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Leises Gift

Leises Gift

Titel: Leises Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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keine forensischen Indizien vorweisen konnte, die auf einen Mord hingedeutet hätten, trotz zweier unabhängiger Autopsien, eine davon ausgeführt von einem bekannten Pathologen. Tatsächlich war es die zweite Autopsie, die die Behörden überzeugte, dass kein Mord stattgefunden hatte. Doch ich wusste es besser …‹ Möchten Sie, dass ich weiter vorlese?«, fragte Kaiser.
    Alex sah fragend zu Chris, doch der hatte die Augen geschlossen. »Soll ich den Lautsprecher abschalten?«
    »Nein.«
    »Lesen Sie weiter, John.«
    »›Ich hatte keinen weiteren Kontakt mit Dr. Tarver bis zu jenem Tag fast zwei Jahre später, als wir uns bei einem Wochenendtrip ins Chickamauga Hunting Camp begegneten. Während besagten Wochenendes war ich einmal für einen längeren Zeitraum mit ihm allein. Er stellte mir eine Reihe sehr direkter Fragen über meine Kanzlei und meine Scheidungsfälle – Fragen, die ich als eine merkwürdige Art von Ouvertüre begriff. Ich hatte ein eigenartiges Gefühl, dass ich Tarver vertrauen konnte, und so nahm ich kein Blatt vor den Mund. Ich merkte an, dass ich in meiner Zeit als Scheidungsanwalt mit mehreren Jahren Erfahrung zu dem Schluss gekommen war, dass in manchen Fällen, bei denen reiche Mandanten beteiligt waren, der zeitige Tod eines Ehepartners eine Alternative wäre, die einer Scheidung vorzuziehen sei. Dr. Tarvers Antwort kam unverzüglich: ›Sie meinen wohl einen vorzeitigen Tod, oder nicht?‹
    Das war der Beginn unserer Partnerschaft. Unter dem Einfluss einer mäßigen Menge Alkohols versicherte mir Dr. Tarver, dass er imstande wäre, jeden Menschen zu töten, ohne die kleinste Spur zu hinterlassen. Er betrachtete dieses Problem, wie er es nannte, als eine Art beruflicher Herausforderung und behauptete zugleich, dass jeder Pathologe an irgendeinem Punkt im Leben solche oder ähnliche Gedanken hätte. Es wäre nur natürlich, sagte er.
    Bevor wir an jenem Wochenende das Chickamauga Hunting Camp wieder verließen, hatten wir die Grundlagen unseres Plans ausgearbeitet. Jede Woche kamen reiche Mandanten in meine Kanzlei und flehten mich an, alles zu tun, um ihnen eine kostspielige Abfindung zu ersparen oder ihnen mehr Zeit mit ihren Kindern zu verschaffen. Ich konnte sehen, welche Mandanten genügend Hass und Wut auf ihre Partner aufgestaut hatten, um tatsächlich die Ermordung ihrer Ehepartner in Erwägung zu ziehen. Dr. Tarver und ich würden so wenig Kontakt haben wie nur irgend möglich. Jedes Mal, nachdem ich einen ›Auftrag‹ von einem Mandanten erhalten hatte, stellte ich den Kontakt zu Tarver her, indem ich eine falsche Spam-Mail an eines seiner E-Mail-Konten schickte. Am nächsten Tag parkte ich meinen Wagen beim Annandale Golf Club und spielte eine Achtzehner-Runde. Bei meiner Ankunft hatte ich ein großes Paket im Kofferraum, das bei meiner Abfahrt verschwunden war. Dieses Paket enthielt sämtliche Informationen über das vorgesehene Opfer sowie andere Materialien, die der Auftraggeber zur Verfügung gestellt hatte: die Krankengeschichte, der gewöhnliche Tagesablauf, nachgemachte Haus-und Wagenschlüssel, Urlaubspläne, Sicherheitskodes, E-Mail-Passwörter, einfach alles. Das war der einzige ›Kontakt‹, den Dr. Tarver und ich jemals hatten, und selbst dabei kam es zu keiner persönlichen Begegnung. Er konnte niemals bewiesen oder zurückverfolgt werden, weil Tarver kein Mitglied in diesem Golfclub war.
    Er hatte einen Freund, der beinahe täglich dort spielte, und Tarver konnte als Gast mitgehen, wann immer ihm danach war. Er gelangte mit Hilfe eines Schlüssels an den Inhalt meines Kofferraums, den ich ihm an jenem ersten Wochenende in Chickamauga gegeben hatte. In den vergangenen fünf Jahren habe ich nur wenige Male mit Dr. Tarver gesprochen – und selbst diese wenigen Male waren rein zufällig. Dennoch haben Tarver und ich bis zu diesem Zeitpunkt gemeinsam neunzehn Menschen getötet. ‹«
    »Neunzehn!«, hauchte Alex. »Ich wusste, dass es noch mehr waren als die, die ich gefunden hatte.«
    »Warten Sie!«, sagte Kaiser in diesem Augenblick. »Während ich vorgelesen habe, hat Kelly mir eine Notiz hingeschoben. Ein Deputy Sheriff in Forrest County hat soeben Andrew Rusks Powerboat entdeckt! Es sitzt auf einem Trailer hinter einem schwarzen Dodge Pick-up Truck auf dem Highway 49.«
    Chris starrte voller Hass auf das Mobiltelefon.
    »Hat er den Fahrer gesehen?«, fragte Alex.
    »Ein kahlköpfiger Mann mit grauem Bart und leuchtendem Feuermal auf der linken Wange.«
    Alex

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