Leidenschaft, Die Dich Verfuehrt
Schweiß und Pferden. »Ich bin, was mein Aussehen angeht, nicht gerade in der Verfassung, mich an den Tisch einer Lady zu setzen«, meinte er, und in seiner Stimme klang die Scham darüber mit, daß er sich so vernachlässigte und gehenließ.
Shay hob eine Augenbraue und betrachtete die Erscheinung seines Zwillingsbruders. Im stillen muss te er Tristan recht geben. So, wie er aussah, würde er sich in Gegenwart einer Lady nicht wohl fühlen - das wusste Shay aus eigener Erfahrung, denn es hatte ja mal eine Zeit gegeben, in der er selbst ziemlich heruntergekommen war. Er hob den Kopf, blinzelte in die Sonne und schaute dann Tristan wieder an. »Du hast Zeit genug, zur Ranch zu fahren, um dich zu baden und zu rasieren. Und ein frisches Hemd kannst du von mir haben.«
Tristan schlug mit seinem Hut gegen seinen Oberschenkel. Irgendwas gefiel ihm an der Sache nicht, aber er hätte nicht sagen können, was es war. Es war einfach das undeutliche Gefühl, heute noch Ärger zu bekommen - und dem wollte er möglichst aus dem Wege gehen. »Es werden nicht ganz zufällig ein paar Damen bei diesem Essen anwesend sein?« fragte er misstrauisch .
Shay lachte. »Nun, Aislinn wird natürlich da sein, Dorrie und vielleicht Eugenie.«
»Du weißt verdammt gut, wie meine Frage gemeint war. Nur weil Aislinn und du für die Ehe wie geschaffen seid, heißt das noch lange nicht, daß mir eine Ehe guttäte. Hört also auf, mich unter die Haube bringen zu wollen. Das gilt für dich und für Aislinn.«
Shay schüttelte den Kopf und schlug sich mit der Faust gegen die Brust. »Tztztz«, murmelte er mit gespielter Entrüstung. »Ist es denn zu glauben, daß mein eigener Bruder, mein einziger Blutsverwandter, mir so etwas zutraut?«
»Dir traue ich noch viel mehr zu.«
Shay lud die letzten Lebensmittel in den Wagen und meinte nachsichtig: »Du wirst ja richtig seltsam auf deine alten Tage. Wenn du nicht bald jemanden findest, der sich um dich kümmert, wirst du noch so ein komischer Kauz, der mit Ei im Bart herumläuft und vergißt, daß man in der Kirche nicht auf den Boden spucken soll.« Er nickte Tristan zu. »Ich sehe dich dann um sieben bei uns. Falls du etwas zum Anziehen brauchst - du weißt ja, wo mein Schrank steht. Bedien dich, als ob es deine eigenen Sachen wären.«
»Danke.« Es sollte ein bisschen spöttisch klingen, aber da Shay vermutlich den Nagel auf den Kopf getroffen hatte - und Tristan nicht ganz sicher war, ob er zu Hause noch etwas Frisches zum Anziehen finden würde, klang es eher kläglich. Er kletterte auf den Wagen, nahm die Zügel und fuhr zu seiner Ranch. Das Haus, in dem er dort lebte, lag etwa drei Meilen außerhalb von Prominence auf einem Hügel, von dem aus man einen großen Teil des Powder Creek überblicken konnte. Das Haus war von rund eintausend Acres bestem Grasland umgeben. Nördlich von Tristans Ranch schloß sich das Land des alten William Kyle an, eine riesige Ranch, die Tristan begehrlich betrachtete.
Er fuhr den Zweispänner in die Scheune, kletterte hinten auf den Wagen und lud die Säcke ab, bevor er über den Rand zu Boden sprang, die beiden bedauernswerten Gäule aus dem Geschirr nahm und in ihren Stall führte, wo sein Wallach stand. Dann gab er den Tieren Futter, füllte die Wassertröge auf und ging zum Haus. Es war eine langgestreckte Holzhütte, in der es an beiden Schmalseiten einen gemauerten Kamin gab. Küche, Wohnraum und Esszimmer waren ein einziger großer Raum. Im oberen Stock gab es vier geräumige Schlafzimmer mit Vorhängen an den Fenstern und Teppichen auf dem Holzbohlen-Fußboden. Im größten Zimmer hatte Tristan sich eingerichtet. Dort stand ein guter Ofen, den man mit Holz beheizen konnte, und durchs Fenster hatte man einen hübschen Blick auf die Berge. Der Raum war auch gut eingerichtet, aber es war ein einsamer Ort - zu groß und zu unpersönlich -, und deshalb verbrachte Tristan dort so wenig Zeit wie möglich.
Er pumpte im Hof Wasser in zwei Eimer, füllte damit den Behälter in der Küche über dem Herd und entzündete ein Feuer. Er blickte sich um, seufzte tief und fragte sich, warum er in letzter Zeit eine Abneigung gegen seine eigene Gesellschaft entwickelt hatte. Er hatte einen großen Teil seines Erwachsenenlebens unterwegs verbracht, war oft tagelang allein mit sich und seinem Pferd gewesen - und das hatte ihn nie gestört. Im Gegenteil, er hatte die Zeit als willkommene Gelegenheit genutzt, seine Gedanken zu ordnen. Aber jetzt, wo er harte Arbeit im
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