Leise Kommt Der Tod
Reporter, als würde eine Pressekonferenz mit dem Präsidenten abgehalten werden. Er zeigte seine Dienstmarke und wurde in die Halle durchgelassen. Sie war voll von uniformierten Beamten, die ihm mitteilten, die Situation sei für den Moment unter Kontrolle. Wenn der Mann, wer immer er war, vorhatte zu verschwinden, würden sie das Feld räumen.
»Was ist hier los?«, flüsterte er einem der Beamten zu, den er noch aus seinen Tagen als Streifenpolizist kannte. »Wer ist der Typ?«
»Ein Junge. Vermutlich ein Student. Er ist oben im dritten Stock mit einer Frau namens Ortiz und ein paar anderen Angestellten.
Den ersten Informationen nach hat er eine Waffe, aber wir konnten das noch nicht bestätigen.«
»Es ist nicht etwa Trevor Ferigni, oder doch?«
»Ja, ich glaube, das ist sein Name. Der Wachposten hat es durchgegeben.«
»Wer ist sonst noch mit ihm oben?«
»Das wissen wir nicht. Er hat uns zugerufen, dass er jemandem etwas antun wird, wenn wir uns nicht augenblicklich zurückziehen. Also haben wir uns zurückgezogen.« Eine dezente Geschäftigkeit war im Raum spürbar, und Quinn taxierte die verschiedenen Uniformierten, um einen Eindruck zu bekommen, wer alles im Einsatz war.
»Ich muss da hoch«, sagte er. »Wir sehen uns.«
Er kannte den Kollegen nicht, der hinter dem Schreibtisch des Wachpostens saß und von dort aus das Team koordinierte. Deshalb stellte er sich kurz vor und erklärte ihm, dass er die Mordermittlungen leitete und alle Beteiligten kannte. Natürlich war das nicht hundertprozentig richtig; den Jungen kannte er nicht. Aber falls Sweeney dort oben war, wäre ihm jedes Mittel recht, um dorthin zu gelangen.
»Wir haben Beamte im dritten Stock, die mit ihm verhandeln. Gehen Sie nach oben, zeigen Sie sich und warten Sie ab, ob er mit Ihnen spricht«, erklärte der Beamte. »Aber handeln Sie nicht, ohne dass ich mein Okay gegeben habe.«
Quinn eilte die Stufen nach oben. Kurz bevor er den dritten Stock erreichte, blieb er stehen und atmete tief durch. Er musste sich beruhigen. Wenn der bewaffnete Junge, ob er nun mit den Morden zu tun haben mochte oder nicht, in seine Seele blickte, wollte Quinn, dass er nichts wahrnahm außer Gelassenheit. Er zwang sich, die Schultern zu entspannen, schloss seine Augen für einen Moment und trat dann in den Korridor hinaus.
Es war sehr, sehr still, und es befanden sich nur drei Polizisten dort, die untätig ganz in der Nähe des Treppenhauses
standen. Man musste sie informiert haben, dass er hochkommen würde, denn sie nickten ihm zu und deuteten auf das andere Ende des Flurs, wo ein dünner Junge mit wirren blonden Haaren gegen den Balkon gelehnt dastand und eine Pistole in den Händen hielt. Jeanne Ortiz saß auf dem Boden, und auch aus zehn Metern Entfernung konnte Quinn erkennen, dass sie weinte. Hinter ihnen, im Türrahmen zu einer der Galerien, standen Sweeney, Tad Moran und Harriet Tyler mucksmäuschenstill. Der Ausdruck auf Sweeneys Gesicht - verängstigt und wachsam - brach ihm fast das Herz.
Komm da weg , dachte er und wünschte sich, Sweeney könnte seine Gedanken lesen. Du hast Deckung, du kannst dich hinter dem Türrahmen ducken, dann bist du in Sicherheit. Aber da war noch Jeanne Ortiz. Er hatte ihnen wohl gesagt, dass er Jeanne etwas antun würde, wenn sie sich bewegten.
Sie alle sahen im selben Moment auf und entdeckten ihn. Der Junge festigte seinen Griff um die Waffe und rief: »Bleib zurück!« Er trug ein T-Shirt, abgeschnittene Shorts und Wanderschuhe. Sweeneys und Quinns Blicke trafen sich, und er sah für ein paar Sekunden in ihren Augen so etwas wie Erleichterung, bevor die Furcht zurückkehrte.
»Wer bist du?« Er rief die Worte abgehackt herüber.
»Mein Name ist Tim. Ich habe viel Zeit im Museum verbracht«, gab Quinn zurück. »Es ist in Ordnung, Trevor. Lass uns in Ruhe über das reden, was dich so wütend macht.« Er versuchte, seine Stimme gelassen klingen zu lassen, nicht überheblich, sondern entgegenkommend.
»Bist du ein Bulle?«
»Ich bin Detective. Was geht hier vor?«
Eine lange Pause entstand, als ob Trevor überlegen würde, was er sagen sollte. Schließlich wandte er sich an Quinn und sagte: »Es geht um sie«, wobei er mit der Pistole auf Jeanne deutete.
Quinn war nicht sicher, was er meinte. Wollte er andeuten,
dass Jeanne Ortiz Olga und Willem Keane getötet hatte? Er wartete und betrachtete das Gesicht des Jungen im Profil.
»Sie ist verdammt noch mal mit mir zusammen«, sagte Trevor, diesmal ruhiger.
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