Leidenschaft in den Highlands
hin und her. »Sagen wir, jemand, dem ich viel zu verdanken habe.«
Sie wollte offenbar nicht darüber sprechen. Genaugenommen ging es ihn auch nichts an. Dennoch hätte er zu gerne erfahren, wer dieser Mann war, der ihr so viel bedeutet hatte, dem sie, wie sie sagte, so viel verdankte. Fast überkam ihn so etwas wie Eifersucht.
»Möchtet Ihr darüber sprechen, wie Ihr Eure Frau verloren habt? Es hilft. Glaubt mir.«
Ewan war verblüfft über ihre offenen Worte, darüber, wie entspannt sie neben ihm lag, mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen. Die Hitze hatte einer wohligen Wärme Platz gemacht, die auf ihn abstrahlte.
Im Laufe der Jahre war er ein Einzelgänger geworden. Die Menschen um ihn schienen stets weit entfernt. Diese Frau war dabei, eine dicke Mauer zu durchbrechen, ohne dass sie es wusste.
Und doch konnte auch sie ihn nicht wirklich verstehen. Ganz sicher traf Avery keine Schuld am Tod dieses Mannes.
Ihre Hand schreckte ihn aus seinen Gedanken, legte sich federleicht auf seine Wange. Ewan zuckte zusammen. Sie hatte seine Narbe berührt. Gerührt und erstaunt hauchte er einen zarten Kuss auf ihre Handfläche.
»Die Wut darf Euch nicht zerfressen. Ihr müsst sie freilassen.«
Aye, sie hatte recht. Aber er wusste nicht, wie er das anstellen sollte. Und ob er überhaupt bereit dazu war.
»Wir können woanders hingehen. Völlig gleich, wohin, ich werde Euch zuhören.«
Avery hatte zum ersten Mal, seit sie auf Stonewall Castle war, das Gefühl, dem wahren MacCallen gegenüberzustehen. Doch nun, da sie glaubte, zu ihm vorgedrungen zu sein, schüttelte er den Kopf und wiegelte sie ab: »Ich bringe dich besser in dein Zimmer.«
Sie nickte, bemüht, sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Wortlos streifte sie ihre Schutzkleidung ab und hob beide Schwerter vom Boden auf. Er nahm sie ihr ab, ohne sie dabei zu berühren, und hängte sie zurück an die Wand.
Wortlos gingen sie die Treppen hinauf in Averys Gemach, das ehemalige Musikzimmer.
Dort angekommen, setzte sich Avery auf das Bett. »Ich möchte mich bedanken«, sagte sie.
Ewan war schon auf dem Weg zur Tür. Er drehte sich noch einmal um. »Wofür?«
»Dass Ihr mich gut behandelt.«
Ewan sagte nichts, doch er lächelte sie an. Dieses Lächeln war genug. Es jagte ihr abermals wohlige Schauer über den Rücken. Wenn ihre Clans nicht verfeindet gewesen wären, hätten sie gemeinsam viel bewegen können.
Ihr Blick glitt zu dem Gemälde Elisabeths. »Sie war schön.« Eine so hübsche Frau hatte er gewiss sehr geliebt.
»Aye. Das war sie. Kein Bild kann ihre Schönheit einfangen. Aber dieses kommt recht nah heran.«
Der Klang seiner Stimme, die voller Sehnsucht war, versetzte ihr einen merkwürdigen Stich in die Brust.
»Wir sehen uns morgen«, sagte Ewan. »Ruh dich aus. Es wird ein harter Tag werden.«
Amus MacBaine trat hinter die zierliche Gestalt seiner Vetterin Anola, die sich vor dem Burgtor von Green Castle ins Gras gesetzt hatte. Mit gefalteten Händen blickte sie zum trüben Himmel auf, an dem allmählich dunkle Wolken aufzogen.
Noch ahnte Anola nichts von seinen Heiratsplänen. Und das war besser so, denn wie die Dinge im Augenblick standen, würde sie einen Antrag ablehnen. Amus warb schon so unerträglich lange um sie. Er hielt es für äußerst unwahrscheinlich, dass sie die von ihm gesandten Zeichen übersah. Nein, sie wollte sie einfach nicht sehen. Er ballte die Fäuste in den Taschen und mahnte sich zur Ruhe. Denn egal, wie sehr sie ihn ignorierte: Bald schon würde sie ihm gehören.
Zu einer Heirat zwingen konnte er sie nicht, das wusste er wohl, auch wenn er es zu gern getan hätte. Er wollte ihre Familie nicht gegen sich aufbringen, denn dazu war sie zu mächtig. Im Gegenteil: Er musste den Clan und den Rat von sich überzeugen, so dass sie seinem Antrag die Zustimmung erteilen würden. Dann hätte Anola kaum eine andere Wahl, als ihn zu heiraten.
Sein Begehren war nicht allein körperlicher Natur, obwohl sich schwerlich leugnen ließ, dass sein Unterleib stets ungewöhnlich stark auf die weiblichen Rundungen ihres wohlgeformten Körpers reagierte.
Eine Verbindung mit der jüngsten Tochter des verstorbenen Chiefs würde außerdem und vor allem seine Position im Clan sichern. Noch immer gab es unter seinen Männern welche, die ihm die dritte Feder am Bonnet nicht gönnten. Mit dieser Heirat wäre gesichert, dass die ignoranten Kameraden kein Komplott gegen ihn schmieden würden.
Er trat näher an
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