Leif - Hungrig nach Leben: Ein jugendlicher Liebesroman
kommt, steht eventuell eine Fünf auf deinem Zeugnis. Noch steht dir alles offen. Du kannst für die anstehende Klausur lernen und dich retten.“
Ich biss mir nachdenklich auf die Unterlippe. „Ich weiß.“
„In anderen Fächern sieht es nicht viel besser aus, wie ich gehört habe. Hast du irgendwelche Probleme?“
„So kann man das auch nennen.“
„Eins davon heißt nicht zufällig Leif Teichert?“
Schon Mist, wenn der Vater des Ex-Freundes der eigene Lehrer ist.
Es war mir schrecklich peinlich, dass ausgerechnet er mir diese Frage stellte. Ich blickte in das Gesicht des Mannes, der Leif fast zum Verwechseln ähnlich sah, nur mehr als doppelt so alt. Nicht zum ersten Mal dachte ich, Leif sähe wohl einmal genauso aus, was keinesfalls negativ war.
Mein Gesichtsausdruck verleitete ihn offensichtlich zu einer Erklärung. „Mir ist nicht entgangen, dass ihr euch nicht mehr trefft. Aber du solltest Liebeskummer nicht so sehr dein Leben bestimmen lassen.“
Ich ging nicht weiter darauf ein, es war mir unangenehm und zu blöd, mit meinem Lehrer über meinen Liebeskummer zu sprechen und ihm offen zu gestehen, was ich für den Jungen fühlte, der zufällig sein Sohn war. Außerdem saß mir ein dicker Kloß im Hals beim bloßen Gedanken an Leif und ich wollte nicht, dass die Peinlichkeit in einem Tränenausbruch gipfelte.
„Ich werde mich bemühen, die letzte Klausur nicht zu versemmeln.“
„Nina, tu das nicht, weil du denkst, ich bitte dich darum! Für mich musst du das nicht tun.“
Ich nickte stumm.
„Okay, geh’ jetzt in die Pause.“
Ich verließ das Klassenzimmer.
Ich wusste, notenmäßig stand es in mehreren Fächern nicht gut um mich, und viel Zeit blieb mir nicht mehr, daran etwas zu ändern. So viel zu meinem Vorhaben zu Beginn des Schuljahres. In Mathe würde ich nicht um eine Fünf herumkommen, alle Klausuren waren gelaufen, die Noten standen fest. In Chemie, Deutsch und Französisch stand ich auf der Kippe, aber es war noch nicht alles verloren. Trotz dieses Bewusstseins schaffte ich es derzeit einfach nicht, mich auf die Schule zu konzentrieren. Leif schwirrte mir den ganzen Tag im Kopf herum.
Ich seufzte und blieb vor dem Getränkeautomaten im Flur stehen. Außer Kaffee kochte der Automat Bouillon, Kakao und eine superleckere Vanillemilch, die ich liebte, und auf die ich jetzt richtig Heißdurst hatte. Ich stellte mich hinter die anderen Schüler, kramte schon mal sechzig Pfennig aus meiner Hosentasche und wartete, bis ich an der Reihe war. Doch soweit kam ich nicht. Bevor ich die Gelegenheit bekam, näher an den Automaten heranzutreten, hörte ich jemanden Leifs Namen rufen. Ich erwog nicht einmal die Möglichkeit, es könnte in unserer Schule noch einen Schüler mit diesem Namen geben. Beim Klang des Namens drehte ich mich instinktiv um. Tja und da war er. Leger und sportlich gekleidet, süß wie immer. Unsere Blicke trafen sich. Ihm war es offensichtlich genauso unangenehm, mir zu begegnen. Der Appetit auf Vanillemilch war mir vergangen. Ich machte auf dem Absatz kehrt und lief den Korridor hinab durch die Flügeltür in die große Pausenhalle. Wegen des schlechten Wetters verbrachten die meisten Schüler die Pause hier statt draußen und entsprechend überfüllt war die Halle. Ich hatte Schwierigkeiten, in den Massen Tatjana zu entdecken, aber irgendwann fand ich die bekannten Gesichter meiner Freundinnen.
Tatjana hatte nichts Besseres zu tun, als mich sofort zu löchern. „Was wollte der Teichert von dir?“
„Ach, nichts. Er hat mir nur gesagt, was ich vorher schon wusste: Ich habe schlechte Karten dieses Jahr. Ich bleib’ bestimmt sitzen.“
„Ach, Quatsch! Red’ dir nicht so einen Blödsinn ein! Wir lernen zusammen, das klappt schon. Hast du Leif gesehen?“
„Ja.“
„Er ist todfrustriert.“
„Warum?“
„Er wird nächste Woche operiert und darf ein halbes Jahr lang nicht Fußball spielen … hast du die Krücken nicht gesehen?“
„Nein.“
Hatte ich tatsächlich nicht! War er vorhin an Krücken gegangen? Ich sollte wirklich aufmerksamer werden, nicht nur im Unterricht.
„Ein halbes Jahr? Was hat er denn überhaupt?“ Ich war schrecklich besorgt.
„Meniskus wieder.“
„Und das jetzt während der Schulmeisterschaften …“
„Mhm.“
„Kann ich verstehen, dass er da frustriert ist.“ Meine Sorge wandelte sich in Mitleid. Das Spielen bedeutete ihm unendlich viel … genauer gesagt: alles. Wenn ich ihm nur halb so viel bedeutet hätte … Ich
Weitere Kostenlose Bücher