Leider schon vergeben!
immer trüber. War das wirklich alles, was aus ihrem Leben geworden war: alleine mit einem alten Hund vor dem Fernseher zu sitzen? Wenn sie gewusst hätte, dass sie sich mit einunddreißig so fühlen würde, dann hätte sie die Dinge ganz anders angepackt. Hätte sie Matt dann so achtlos weggeworfen?
«Natürlich hätte ich das nicht», sagte sie zu Petra, und ihre Stimme klang tränenerstickt. «Was, wenn ich wirklich alles total versaut habe?»
Doch Petra schlief und träumte bestimmt herrliche Hundeträume, in denen Hamster vorkamen. Ihre Antwort bestand lediglich aus einem leisen Schnarchen. Fern machte sich also wohl oder übel auf einen ruhigen Abend zu Hause gefasst, wickelte sich in ihre dicke dunkelrote Chenille-Decke und ließ den Kopf in die Kissen sinken. Vielleicht würde sie einfach ein Weilchen die Augen zumachen …
Piep! Piep! Piep!
Das laute Schrillen des Rauchmelders katapultierte Fern fast bis an die Decke und ließ ihr Herz vor Schreck wild gegen den Brustkorb hämmern. Das Wohnzimmer war voller Rauch, und kaum öffnete sie die Augen, brannten sie höllisch. Petra rannte laut bellend zwischen Wohnzimmer und Küche hin und her, wobei ihr langer Schwanz den kalten Kaffee vom Sofatisch fegte.
«Verdammt! Der Toast!», krächzte Fern und stürmte in die Küche, wo dicker schwarzer Qualm von den verkohlten Resten ihres Abendessens aufstieg. Rasch stellte Fern den Backofen ab, riss die Hintertür zum Garten auf und atmete an der frischen Luft ein paarmal tief durch, bevor sie den Toast schnappte und ihn hinaus auf den Rasen warf. Bellend galoppierte Petra in die Dunkelheit hinterher. Fern kletterte in der Zwischenzeit auf den Tisch, um den Reset-Knopf des Rauchmelders zu drücken, doch ohne ihre Plateaustiefel war sie mehrere Zentimeter zu klein.
«Verfluchte Scheiße!», schimpfte sie. «Was kann denn heute noch schiefgehen?»
Sie musste in einem früheren Leben irgendetwas ganz Schreckliches getan haben, um so viel Unglück anzuziehen. Den Tränen nahe, schob sie sich vom Tisch herunter, um ihre Stiefel zu suchen, was im dicken Rauch gar nicht so einfach war.
«Fern? Ist alles in Ordnung, meine Liebe?» Freda war an der Hintertür aufgetaucht. «Ich habe den Alarm gehört und bin über die Mauer gestiegen. Brennt es? Soll ich die Feuerwehr rufen?»
«Ich habe meine Toast verkohlen lassen», erklärte Fern zwischen zwei Hustenanfällen. «Aber jetzt ist alles wieder unter Kontrolle.»
«Wirklich?» Freda betrachtete zweifelnd die Rauchwolken. «Du meine Güte, dieser Rauchmelder ist aber laut. Kannst du den nicht ausschalten?»
«Ich bin zu klein. Ich komme nicht hin!»
«Warte, ich mach das.» Für eine Dreiundsechzigjährige kletterte Freda beeindruckend gewandt auf den Tisch und streckte sich, um den Rauchmelder auszuschalten. Vor lauter Erleichterung, dass die schrille Sirene endlich schwieg, war Fern ein bisschen schwummrig zumute.
«Komm nach draußen an die frische Luft», befahl Freda ihr, nahm Fern am Arm und führte sie in den Garten hinaus. Sie setzten sich nebeneinander auf die niedrige Backsteinmauer. Fern atmete die kühle Nachtluft ein, bis sich ihre Atmung langsam, aber sicher wieder beruhigte, obwohl ihre Augen immer noch brannten und sich ihr Hals rau anfühlte.
«Wie ist das denn passiert?», wollte Freda wissen.
Fern stöhnte. «Ich bin eine solche Idiotin. Ich muss eingeschlafen sein, während der Toast unterm Grill lag. Ich hätte das Haus abfackeln können.»
«Quatsch!», erwiderte Freda brüsk. «Natürlich nicht, meine Liebe. Deshalb gibt es doch Rauchmelder. Zum Glück hast du einen.»
«Das habe ich Tamsin zu verdanken. Die hat ihn mir gekauft.»
«Dann ein Hoch auf Tamsin!» Freda schnupperte. «Meine Güte, was dieser rauchige Geruch an Erinnerungen mit sich bringt.» Ihr Blick schien auf einmal in weite Ferne gerückt. «Es gab da in Jerusalem dieses kleine Café, wo die Luft immer nach Rauch roch. Die Männer hockten mit ihren Wasserpfeifen da, die nach Apfel und anderen ziemlich exotischen Sachen dufteten. Sie waren ganz schön erschrocken, als ich auch mal probieren wollte.»
Fern liebte es, wenn ihre Nachbarin in Erinnerungen an ihre Reisen schwelgte. Fredas Unternehmungen waren genau solche Abenteuer, nach denen sie sich gesehnt hatte, als sie sich mit Matt so eingeengt gefühlt hatte. Und sie hatte dann tatsächlich ihre eigenen Abenteuer erlebt, als sie ihn verließ, um durch Asien zu reisen, und diese Erinnerungen würde ihr niemand je nehmen
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