Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Leise Kommt Der Tod

Titel: Leise Kommt Der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Stewart Taylor
Vom Netzwerk:
»Natürlich habe ich sie erwähnt.«
    »Und?« Jeanne sah sich hektisch im Raum um und sagte dann mit gespielter Gelassenheit: »Vielleicht sollte ich ihn persönlich einladen. Er möchte sicher gerne zur Eröffnung kommen.«
    »Ja, das ist eine gute Idee«, bekräftigte Sweeney. Sie blieb zurück, als Jeanne sich auf den Weg zu den Galerien machte, gefolgt von Trevor. Am Eingang zu den Ausstellungsräumen sagte sie etwas zu ihm, das ihn dazu brachte, in die entgegengesetzte Richtung quer durch die Halle davonzueilen. Nachdem sie weg war, lehnte Sweeney sich nach vorne und flüsterte: »Er ist schon gegangen, aber ich habe es einfach nicht übers Herz gebracht, ihr das zu sagen.«
    »Die arme Jeanne«, bemerkte Lacey. »Kommt sie mittlerweile besser mit Willem zurecht?«
    »Nein, ich denke, ihr Verhältnis ist eher noch schlechter geworden. Alle freuen sich schon auf den Tag, an dem ihre Ausstellung vorbei ist und die beiden nicht mehr miteinander arbeiten müssen.«
    »Mir ist immer noch nicht klar, warum er überhaupt eingewilligt hat, das Projekt zu unterstützen«, sagte Lacey.
    »Irgendjemand von oben muss ihn dazu verdonnert haben, anders kann ich es mir kaum vorstellen«, entgegnete Sweeney.
    Toby verkündete, dass er sich nun auf den Weg machen müsse, Sweeney und Ian begleiteten ihn nach unten. Anschließend kamen sie zurück und verbrachten die nächste Stunde damit, sich mit Sweeneys Kollegen zu unterhalten. Langsam wurde es ruhiger, die Räume leerten sich. Lacey sagte: »Ich frage mich, wo Fred abgeblieben ist. Er wollte draußen ein Telefonat führen, schon vor einer ganzen Weile. So langsam wird es nämlich Zeit für uns zu gehen.«
    »Vermutlich ist er von seinem Geschäftspartner aufgehalten worden«, meinte Sweeney. »Ich muss ohnehin zur Toilette, da
kann ich ihn unterwegs auch gleich suchen und ihm Bescheid sagen, dass du los möchtest.«
    Doch Sweeney entdeckte ihn weder in einer der Galerien noch an der Bar. Vor den Toiletten im Erdgeschoss hatte sich eine Schlange gebildet, deshalb beschloss sie, die Räumlichkeiten im Keller aufzusuchen. Sie war schon oft dort gewesen, außerdem erinnerte sie sich, dass Willem im Laufe des Abends mehrmals mit Besuchern nach unten gegangen war, um den Kanopenkrug vorzuführen. Trotzdem fühlte sie sich mit einem Mal vollkommen alleine. Seit jeher gruselte sie sich vor den höhlenartigen Galerien. Die steinernen Bogen erzeugten schattige, geheimnisvolle Ecken und Versteckmöglichkeiten, und durch das vollkommene Fehlen von Tageslicht entstand die Illusion, man befinde sich in einem Kerker. Die Sarkophage, die man im Raum platziert hatte, verbesserten die Atmosphäre auch nicht gerade.
    Als sie um die erste Ecke bog, hörte sie plötzlich ein ersticktes Schluchzen. Sie hob den Blick und entdeckte Jeanne, die auf einmal vor Sweeney stand, sie anstarrte und ihre Hände orientierungslos in die Höhe streckte. Als Sweeneys Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, bemerkte sie, dass die Vorderseite von Jeannes Kleid mit einer dunklen Flüssigkeit beschmutzt war. Es ist etwas passiert , stellte sie erschrocken fest. Etwas Schreckliches.
    Jeanne gab einen weiteren Schluchzer von sich und gestikulierte wild in Richtung des hinteren Endes der Galerie. »Olga«, brachte sie schließlich heraus. »Olga.«
    Sweeney wandte sich in die Richtung, die Jeanne angedeutet hatte, und sah ein schwarz bekleidetes Bein hinter einem Steinpfeiler hervorragen. Direkt daneben befand sich der Schrank, der zur vorübergehenden Aufbewahrung des Kanopenkruges diente. »Ist sie okay?«, fragte Sweeney, ehe sie nach hinten eilte und sich hinunterbeugte, um nach Olga zu sehen.
    Als sie das dunkle Blut sah, das sich klar gegen den Marmorboden
abhob, wurde ihr klar, dass Olga ganz und gar nicht okay war. Es war eine Menge Blut, und es leuchtete in einem solch intensiven Farbton, dass sie sich unvermittelt wieder aufrichtete und ein paar Schritte nach hinten stolperte, weg von der Leiche. Aber sie konnte es nicht vermeiden, Olgas Gesicht zu sehen, bleich und überrascht, mit Wunden auf Stirn und Schläfe. Dazu das feucht glänzende Blut, irgendwo dazwischen schimmerte ein grober Splitter in Weiß, vermutlich ein Stück Knochen. Erneut fielen ihr die majestätischen Wangenknochen auf, die sie nie zuvor bemerkt hatte, und dann Olgas zarter Hals. Als sie nach oben sah, schoss ihr pausenlos derselbe Gedanke durch den Kopf: Jeanne hat Olga umgebracht, Jeanne hat Olga umgebracht . Dann bemerkte sie

Weitere Kostenlose Bücher