Leidenschaft, Die Dich Verfuehrt
ständig Hilfskräfte gebraucht, denn jeden Monat gehen ein oder zwei Mädchen weg, weil sie heiraten wollen und ...«
»Du bist doch verrückt«, unterbrach Liza Sue sie keineswegs unfreundlich. Die Schminke tun ihre Augen war verschmiert, und ihr Blick verriet, daß sie sich wünschte, daß so etwas möglich wäre. »Wenn ich in diesem Kleid das Hotel betrete, wirft man mich doch auf der Stelle wieder raus.«
Aislinn dachte angestrengt nach. Geschminkt und praktisch halbnackt konnte Liza Sue allerdings wirklich nicht Eugenie unter die Augen treten. »Hast du denn kein anderes Kleid? Eins, das etwas mehr geschlossen ist? Und wenn wir dann das Zeug aus deinem Gesicht waschen ...«
»Das würde nie funktionieren«, seufzte Liza Sue.
»Also ich kann das Problem nicht allein lösen«, erklärte Aislinn streng. »Meiner Meinung nach hast du doch nichts zu verlieren, und es wäre sicher einen Versuch wert.«
»Du würdest für mich lügen? Warum?«
»Ich werde nicht lügen, sondern du.«
Liza Sue kicherte verhalten. »Das kann doch gar nicht klappen. Ich habe doch überall blaue Flecken, und irgendein Gast würde mich bestimmt als eine der Huren aus dem >Yellow Garter Saloon< erkennen.«
»Du hast doch vorhin selbst gesagt, daß du dich verletzt hast, als du die Treppe hinuntergefallen bist«, erwiderte Aislinn trocken. »Und falls dich jemand erkennt, so glaube ich nicht, daß er öffentlich ausposaunen wird, die... Huren des Saloons zu kennen - schon gar nicht in so einer feinen Umgebung wie dem Hotelrestaurant.«
Die junge Frau schwieg eine Weile. »Ich habe keine anderen Kleider. Jake Kingston, der Besitzer des Saloons, hat mir alle persönlichen Dinge abgenommen, als ich mich verpflichtet habe, im Saloon als >Tänzerin< zu arbeiten. Das macht er mit allen Mädchen so, um zu verhindern, daß wir weglaufen.«
»Ich werde dir ein Kleid von mir geben. Ich habe noch zwei andere.« Beide Frauen schwiegen, denn keiner war klar, wie es nun weitergehen sollte. Bert, der Streuner, kam um die Ecke und versuchte dankbar Aislinns Gesicht zu lecken, aber sie schob den Hund mit einer Armbewegung zur Seite.
»Warum willst du das eigentlich alles für mich tun?« fragte Liza Sue. »Wenn uns die Hotelleute auf die Schliche kommen, jagen sie mich davon, und du kannst auch gleich deine Sachen packen.«
»Damit könntest du recht haben«, gab Aislinn zu. »Aber ich habe einen Platz, wo ich in diesem Fall hingehen kann.« Sie dachte an die kleine Farm außerhalb der Stadt, die sie kaufen wollte, um dort mit ihren Brüdern zu leben. Das Dach des Wohnhauses war halb eingestürzt, die Fenster waren zerbrochen, und der Garten war vollkommen verwildert. Aber noch gehörte ihr das Anwesen ja nicht, denn erst in ein oder zwei Monaten hatte sie genug Geld zusammen, um ein Kaufangebot abzugeben und ihre Brüder aus dem Osten kommen zu lassen.
»Entschuldige, aber das ist keine Antwort auf meine Frage.«
Aislinn seufzte leise. »Ich weiß es selbst nicht genau. Nicht, daß ich ein besonders edelmütiger Mensch wäre oder mir in den Kopf gesetzt hätte, die Menschheit zu retten ...«
»Das habe ich auch nicht behauptet.«
»... aber ich kann dich doch nicht hier in der Gosse liegenlassen, Liza Sue. Das kann ich einfach mit meinem Gewissen nicht vereinbaren.« Aislinn griff nach der Lampe und stand auf. »Wenn du nicht mit mir kommst, werde ich dem Marshall die ganze Geschichte erzählen. Du kannst zwar behaupten, daß ich lüge, aber es wird sich herausstellen, wem man mehr glaubt.«
»Verflucht noch mal«, murmelte Liza Sue und stand ebenfalls auf. »Du hörst einfach nicht zu.«
»Komm jetzt. Du kannst dich in der Vorratskammer verstecken, während ich dir etwas anderes zum Anziehen besorge. Später verbrennen wir dann diesen ... Fummel im Ofen.«
»Du willst einfach nicht zuhören«, protestierte Liza Sue, trottete aber hinter Aislinn her, die zur Küchentür ging. Zum Glück hatte sie in der Zwischenzeit niemand verriegelt.
»Leise jetzt«, flüsterte Aislinn, als sie Liza Sue durch die Küche zur Vorratskammer führte. Jede einzelne Diele schien zu knarren, was Aislinn bisher noch nie aufgefallen war. Sie zündete einen Kerzenstummel an und drückte ihn der jungen Frau in die Hand, die ganz klein und zerbrechlich aussah - und schreckliche Angst zu haben schien.
»Du kommst doch bestimmt wieder zurück?« wisperte sie.
»Natürlich«, versicherte Aislinn. »Aber verhalte dich ganz still.«
Sie hatte mit der Laterne gerade
Weitere Kostenlose Bücher