murmelte er nach einer Weile. »Später. Zu Hause.«
Er war froh, daß sie sich im Augenblick damit zufriedengab.
Es war wundervoll, das Ranch-Haus zu sehen, denn Emily hatte schon nicht mehr geglaubt, daß sie noch einmal
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