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Leidenschaft in Rot

Leidenschaft in Rot

Titel: Leidenschaft in Rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John D. MacDonald
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dreihundert Meilen. An seiner Stelle hätte ich mich für einen guten schnellen Wagen entschieden. Mit genügend Pferdestärken unter der Haube und der richtigen Federung für die Serpentinen war es in gut fünf Stunden zu schaffen. Abfahrt in Phoenix um sechs und Ankunft um elf. Eine Stunde, um sie aufzuspüren und umzubringen. Morgens um fünf Uhr wieder zu Hause im Ehebett. Ein Privatwagen war sicherer als ein Bus, ein Linienflug oder ein Privatflugzeug. Bargeld für Benzin. Keine Passagierlisten, keine Mitreisenden. Wenn er es ordentlich und lässig gemacht hatte, hätte er alle überzeugen können, überhaupt nicht weg gewesen zu sein. Wenn er kaltblütig genug war, zuvor diese Fahrt nach Santa Rosita zu unternehmen ...
    Wir gingen zum Frühstück in den Speisesaal. Meine Lady trug wieder ihr Grünes, das einzige, was sie dabeihatte. Meine schläfrige Lady ging dicht und ohne Eile an meiner Seite. Ihr Lächeln war in sich gekehrt und entrückt wie das der Mona Lisa. Sie drückte meinen Arm und strahlte mich an und zwinkerte mir verschlafen zu. Und dann gähnte sie.
    Gemeinsam vertilgten wir einen Berg Weizenbrötchen und einen Stapel Speck.
    In der Lobby suchte ich mir eine Zeitung aus Phoenix, blätterte sie durch und entdeckte den Namen einer Klatschreporterin. Ich präparierte Dana und verfrachtete sie mit einem falschen Namen und einem einigermaßen glaubwürdigen Vorwand in eine Telefonzelle. Ich blieb vor der Zelle stehen und sah, wie ihre Augen triumphierend aufblitzten. Sie nickte mir kurz und energisch zu. Dann kam sie heraus. »Was für eine nette Frau! Die M’Gruders wohnen bei einem Ehepaar namens Glenn und Joanne Barnweather. Sie nannte die Namen mit äußerster Hochachtung. Offenbar alte Freunde von ihm. Sie schätzt, daß sie vor etwa fünf Tagen per Flug aus Mexiko angereist sind. Sie hat eine Meldung darüber gebracht. Sie wohnen auf der Ranch der Barnweathers außerhalb von Scottsdale. Du warst dir sicher, stimmt’s?«
    »Nicht so ganz. Aber allmählich schon. Na, dann wollen wir sie uns mal anschauen.«
    Wir gingen zurück aufs Zimmer und packten. Eine Staatsaktion. Mit ernst gerunzelter Stirn und in die vollen Unterlippen gebissenen weißen Zähnen lief sie feierlich quer durchs ganze Zimmer und achtete wie eine gewissenhafte Hausfrau darauf, daß nicht das kleinste Fitzelchen übersehen und vergessen wurde.
    Im Vorbeigehen schnappte ich sie mir, drückte ihr einen Kuß auf die Stirn und sagte ihr, sie sei ein tolles Mädchen. Sie sagte, sie sei froh, daß ich sie für ein tolles Mädchen hielte, aber es sei vielleicht keine schlechte Idee, das tolle Mädchen jetzt loszulassen, sonst würden wir nicht bis Mittag draußen sein, was, wie sie zufällig bemerkt hatte, die Zeit zum Auschecken war.
    Gegen Mittag fuhren wir mit offenem Verdeck in Richtung Boulder City. An einem Kaufhaus hatten wir kurz haltgemacht und einen Stretch-Jeansrock, ein ärmelloses Oberteil und einen grellgelben Schal für sie sowie ein weißes Sporthemd für den Fahrer besorgt.
    Der Wagen war schwer und lag gut auf der Straße. Der Tag hatte etwas von Flitterwochen. Sonne und Wind heizten uns ein. Wir lachten und machten dumme Witze. Sie schaute mich aus dunklen Augen schräg an, lebendig und übermütig. So hatte ich sie mir gewünscht. Frei und voller Lebensfreude, nicht wieder in ihrer Düsternis verschlossen.
    Aber so voller Lebensfreude war sie beeindruckend. Das war nicht irgendein hübsches Mädchen, das, leicht angeregt, schüchtern flirtete. Es war eine reife, erwachsene Frau, voller Ausstrahlung, die sich ihrer Schönheit und Stärke bewußt war, die erwartete, daß all das Leben und das Verlangen in ihr erfüllt wurden. Instinktiv würde sie sofort jede Ausflucht, jede Unaufrichtigkeit und jede Halbwahrheit erkennen - und dann wäre sie für immer verloren. Nur uneingeschränkte Offenheit konnte sie verstehen und akzeptieren. Im Augenblick gab es keinen Schatten in ihren Augen, kein Zögern aufgrund böser Erinnerungen. Sogar auf dieser Jagd auf einen Mörder war es eine schöne, schöne Welt.
    Als wir zum Mittagessen an einem schattigen Terrassenlokal haltmachten, schaute ich sie an. »Wieso?« fragte ich.
    Sie wußte, was ich meinte. Sie starrte nachdenklich in ihren Eiskaffee. »Ich glaube, es war, als du ins Zimmer zurückkamst, nachdem du bei Carl Abelle gewesen warst. Du hättest angeben können, mit so einem Mackergrinsen und allem. Aber du hast dich nicht toll gefühlt, weil du ihn verletzt und

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