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Leises Gift

Leises Gift

Titel: Leises Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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Jahre zuvor in den dunklen Abgründen seiner Seele geboren worden war, einer Idee, die einen Bedarf bediente und die er aufgrund moralischer Skrupel und eines Mangels an Gelegenheit bisher nicht verwirklicht hatte. Moral, das hatte Rusk schon damals deutlich gespürt, war kein Bestandteil von Eldon Tarvers Charakter.
    »Zwei Probleme«, begann Tarver in diesem Moment, während er eine Scheibe Lende aus der Kasserolle nahm und sich in den Mund schob. »Das haben Sie jedenfalls gesagt, Andrew.«
    »Ja. Und sie hängen möglicherweise zusammen.«
    Tarver kaute langsam und genussvoll, wie ein Mann, der es gewohnt war, von seinen Vorräten so lange wie nur irgend möglich zu leben. »Weiß jemand, wer ich bin, Andrew?«, fragte er.
    »Nein.«
    »Weiß jemand, dass Sie und ich auf irgendeine Weise miteinander verbunden sind?«
    »Nein.«
    »Weiß jemand, was Sie tun?«
    »Nein.«
    »Hat jemand Verdacht geschöpft?«
    Rusk leckte sich über die Lippen und bemühte sich nach Kräften, ruhig zu erscheinen. »Das kann ich nicht ganz ausschließen. Nicht mit hundertprozentiger Sicherheit.«
    »Wer?«
    »Eine Agentin vom FBI.«
    Tarver schob den Unterkiefer vor. »Wer ist sie?«
    »Die Schwester von Grace Fennell. Sie heißt Alexandra Morse.«
    Ein eigenartiges Lächeln huschte über Tarvers Lippen. »Ah, Alexandra Morse. Nun, wir wussten, dass sie ein Risiko darstellt, oder? Warum erscheint Ihnen Alex Morse plötzlich verdächtig?«
    »Bill Fennell denkt, dass seine Frau noch etwas zu Morse gesagt haben könnte, bevor sie starb. Morse war sehr aufgebracht wegen des Todes ihrer Schwester, Sie erinnern sich? Sie hat Fennells Sohn entführt.«
    »Aber sie hat ihn vor der Beerdigung zurückgebracht, richtig?«
    »Ja. Es gab eine Menge traumatischer Ereignisse in der Familie, schon bevor wir uns eingemischt haben. Der Vater wurde während eines Überfalls erschossen. Die Mutter ist unheilbar an Eierstockkrebs erkrankt und liegt im Sterben. Morse wäre zwei Monate nach dem Tod ihres Vaters um ein Haar beim FBI rausgeflogen, weil sie die Verantwortung für den Tod eines Kollegen trug.«
    »Hat sie mit Ihnen direkt gesprochen?«
    »Nein.«
    Dr. Tarvers Blick bohrte sich mit unbarmherziger Intensität in Rusks Augen. »Die Frage ist doch, Andrew, woher weiß sie, dass Sie überhaupt existieren?«
    »Diese Frage kann ich Ihnen nicht beantworten.«
    »Könnte es sein, dass Fennell irgendetwas über Sie erzählt hat?«
    »Es könnte sein, aber warum sollte er? Nein, ich glaube nicht. Fennell ist nicht dumm.«
    »Vögelt er sie?«
    »Ich glaube nicht«, antwortete Rusk, indem er sich diese Frage zum ersten Mal selbst stellte – ziemlich schlampig für einen Scheidungsanwalt, wie ihm bewusst wurde. »Ich meine … nicht dass ich wüsste.«
    Die Antwort stellte Tarver offensichtlich nicht zufrieden.
    »Sie würde niemals mit Ben Fennell ins Bett gehen«, sagte Rusk zuversichtlich. »Sie wäre sich viel zu schade dafür. Abgesehen davon ist sie zu heiß.«
    »Sie hat eine Vagina, oder nicht?«
    »Zugegeben.«
    »Wieso ist er nicht ihr Typ?«
    »Sie erinnern sich an die Akte über die Fennells, oder? Er ist im Grunde genommen eine Schlange.«
    »Sie tun dieser armen Kreatur unrecht mit Ihrem Vergleich«, sagte Tarver mit eigenartigem Ernst in der Stimme.
    Rusk blinzelte mehrere Male verblüfft, bevor er fortfuhr. »Ich habe Alex Morse vor der Operation überprüft, Sie erinnern sich? Sie ist eine durch und durch moralische Agentin. Hält sich stets genau an die Vorschriften … oder hat sich stets daran gehalten. Deswegen ist sie auch zum FBI gegangen und nicht zur CIA.«
    »Aber Sie wissen nichts über die tiefere Psyche dieser Frau.«
    »Wenn Sie es so sagen … ich glaube nicht.«
    »Es könnte die Geschäftsverbindung sein«, sagte Tarver nachdenklich. »Der Immobiliendeal zwischen Ihnen und Fennell.«
    »Ja.«
    »Sie hätten bei Diamanten bleiben sollen.«
    »Dieser Deal ist besser als Diamanten, Eldon. Viel besser.«
    »Nicht, wenn es Sie umbringt.«
    Rusk bemerkte zwei bestürzende Details: Erstens hatte Tarver im Singular gesprochen, und zweitens hatte er kein Wort von Gefängnis gesagt – er war direkt zum Tod weitergegangen. Gehe nicht über Los, ziehe nicht zwei Millionen Dollar ein.
    Tarver beobachtete Rusk mit offensichtlichem Interesse. »Was hat Agentin Morse getan, das Sie so nervös macht, Andrew? Sie sind unübersehbar nervös.«
    »Kann sein, dass ich observiert werde.« Die Untertreibung des Jahrzehnts. Keine Erwähnung

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