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Leises Gift

Leises Gift

Titel: Leises Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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das Leben im Moment so verdammt beschissen ist. Weil es schon seit einer ganzen Weile so verdammt beschissen ist.«
    Chris drückte sie für ein paar Sekunden so fest an sich, wie er konnte, ehe er sich wieder entspannte. »Es gibt schlimmere Dinge, glaub mir. Wenn ich etwas in meinem Beruf gelernt habe, dann das. Es kann immer noch schlimmer werden.«
    Sie drehte den Kopf so, dass ihre Wange die seine berührte. »Ich hoffe nicht.«
    »Wir müssen schlafen, Alex.«
    »Ich weiß. Hast du vor, mich vollzukotzen?«
    Sein Lachen klang merkwürdig fremd, beinahe so, als würde jemand in einem Traum lachen. »Ich versuche es zu vermeiden.«
    Sie versteifte sich in seinen Armen.
    »Was ist denn?«, fragte er.
    »Ich habe vergessen, mich online bei jemandem zu melden. Bei Jamie, meinem Neffen. Es ist eine Art Tradition.«
    Chris hob mühsam den Arm. »Dann los.«
    Sie zog seinen Arm wieder zurück und kuschelte sich an ihn. »Nein, nein … jetzt ist es ohnehin zu spät. Die eine Nacht kommt er sicher auch ohne mich zurecht.«

40
    S cheiße!«, fluchte eine Frauenstimme.
    Chris erwachte, als sich das Bett unter ihm bewegte. Jeder Muskel in seinem Leib schmerzte, doch seine Brust und sein Hals fühlten sich an, als hätte er einen Autounfall erlitten.
    »Scheiße, Scheiße, Scheiße!«, fluchte die Frauenstimme. »Ich hab den Wecker überschlafen.«
    Alex, erinnerte er sich. Er öffnete blinzelnd die Augen, und grelles Tageslicht brannte auf seiner Netzhaut. Alex stand neben dem Bett und zog ihre Jeans an.
    »Wie spät ist es?«, fragte er.
    »Neun Uhr. Ich hab den Wecker in meinem Handy gestellt, aber ich habe vergessen, es ans Ladegerät zu hängen. Es ist während der Nacht ausgegangen. Ich schätze, das Kuscheln hat meinen klaren Verstand getrübt.«
    Chris setzte sich auf, und eine Woge von Übelkeit wusch über ihn hinweg. »Musst du ins Bad?«
    Sie sah ihn an und begriff, was er meinte. »Lass mich nur schnell pinkeln.«
    Sie verschwand auf der Toilette. Chris schwang die Beine aus dem Bett, erhob sich langsam und ging zur Minibar. Er wählte einen kalten Dasani, der sich beim Trinken in der Speiseröhre gut anfühlte, auch wenn er darum betete, ihn bei sich behalten zu können.
    Als er einigermaßen sicher war, dass er es konnte, ging er zu seiner Tasche und nahm seine morgendliche Dosis antiviraler Medikamente: AZT, Ritonavir, Enfuvirtide und Vidarabine. Als er die letzte Tablette schluckte, hörte er im Bad die Toilettenspülung.
    »Ich bin fertig«, rief Alex aus dem Badezimmer. »Du kannst rein.«
    »Ich denke, es geht jetzt. Ich hatte eben das Gefühl, als bekäme ich Durchfall, aber dann ist es wieder vorbeigegangen.«
    Sie kam ins Zimmer und setzte sich in einen der Clubsessel.
    Sie hatte sich das Gesicht gewaschen, und zum ersten Mal sah er die Narben, ohne dass Make-up sie bedeckte. Vor seinem geistigen Auge entstand ein Bild von jemandem, der Säure auf das Gemälde einer Frau warf.
    »Was denkst du?«, fragte sie.
    »Ich denke über den Tag nach.«
    Ihr Misstrauen blieb. »Du hast zwei Möglichkeiten. Entweder du fährst zurück nach Natchez und beginnst dort deine Chemotherapie oder du fliegst nach New York und beginnst deine Chemo im Sloan-Kettering.«
    »Bist du jetzt meine Mutter?«
    Alex drehte die Handflächen nach oben. »Oder möchtest du russisches Roulette mit deinem Leben spielen?«
    »Das wäre eine Chemotherapie unter diesen Umständen. Wir wissen nicht, was mir injiziert wurde. Meine größte Chance auf Überleben besteht darin, genau herauszufinden, was mich von innen heraus umbringt. Nur dann kann ich eine effektive Behandlung anfangen.«
    Alex dachte darüber nach. »Und wie willst du das anstellen?«
    »Was hältst du davon, wenn du und Kaiser diesen Mistkerl für mich schnappt?«
    »Hört sich so an, als ginge es dir besser heute Morgen.«
    Chris bückte sich nach seiner Hose und mühte sich hinein.
    »Wo willst du hin, dass du deine Hose brauchst?«, fragte Alex.
    »Zur Uniklinik, mit den Forschern reden, deren Namen ich von Peter Connolly habe. Wenn sie nicht mehr dort arbeiten, versuche ich eben, mit den gegenwärtigen Topleuten in der Hämatologie und Onkologie zu reden.«
    »Und was soll das bezwecken?«
    Eine Woge der Benommenheit erfasste ihn. Er setzte sich auf die Bettkante und schaukelte langsam vor und zurück. »Ich denke, wir haben uns zu sehr auf Shane Lansing versteift. Zugegeben, er ist Teilhaber an einer Strahlenklinik. Aber er ist auch an einer Menge anderer Objekte

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