Leif - Hungrig nach Leben: Ein jugendlicher Liebesroman
Glücklicherweise passierte nie etwas. Auch nicht, als Ramon im Kanal einer Schiffsschraube gefährlich nahe kam. Manchmal waren wir wirklich unbedarft und furchtlos, aber wir genossen unser Leben in vollen Zügen.
Was Leif und mich betraf – wir erfüllten unseren Ferienjob verantwortungsbewusst und gewissenhaft. Zur Belohnung fuhren wir für ein paar Tage zusammen an die Nordsee. Meine Schwester Gaby wollte nach der bestandenen Prüfung und der ganzen Lernerei noch einmal Urlaub machen, bevor sie ihren ersten richtigen Job antrat und ich wollte sie und ihren Freund begleiten. Dass wir Leif auch noch mitnahmen, erwähnten wir meinen Eltern gegenüber nicht. Und Leif erzählte seinen Eltern zwar, wohin und dass er mit einem Kumpel fuhr, aber die Mädchennamen ließ er getrost weg. Wir wussten, wir mussten uns keine Sorgen machen, dass irgendwas davon rauskäme. Unsere Eltern kommunizierten nicht miteinander, sie kannten sich ja kaum.
Wir zelteten, um die Kosten gering zu halten; Spritgeld und vieles, das sowieso angefallen wäre, übernahmen Gaby und Falk. Darüber hinaus ließen wir es uns gut gehen und gaben unser ehrlich verdientes Geld für Eis und andere leckere Sachen aus. Die meiste Zeit des Tages verbrachten wir am Strand.
Bei Ebbe spielten wir Volleyball, machten lange Spaziergänge oder geführte Wattwanderungen. Einmal zogen wir allein los, weil Leif unbedingt beweisen wollte, dass es doch gar nicht so gefährlich sein konnte. Es wurde uns fast zum Verhängnis, wir erreichten gerade noch rechtzeitig den rettenden Strand. Aber nicht des Ortes, an dem wir zelteten, sondern der gegenüberliegenden Insel. Die Nacht mussten wir ohne Zelt oder sonst was verbringen. Unterm freien Himmel, im Mondlicht, im Sand. Es war herrlich! Zu unserem Glück regnete es nicht und eng aneinandergeschmiegt ertrugen wir auch die frischeren Nachttemperaturen.
Am nächsten Morgen fuhren wir mit der Fähre zurück – Geld dafür hatten wir dabei. Und hätte meine Schwester sich nicht vor Angst und Sorge die Nacht um die Ohren geschlagen und uns eine gepfefferte und gerechtfertigte Gardinenpredigt gehalten, hätte ich jenes waghalsige Erlebnis als Abenteuer bezeichnet. Denn genau das war es gewesen. Eines der wenigen echten Abenteuer meines Lebens, die ich so gut wie alle mit Leif erlebt hatte.
8. Kapitel
Anfang der letzten Woche unserer Sommerferien wachte ich morgens auf im festen Glauben, es würde ein Tag wie jeder andere der vergangenen. Wir würden das machen, was wir die ganze Zeit gemacht haben: schwimmen, faulenzen, unser Leben genießen. Dann blickte ich in den Spiegel und wurde eines Besseren belehrt. Ich war froh, nicht mit Leif übernachtet zu haben. So sollte er mich auf keinen Fall zu sehen bekommen. Ich hatte einen dicken Pickel mitten auf der Nase, für den ich mich schrecklich schämte. Gefrustet und wütend auf die Welt sagte ich nach dem Frühstück die Verabredung mit ihm ab. Aber er wollte mich unbedingt sehen und stand ungeachtet meiner Bitten und Einwände eine halbe Stunde später bei mir auf der Matte. Mit offenem Mund starrte ich ihn an, vergaß darüber sogar das Monstrum in meinem Gesicht.
Er musterte den Pickel eingehend, was mir echt unangenehm war. „Tja, da kann man nichts machen“, schloss er nach einer Weile, sah mir nun in die Augen. „Hast Recht, damit kannst du dich nicht blicken lassen.“
„Danke“, sagte ich zerknirscht.
Er grinste, zog eine Tube aus seiner Jackentasche und reichte sie mir. „Hier. Es ist zwar kein Wundermittel, das in Sekundenschnelle den Pickel wegätzt, aber es wirkt trotzdem sofort. Wenn du es regelmäßig aufträgst, ist’s heute Abend schon besser und morgen kaum noch sichtbar.“
„Sagt wer? Der Schönling ohne Pickelerfahrung?“
„Hey!“, protestierte er. „Das fasse ich als Beleidigung auf! Auch ich habe hin und wieder Probleme damit.“
„Niemals.“
„Ehrlich! Außerdem solltest du nicht deinem Retter in edler Rüstung den Krieg erklären, ja? Ich meine, ich mag dich auch mit dem Oschi auf der Nase, aber dich stört das Ding. Ich will dir nur helfen.“
Ich musste grinsen und umarmte ihn.
Er drückte mich sanft an sich und einen Kuss in meinen Nacken. „Darf ich dir Gesellschaft leisten, während du dich vor der Welt versteckst?“
„Warum? Hast du auch Grund dazu?“
„Haben wir das nicht alle hin und wieder?“
Vorübergehend wurde mein Zimmer seine Zuflucht, sein Geheimversteck, wo niemand ihn suchte. Keine Eltern,
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