Leidenschaft, Die Dich Verfuehrt
Montana bis Kalifornien getrieben hatte, war eine Leistung, die ihm Respekt abverlangte.
Wieder spuckte Polymarr auf den Boden. »Fünf Dollar?«
»Zwei sofort und den Rest später«, erklärte Tristan. Es war eine aberwitzige Summe dafür, daß er Miss Emily Starbuck zu einem Essen in die Stadt führen durfte und sie ihm die Ehre erwies, unter seinem Dach zu schlafen, während er selbst im Heu übernachten würde. Aber er hätte noch viel mehr dafür gegeben.
Polymarr rieb sich den Bart und tat so, als müsste er sich das Angebot ernsthaft überlegen. »In Ordnung, Mr. St.- Lawrence, aber ich habe Sie gewarnt, ich habe es nicht so mit Schafen.«
Tristan gab sich nicht die Mühe, den Alten aufzuklären, daß sein Name Saint-Laurent war, obwohl er auf seinen Namen sehr stolz war. Es wäre vergebliche Liebesmüh' gewesen, dem alten Mann die Feinheiten der Sprache beibringen zu wollen. Er zählte ein paar Silbermünzen ab und drückte sie in die rheumatische Hand des Einsiedlers. »Wehe, es fehlt eines der Wollknäuel«, warnte er ihn. »Dann werde ich dir den Betrag dafür abziehen.«
»Ich hole nur schnell meine Sachen«, meinte Polymarr und verschwand in der Hütte. Als er nach ein paar Minuten wiederkam, trug er eine Jacke, hatte sich einen Hafer- sack um die Schulter gehängt, und unter dem Arm hielt er eine zusammengerollte Decke. Mit Befriedigung bemerkte Tristan die altertümliche Pistole, die der Mann sich in den Gürtel geschoben hatte.
»Was ist mit dem Hund?« fragte Polymarr. »Beißt der?«
»Er wird jeden in Stücke reißen, der es wagt, sich an einem meiner Schafe zu vergreifen«, antwortete Emily, ohne eine Miene zu verziehen. Tristan schaute sie mit einem Gefühl der Zärtlichkeit an und dachte daran, daß sie einen verdammt guten Schutzengel haben muss te, denn für ihn grenzte es fast an ein Wunder, daß sie den Trip mit der Herde überlebt hatte und nicht irgendwo mit einem Messer im Rücken oder einer Kugel im Kopf im Graben gelandet war. Das Leben im Westen war rau - und das ganz besonders für Frauen, die auf sich allein gestellt waren.
Gemeinsam zogen sie weiter hoch in die Berge. Es war schon dunkel, und der Mond schien, als Emily dem Einsiedler erklärt hatte, worauf er zu achten hatte. Dann befahl sie dem Hund, bei der Herde zu bleiben. Das Ti er sprang ein paarmal zwischen ihr und den Schafen hin und her, aber schließlich begriff Spud, wo seine Pflicht lag.
»Erzählen Sie noch mal, wo wir essen werden«, bat Emily, als sie mit Tristan auf dem Weg ins Tal war. »Ich habe es vergessen.«
»Nein, das haben Sie nicht, denn ich habe es bis jetzt noch gar nicht erwähnt«, erwiderte er. »Wir werden meinem Bruder und seiner Frau Gesellschaft leisten.« Er hoffte, daß Aislinn das Essen warm gehalten hatte, denn er liebte ihre gebratenen Hühner über alles. Für den unwahrscheinlichen Fall, daß von der Mahlzeit nichts mehr übrig sein sollte, würde er Emily im Hotel zum Essen einladen. Er fragte sich, was sie an sich hatte, daß er sie unbedingt mit Leckereien verwöhnen wollte, daß er sie beschützen und ihr die schönsten Kleider zwischen Prominence und San Francisco kaufen wollte. Er wollte auch noch ganz andere Dinge tun, aber um daran zu denken, war die Zeit noch nicht reif.
Tristan räusperte sich. »Sie sind doch nicht wirklich ganz allein von Montana gekommen?«
»Doch«, antwortete sie, und es klang ein bisschen stolz.
»Warum?«
»Warum?« gab sie leicht spöttisch zurück. »Weil es die einzige Möglichkeit war, von dort nach hier zu kommen.«
»Ich habe diese Reise selbst gemacht«, erzählte er und erinnerte sich an die ausgebrannten Farmen, die er unterwegs gesehen hatte, er dachte an die Outlaws, denen er begegnet war, und an die versprengten Indianerbanden, die marodierend durchs Land zogen und jeden Weißen töteten, um sich dafür zu rächen, was die ihrem Volk angetan hatten. »Schon ohne eine Schafherde ist es ein verdammt harter Weg«, fügte er hinzu.
Sie blickte ihn an, doch ihre Augen waren unter dem Hut verborgen. »Ich habe die Erfahrung gemacht, daß nichts im Leben leicht ist - aber daß es sich für manche Dinge zu kämpfen lohnt.«
Er stimmte ihr im stillen zu und war sich darüber im klaren, daß ein Kampf vor ihnen lag, den sie gegeneinander führen würden. Er lächelte in sich hinein. Zum Teufel, es ging doch nichts über einen guten Kampf.
2
Als Emily das steinerne Haus in der Stadt sah, das Licht, das durch die Fenster in den Garten
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