Leif - Hungrig nach Leben: Ein jugendlicher Liebesroman
Leif grinsend. Er beugte sich kurz vor und küsste mich auf den Mund.
Hätte ein rosa Männchen mit grünen Ohren und einem Rüssel vor mir gestanden, wäre ich nicht überraschter gewesen.
„Hallo“, brachte ich mit Mühe hervor. Ich zwang mich zu einem Lächeln und wusste nicht so recht, was ich von seinem Besuch halten sollte. Und ich war froh, die Tür zum Festhalten zu haben. Keine Ahnung, wie lange meine wackligen Knie mich noch gehalten hätten.
„Warum bist du zu Hause?“ Seine Frage klang fast wie ein Vorwurf und ich verstand nicht einmal, warum er sie stellte.
„Was? Sei doch froh. Sonst hättest du den Weg hierher umsonst gemacht.“
„Na und? Besser, als den ganzen Tag vorm Telefon rumzulungern.“
„Hab’ ich nicht“, log ich.
„Sicher nicht? Es war stundenlang besetzt.“
Woher weiß er das? Er hat doch angerufen, konnte mich nur nicht erreichen! Ich brauche dringend einen eigenen Telefonanschluss!
„Ich hab versucht, es nicht zu tun … in den fünf Minuten, die meine Mutter nicht telefoniert hat.“
Er grinste, schob seine beiden Daumen in die Gürtelschnallen seiner Jeans. Dabei rutschte seine Jacke hoch und unweigerlich auch sein T-Shirt. Zum Vorschein kam nackte Haut: sein Bauchnabel mit ein paar Haaren darum herum, die – wie ich wusste – tiefer gehend dichter wurden.
Ich schluckte und zwang mich, ihm ins Gesicht zu blicken. Nicht, dass mich das weniger gereizt hätte.
„Aber du bist kläglich gescheitert“, schloss er.
„Nicht direkt. Ich habe dir noch keine Tiernamen gegeben.“
„Na, was für ein Glück!“ Er machte eine kurze Pause. „Kommst du mit ins Kino?“
„Läuft was Interessantes?“
„Um die Uhrzeit an einem Sonntag? Wohl kaum. Aber deshalb will ich auch gar nicht ins Kino.“
„Du kannst doch nicht in einer Kindervorstellung wild und hemmungslos rumknutschen.“
Er grinste lüstern mit weit aufgerissenen Augen. „Kann ich nicht?“
„Wie oft hast du das schon gemacht?“
„Lass mich mal überlegen … hm … Kein Mal.“
„Das soll ich dir glauben?“
„Wieso stellst du immer alles infrage, was ich sage? Vertraust du mir nicht?“
„Nein … doch … ich … kenne dich nur nicht gut genug, um …“
Noch während ich vor mich hin stammelte, kam Leif näher. Ich war sicher, er würde mich küssen. Ich konnte schon seinen Atem auf meiner Haut spüren. Seine Augen blickten tief in meine. Die Stirn in Falten gelegt, mit einem leichten Grinsen im Gesicht raunte er: „Du hast mit mir geschlafen.“ Allein bei der Erinnerung daran wurde mir heiß und kalt.
„Ja schon, aber …“ Ich schluckte und rang mit meiner Fassung. Leif streckte seine Hände nach mir aus und legte sie unter mein Kinn. Er hauchte einen Kuss auf meine Lippen. Ich strauchelte, suchte Halt am Türrahmen, während Leif breit grinste.
Dann holte ich tief Luft und riss mich zusammen. „Ich will nicht alles, was du sagst, infrage stellen. Ich kenne nur deinen Ruf.“
„Ah, mein böser Zwilling ist mir mal wieder vorausgeeilt.“
Ich wollte im Boden versinken. Ich hätte es gar nicht anders verdient, wenn er wirklich nicht vorbeigekommen wäre. Wie konnte ich nur diese schlimmen Gedanken über ihn haben? Weil er Recht hatte: Sein Ruf war nicht der beste, aber das hatte ich vorher gewusst, oder? Klar sagte man ihm nach, er hätte an jedem Finger zwei Mädchen und könnte nicht treu sein. Und ja, es gab die Gerüchte, er hätte ein Auto geklaut, Mülltonnen angesteckt und Drogen vertickt, aber ich hatte mich trotzdem auf ihn eingelassen. Verdiente er dann nicht wenigstens eine faire Chance, mich vom Gegenteil zu überzeugen?
Leif gähnte hinter vorgehaltener Hand. „’Tschuldigung, hab wenig Schlaf gekriegt letzte Nacht.“
„Oh. Wie kommt’s?“
„Lass es mich mal so ausdrücken: Es hat mich zwar niemand mehr gestört, weil es, nachdem du weg warst, nichts mehr gab, wobei ich hätte gestört werden können, aber die Liste der Namen, wie ich meine Kinder auf keinen Fall nennen werde, hat sich verlängert.“
„Oh nein!“
„Oh doch! Na ja, nachdem die letzten Schnapsleichen weg waren, hatte ich Zeit, in Ruhe aufzuräumen. Es war zehn Uhr heute Morgen, als ich todmüde ins Bett fiel, und dann konnte ich nicht einschlafen, weil ich an dich denken musste …“ Er wusste, womit er mich kriegte und mir ein Lächeln entlockte. „… irgendwann muss ich wohl doch weggeknackt sein. Ich hab’ keine vier Stunden geschlafen, als mich meine Eltern aus dem Bett
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