Leidenschaft, Die Dich Verfuehrt
geschah etwas Unglaubliches mit ihm. Tristan ließ sie sofort wieder los, als hätte er glühende Kohlen angefaßt, aber es war schon zu spät. Er wusste , daß er nicht mehr der gleiche Mann war, der eben die Treppe hinuntergeeilt war.
»Kommen Sie rein«, sagte er mit belegter Stimme.
Sie schien ebenfalls erschrocken zu sein, und er fragte sich, ob für sie diese winzige Berührung ebenso elementar gewesen war wie für ihn.
»Gut«, murmelte sie verlegen. Sie war kleiner und zierlicher, als sie auf dem Rücken des Ponys gewirkt hatte, und Tristan dachte, daß sie sich so zerbrechlich wie ein kleines Vögelchen anfühlen müßte, wenn er sie in seine Arme schließen würde. Was er selbstverständlich nicht tun würde.
In seinem Junggesellen-Haushalt gab es keinen Tee, aber er fand noch einen Rest Kaffee, den er aufbrühte, während Miss Starbuck - in Gedanken nannte er sie schon Emily, was ja nun wirklich etwas übereilt war - an dem blankgescheuerten Holztisch Platz nahm. Ihren übergroßen Hut hatte sie neben sich auf die Bank gelegt und ihre Hände im Schoss gefaltet. Das infernalische Blöken der Schafe drang durch jede Ritze des Hauses und erinnerte Tristan daran, daß Frauen zwar Frauen waren, ein Geschäft aber ein Geschäft bleiben muss te und daß Schafe nun einmal Schafe waren, für die hier kein Platz war.
»Dies ist doch die Ranch von Eustache Cummings?« fragte Emily gedehnt, als Tristan einen Becher Kaffee vor sie stellte.
»Das war einmal Cummings Ranch«, meinte Tristan. »Ich habe sie ihm aber vor einem Jahr abgekauft. Haben Sie Hunger? Sie sehen ganz danach aus, als ob sie einen Happen vertragen könnten.«
Tränen schimmerten in ihren Augen, aber sie blinzelte sie schnell weg, während sie gleichzeitig den Kopf schüttelte. Obwohl sie den Rücken gerade und den Kopf aufrecht hielt, war ihr die Verzweiflung anzusehen, ihre Finger zitterten, als sie ihre Lederhandschuhe auszog und in die Tasche ihres Umhangs steckte. »Ich habe hier einen Schuldschein«, erklärte sie und stand auf, um einige sorgfältig gefaltete Schriftstücke aus der Hosentasche zu ziehen. Der Gedanke, eine Frau in Hosen zu sehen, hatte etwas Erregendes an sich, und Tristan bedauerte, daß sie nicht ihren Umhang abnahm, damit er noch mehr von ihrem Körper sehen konnte. Er muss te seine ganze Willenskraft aufbringen, um sich wieder auf das Gespräch zu konzentrieren.
»Mr. Cummings hat meinem Onkel diese Ranch als Pfand für seine Schulden überschrieben«, fuhr sie fort und reichte Tristan die Schriftstücke. »Sie sehen, daß Mr. Cummings die Papiere eigenhändig unterschrieben hat. Als er die Schulden nicht bezahlen konnte, fiel dieses Haus und das dazugehörende Land in den Besitz meines Onkels, der ...«
Ihr ernster Gesichtsausdruck berührte ihn. »Was ist mit Ihrem Onkel?« hakte er leise nach, als sie sich mitten im Satz selbst unterbrach.
»Er ist vor einem Monat gestorben. Er hat mir dieses Land und die Schafherde da draußen vererbt.« Sie schob ihm die Papiere hin, und Tristan warf einen kurzen Blick darauf. Ihm war ziemlich schnell klar, daß es sich dabei um einen Betrug handelte, denn der Eustache Cummings, dem er vor einem Jahr die Ranch abgekauft hatte, war Analphabet und konnte nicht einmal seinen Namen schreiben. Die Papiere, die Emily ihm jetzt zeigte, trugen jedoch mehrfach eine flüssige Unterschrift. »Die Schafe und dieses Land sind alles, was ich besitze«, fügte sie hinzu. Sie wollte damit offenbar kein Mitleid wecken, sondern gerade davor warnen, ihr so etwas entgegenzubringen.
Tristan fragte sich, ob es in unmittelbarer Umgebung des Hauses überhaupt noch einen einzigen Grashalm gab, aber dieser Gedanke ließ ihn seltsam kalt, was ihm angesichts der Tatsache, daß er viel Geld und Arbeit in die Farm gesteckt hatte, selbst ziemlich merkwürdig vorkam.
»Man hat Sie betrogen«, erklärte er ruhig und wünschte, er hätte Emily wenigstens einen Tee anbieten können. Er machte sich nicht viel aus diesem Gebräu, aber Frauen schien es regelrecht aufzumunte rn . Seine Mutter hatte immer Orange Pekoe getrunken, wenn sie melancholisch gewesen war, und Aislinn machte Dorrie regelmäßig Tee, wenn die wegen Leander, ihrer unerfüllten Liebe, in eine Depression fiel.
Emily saß stocksteif da und machte ein kreuzungückliches Gesicht. Mit ihren strahlend weißen Zähnen biß sie sich auf die Unterlippe. »Sie werden vor Gericht den Beweis erbringen müssen, daß Ihnen diese Farm gehört,
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