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Leises Gift

Leises Gift

Titel: Leises Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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denen Ben, Wilmer und er am gleichen Tag litten. Das konnte kein Zufall sein. Er konnte der Wahrheit nicht entfliehen. Der Mörder von Grace Fennell hatte in der vergangenen Nacht erneut zugeschlagen.
    Und diesmal war Chris Shepard sein Opfer.

36
    Neville Byrd lag mit offenem Mund rücklings auf dem Bett seines Hotelzimmers und starrte auf den Bildschirm seines Notebook-Computers. Er masturbierte. Dank dem Fernrohr, das er auf dem Dach des Marriott Hotels aufgebaut hatte, konnte er zusehen, wie Andrew Rusks Sekretärin mit ausgebreiteten Beinen auf dem Schreibtisch lag, während der Anwalt sie vögelte, als hinge sein Leben davon ab. Das war um Lichtjahre besser als die Bezahlpornos auf dem Fernsehschirm seines Zimmers. Das war echt. Und er zeichnete alles auf Video auf. Er nahm sich vor, eine Kopie als spätere Wichsvorlage anzufertigen, bevor er seinem Auftraggeber das Original lieferte.
    Die Sekretärin erhob sich, drehte Rusk den Rücken zu und beugte sich vor. Er packte ihre Hüften, drang ungestüm in sie ein und setzte seinen wilden Ritt fort. Der Typ schien wütend auf sie zu sein, dachte Neville, so wie er sie bearbeitete. Erbarmungslos. Neville hatte noch nie so wild gefickt. Er war nicht einmal sicher, ob er es gekonnt hätte. Rusk war einer von diesen Typen, die ständig trainierten, die zum Surfen und zum Bergsteigen fuhren, das volle Programm. Vielleicht zahlte sich all dieser Scheiß beim Sex aus. Weil das, was Neville dort sah, Marathon-Niveau hatte. Fünfundvierzig Minuten ohne die kleinste Unterbrechung, nicht mal für einen Schluck Wasser.
    Dann plötzlich war es vorbei. Rusk löste sich aus ihr und verschwand aus dem Bild, und die Sekretärin wischte sich mit Kleenex aus einer Box auf dem Schreibtisch sauber. Neville wichste, so schnell er konnte, und kam zu einem großartigen Orgasmus, bevor auch sie verschwinden konnte.
    Und tatsächlich, einige Sekunden später entfernte sie sich aus dem Bild. Kurz darauf erschien Rusk, wieder vollständig angezogen, und setzte sich an seinen Computer. Er sah auf seine Uhr; dann hob er die rechte Hand und bewegte mit der Maus den Cursor über den Bildschirm. Ein paar Klicks – dann tippte er etwas in die Tastatur.
    Neville überprüfte seinen zweiten Computer, der die Laserapparatur kontrollierte. Dann fing er an zu lachen. Rusk hatte eine Zahlenkombination eingetippt, Pi bis zur neunten Stelle hinter dem Komma. Es war ein gutes Passwort. Neville zeichnete ein paar Sekunden länger auf, lud das Video und zoomte auf Rusks Monitor. Was er dort erblickte, sah aus wie ein schwarzes Loch – beziehungsweise der Ereignishorizont, der es umgab. Dann wich das Bild dem Gateway einer Webseite, die er bereits am Tag zuvor gesehen hatte: EX NIHILO. »Boo-ja!«, rief Neville und klatschte in die Hände. Er hatte EX NIHILO bereits am Vortag vermutet, doch er hatte eine Bestätigung benötigt, um sicher zu sein.
    Jetzt begab Rusk sich auf eine tiefere Ebene der Seite und tippte ein weiteres Passwort ein, um seine Identität zu bestätigen. Das war der Schlüssel zu dem Mechanismus, den Rusk erschaffen hatte, um sich zu schützen. Neville war versucht, sich selbst in EX NIHILO einzuloggen und ein wenig herumzuschnüffeln, doch Traver hatte ihn angewiesen, keine Sekunde zu verschwenden. Während er die Nummer wählte, die der Tierarzt ihm gegeben hatte, überlegte er kurz, ob er eine höhere Gebühr verlangen sollte. Schließlich hielt er jetzt alle Trümpfe in der Hand. Was hatte er zu verlieren? Traver war nur ein alter graubärtiger Tierarzt … oder? Andererseits hatte er Bescheid gewusst über die Lasertechnologie und die Optik. Ein normaler Hundedoktor hatte keine Ahnung, dass so etwas überhaupt existierte. Derartiges Wissen deutete auf etwas anderes hin. Auf jemanden aus dem Geheimdienstbereich vielleicht oder sogar vom Militär.
    Nein, dachte Neville. Ich nehme mein Geld und fertig. Schließlich hat er ja schon von sich aus die doppelte Gebühr bezahlt.
     
    Dr. Eldon Tarver saß allein in seinem Büro der Uniklinik und studierte Zahlen auf einem Stapel Papier, der vor ihm lag. Seine Forschungsassistentin hatte ihm die neuesten Daten der In-Vitro- Tests gebracht. Sie lieferten nichts außer weiteren Hinweisen auf die inhärenten Unzulänglichkeiten von Laborversuchen.
    Doch Dr. Tarvers Verstand war nur zur einen Hälfte mit dem Problem der Daten beschäftigt. Die andere Hälfte arbeitete an seinem nächsten Zug. Er hatte mehrere falsche Spam-Mails von Andrew Rusk

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