Leidenschaft, Die Dich Verfuehrt
wär's mit uns beiden, Süße?« lallte ein unbedarfter Cowboy. »Tanz mit mir, dann spendiere ich dir einen Drink.« Schwankend torkelte er auf Aislinn zu.
Ohne seinen Blick von ihr abzuwenden, griff Shay nach seinem Revolver und schob ihn mit einer fließenden Bewegung in den Holster zurück. »Wenn sich jemand bewegt«, sagte er mit gefährlich leiser Stimme, die bis in den letzten Winkel dieses gottverlassenen Ortes drang, »bekommt er eine Kugel zwischen die Augen.«
Der Fremde am Billardtisch lächelte süffisant und stützte sich auf sein Queue. Der Piano-Spieler in der Ecke beendete sein Spiel mit einem Mißton, und der Cowboy, der mit Aislinn tanzen wollte, blieb unsicher schwankend stehen.
Aislinn machte einen Schritt rückwärts, aber Shay ging auf sie zu.
»Es war ziemlich leichtfertig, einfach hierherzukommen«, erklärte er kalt. »Hier hast du nichts verloren.«
Die Bemerkung löste bei den Trinkern, Spielern, Huren und Tunichtguten ein nervöses Lachen aus. Aislinn war sich zwar sehr wohl bewusst , daß sie einen groben Fehler begangen hatte, aber sie war auch empört, daß er so mit ihr sprach. Sie war schließlich in bester Absicht gekommen; sie verdiente dafür zwar kein Lob, aber zumindest etwas Verständnis.
Shay nahm ihr den Derringer aus der Hand und steckte die Minipistole in seine Westentasche. Sein Verhalten erinnerte nicht im entferntesten mehr an den Mann, der Aislinn an diesem Abend auf der Hotelveranda so zärtlich geküßt hatte. Er sprach mit leiser Stimme, kalt und hart. »Ich nehme dich fest. Du stehst hiermit unter Arrest.« Mit allem hatte Aislinn gerechnet, aber damit nicht. Sie stand nur regungslos da und brachte keinen Ton mehr heraus, während Shay zu Billy Kyle ging, sich zu ihm beugte und seinen Kopf an den Haaren zu sich hochzog. »Du wartest hier, bis ich wieder zurück bin, Billy. Ist das klar?«
Der Adamsapfel des Ranchersohns hüpfte auf und ab, und seine Wangenmuskeln zuckten nervös. Der Mann sah aus, als hätte er dem Marshall am liebsten ins Gesicht gespuckt, aber dann nickte er. Was blieb ihm auch anderes übrig, denn so, wie Shay ihn an die Fußleiste gefesselt hatte, konnte er sich selbst nicht befreien.
Shay richtete sich auf, warf noch einen warnenden Blick in die Runde, ging zu Aislinn zurück, nahm sie fest am Arm und verließ mit ihr die Bar. Kaum standen sie auf dem hölzernen Fußweg, als sich die Spannung im >Yellow Garter Saloon< in einem lauten Gelächter löste.
Aislinn schloß fest die Augen. »Es tut mir wirklich leid«, murmelte sie.
Shay erwiderte nichts darauf, und ihr war klar: Er war viel zu wütend zum Sprechen.
»Ich denke, du ... siehst die Sache vollkommen falsch«, stotterte sie atemlos. Er ging so schnell, daß sie drei Schritte machen muss te, wenn er einen Schritt machte. »Es müßte dir doch klar sein, daß ich dir nur helfen wollte.«
Wieder gab er ihr keine Antwort.
Überrascht stellte Aislinn fest, daß er sie nicht zum Hotel führte, wie sie erwartet hatte, sondern daß er mit ihr auf dem Weg zum Gefängnis war. Offensichtlich hatte er es ernst gemeint, als er sie unter Arrest gestellt hatte - obwohl sie das immer noch nicht glauben wollte.
»Was für ein Verbrechen habe ich denn begangen? Du kannst mich doch nicht einfach ins Gefängnis werfen, nur weil dir gerade danach zumute ist. Es gibt schließlich Gesetze.«
Keine Antwort. Statt dessen schlang er einen Arm um ihre Taille, hob sie hoch und trug sie wie einen locker zusammengerollten Teppich an seinen Körper gepreßt unterm Arm. Die Tür zum Gefängnis öffnete er mit einem wütenden Fußtritt, wobei Aislinn zusammenzuckte.
»Ich verlange, daß du mir antwortest«, schrie sie. Sie war nun ebenfalls wütend.
Er trug sie durch sein winziges Büro, an das sich die einzige Zelle anschloß, die es im Gefängnis von Prominence gab. In der Zelle legte er sie auf die schmale Pritsche, auf der er selbst so manche Nacht verbracht hatte. Aislinn war so aufgebracht, daß sie sich gar nichts dabei dachte, daß überall im Büro Kerosinlampen brannten, deren Licht flackernde Schatten auf Boden und Wände warfen.
»Du kannst alles verlangen, was du willst«, meinte Shay, »aber es ist niemand hier, der dir zuhört.« Er trat aus der Zelle, bevor Aislinn sich von der Pritsche erheben konnte, schlug die Tür zu und verschloß sie mit einem schweren Schlüssel.
Aislinn kam zu spät. Sie konnte nur noch an den Gitterstäben rütteln, aber das brachte sie natürlich auch nicht
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