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Leise Kommt Der Tod

Titel: Leise Kommt Der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Stewart Taylor
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eine Art Fluch, aber vielleicht bildete ich mir das nur ein.«
    »Hat Karen mit Ihnen über den Raubüberfall im Museum gesprochen, bevor sie starb?«

    »Sie sprach nur ungern darüber. Wir wussten, dass sie gefesselt worden war, aber sie wirkte, ich weiß nicht, als ob sie die ganze Sache verdrängt hätte. Es war nicht so wichtig für sie.«
    »Also war sie nicht deswegen so aufgebracht?«
    »Ich hatte jedenfalls nicht den Eindruck.«
    Plötzlich fingen die Hunde wie verrückt an zu bellen und rannten zum Fenster, um auf die Straße hinauszuschauen. »Das ist Joe, mein Mann«, erklärte Diana und ging zum Fenster. »Dieses Weihnachten sind wir zwanzig Jahre verheiratet.« Sie drehte sich zu Sweeney und lächelte sie an. »Ich werde immer noch nervös, wenn ich seinen Wagen in der Einfahrt höre.«
    Ein großer Mann mit Bart, in jedem Arm eine braune Papiertüte mit Lebensmitteln, kam durch die Vordertür herein. Die bellenden Hunde umrundeten ihn pausenlos. »Hi, mein Schatz«, sagte er und sah skeptisch zu Sweeney. Diana stellte die beiden einander vor, und Sweeney nahm das zum Anlass, um sich zu verabschieden.
    »Da wäre noch etwas«, sagte sie, »vielleicht könnte ich mit Karens bester Freundin sprechen. Diejenige, die sie an ihrem letzten Weihnachten besucht hat.«
    »Gerry? Warum nicht. Sie wohnt ein Stück die Straße hinauf.« Diana gab ihr die Wegbeschreibung, und sie und Joe begleiteten Sweeney zu ihrem Auto. Sweeney dankte ihr noch einmal.
    »Kein Problem. Wenn es sonst noch was gibt, lassen Sie es mich nur wissen.«
    Als Sweeney aus der Auffahrt bog, schaute sie zurück und sah die beiden dort stehen, Arm in Arm, ihre Körper aneinandergelehnt, genauso wie die Bäume im Spätsommerlicht.
    Gerry Tiswell lebte nur ein paar Häuser weiter in derselben Straße, und als Sweeney die Auffahrt zu dem hellblauen Haus im Leuchtturmstil hinauffuhr, erhob sich eine Frau aus einem Klappstuhl im Vorgarten und winkte. Sweeney winkte
zurück und fühlte, wie die drückende Hitze des frühen Abends ein bisschen erträglicher wurde. Die Sonne stand tief am Horizont.
    »Sind Sie Gerry Tiswell?«, rief sie und ging auf die Veranda zu.
    »Das bin ich.« Sie war eine große Frau und erstaunlich dick für ihren zarten Knochenbau. Ihr Haar war dunkel gelockt, ihre Augen tiefblau. Sweeney stellte sich vor und erklärte, was sie wissen wollte.
    »Erinnern Sie sich an Karens Heimreise an jenem Weihnachten?«
    »Natürlich tue ich das. Damals habe ich sie zum letzten Mal gesehen. Deshalb weiß ich es noch ganz genau.«
    »Wie war sie? Wie wirkte sie auf Sie?«
    »Sie war anders. Sie war von vornherein anders gewesen, seit sie auf die Schule ging, aber es hatte unsere Freundschaft nicht beeinflusst. Obwohl sie wirklich klug war und sich dort gut machte und viele neue Freunde mit Geld und schönen Autos hatte, war unser Verhältnis immer noch gut. Aber an jenem letzten Weihnachten hatte ich das Gefühl, sie hätte keine Zeit für mich. Sie war vollkommen in dieses Projekt vertieft, das sie bearbeitete, diese Sache mit der goldenen Halskette, und sie wollte überhaupt nicht über die Dinge sprechen, die wir sonst bequatschten: Jungs, oder was wir mit unserem Leben anfangen wollten.« Gerry Tiswell machte eine Pause. »Deswegen hat es mich so hart getroffen, ihr Selbstmord, meine ich. Weil wir nicht miteinander klargekommen sind, als wir uns zum letzten Mal gesehen haben.« Sie verschluckte sich bei den Worten und wandte das Gesicht ab. Sweeney wartete, bis sie ihre Fassung wiedergewonnen hatte. Als ihre Augen in Sweeneys schauten, waren sie mit Tränen gefüllt. »Es tut mir leid. Ich versuche, nicht zu viel an sie zu denken.«
    »Sie sagten, dass Sie normalerweise über Jungs und solche Sachen gesprochen haben. Hatte sie einen Freund?«

    »Auf keinen Fall. Sie erzählte mir, sie würde alle Männer hassen und wollte sich für den Rest ihres Lebens nicht mehr verabreden. Sie wollte sich ganz auf ihre Arbeit konzentrieren und wie eine Nonne leben. Genau so hat sie es gesagt. Wie eine Nonne. Sie sagte, dass Männer - welches Wort verwendete sie doch gleich? - ›Plünderer‹ seien und den Menschen Dinge stehlen würden. Sie erzählte mir, wie Ägypten seine gesamten Wertschätze verloren hatte, weil »alte weiße Männer« sie geraubt hatten. Ihre Einstellung hatte sich sehr zum Radikalen hin verändert. Sie sagte, dass sie ihre gesamte berufliche Zukunft neu überdenken würde, nachdem sie erfahren habe, wie die Menschen in den

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