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Leif - Hungrig nach Leben: Ein jugendlicher Liebesroman

Leif - Hungrig nach Leben: Ein jugendlicher Liebesroman

Titel: Leif - Hungrig nach Leben: Ein jugendlicher Liebesroman
Autoren: Silke Heichel
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schon eine Weile. Vielleicht würde es Sinn machen, noch einzusteigen, aber ich hatte keine Lust. Ich ließ den Fernseher laufen und ging in die Küche, um mir einen Tee zu machen. Ich stellte den Wasserkocher an. Da klingelte es an der Haustür. Ich ging hin, sah durch das schmale Fenster neben der Tür Leif davor stehen. Seltsamerweise fühlte ich mich etwas besser. Trotzdem öffnete ich nicht. Ich ging zurück in die Küche. Er klingelte erneut. Und nochmal und nochmal. Nach dem fünften Mal hörte ich auf zu zählen, zumal er den Knopf dauerdrückte. Ich hielt mir die Ohren zu – was nicht viel nützte – bis ich das Gefühl hatte, die Klingel wurde heiser. Vielleicht hatte er auch das Gefühl, denn plötzlich fing er an zu klopfen und zu rufen und gönnte der Klingel eine Pause. „Nina! Mach die Tür auf! Komm schon! Ich weiß, dass du da bist. Ich hab’ dich gesehen“, rief er nun laut.
    Ich fürchtete, er könnte die Nachbarn aufschrecken und ging zur Tür. „Was willst du?“, fragte ich, ohne zu öffnen.
    „Mit dir reden … mich entschuldigen.“ Er stöhnte verärgert. „Ich war ein Idiot … bitte lass’ mich rein!“
    „Nein.“
    „Bitte!“
    „Ich bin viel zu wütend.“
    „Dann lass’ deine Wut an mir aus.“ Ich hörte das sympathische Lachen in seiner Stimme, als er das sagte. Es machte mich noch wütender und gleichzeitig fragte ich mich, wieso ich ihm nie lange böse sein konnte.
    Ich öffnete die Tür und sah ihn an. Er trat einen Schritt auf mich zu, lächelte, streckte eine Hand nach mir aus und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht hinters Ohr. „Wenn du wütend bist, ist deine Leidenschaft unberechenbar“, flüsterte er.
    „Ich hasse dich.“
    „Tust du nicht.“
    „Doch, weil du es mir unmöglich machst, dir zu widerstehen.“
    „Eiskalte Berechnung.“
    „Das glaube ich dir aufs Wort.“
    Er zog mich an sich und ich schlang die Arme um seinen Hals. „Zum Teufel mit dir“, fluchte ich an seinem Ohr.
    „Wie gut, dass ich weiß, dass du das nicht ernst meinst.“
    Noch während er das sagte, schob er mich ins Haus. Für den Bruchteil eines Augenblicks konnte ich unsere Nachbarin von gegenüber sehen, die uns kopfschüttelnd beobachtete. Bis Leif mit dem Fuß die Tür hinter sich zustieß. Unter Küssen gingen wir in mein Zimmer.
    Später, als unsere nackten Körper eng umschlungen in der Hitze unter meiner Bettdecke lagen, war meine Wut verflogen. Ich genoss die vertraute Nähe, die Geborgenheit, das Gefühl der Einheit, die wir waren.
    „Es tut mir leid, dass du dir Sorgen gemacht hast.“
    „Aber nicht, dass du mitgemacht hast, oder?“
    Er zögerte mit einer Antwort, verneinte schließlich. „Du kennst meine Einstellung: Man muss auch mal was riskieren.“
    „Irgendwann brichst du dir dabei noch das Genick.“
    Schon war ich wieder ganz oben auf Wolke sieben, wissend, es konnte ganz schnell anders sein. Denn oben hatte der Tag angefangen: Glücklich und zufrieden waren Leif und ich gewesen. Als Ramon auftauchte, ging es langsam abwärts und den Rekordtiefpunkt fand der Tag paradoxerweise auf dem Dach eines Hauses. Immerhin, der Tag schien mit einem Hoch zu enden. Vielleicht sollte ich Leif fesseln und knebeln und nie mehr aus meinem Zimmer lassen, dann könnten wir ewig so glücklich sein. Die Fantasien, die sich nach dem Aussprechen meiner Gedanken in seinem Kopf abspielten, waren wieder verdorbener Natur. Er lachte lüstern, erklärte sich sofort damit einverstanden, wenn er denn auch mein Sexsklave sein dürfe. Es waren Momente wie diese, manchmal auch Stunden, die ich so sehr liebte und genoss. Von denen es leider viel zu wenige gab. Unabhängig von den zweideutigen Sprüchen unterhielten wir uns oftmals stundenlang über Gott und die Welt, über Zukunftsmusik und Luftschlösser. Wie waren einander so nah und davon überzeugt, nichts und niemand könnte uns trennen. Auch kein Sprung von einem Hausdach auf ein anderes. Im Gegenteil, Dinge wie diese schweißten uns noch enger zusammen.
    Mit verschränkten Händen lagen wir nebeneinander, lauschten auf die Atemzüge des anderen, lachten, redeten. Wir machten eine kurze Pause, als wir die Sirene hörten – nicht ahnend, welche Bedeutung sie für uns entwickeln würde.
     
    ***
     
    Wie üblich hatte ich den Wecker auf vier Uhr morgens gestellt, damit Leif sich heimlich aus dem Haus schleichen konnte, während meine Familie noch schlief. Stunden später ging ich zum zweiten Mal die Treppe nach unten und
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