Leitfaden Homöopathie (German Edition)
Gemütsbeschreibungen legte und erstmals in der Homöopathie präzise Gemütszustände der Arzneimittelbilder beschrieb.
Für sein Repertorium ( Kap. 5.3.1 ) standen ihm als Quellen u.a. das fast fertige Repertorium von Lee, das dieser wegen drohender Erblindung nicht vollenden konnte und das Repertorium von Lippe zur Verfügung, doch entwickelte Kent eine differenzierte Gliederung ( Tab. 10.1 ) und konnte das meiste aus seiner langjährigen Erfahrung einfließen lassen. In seinem Repertorium lassen sich eine Vielzahl immer speziellerer und detaillierterer Unterrubriken finden, die oftmals nur wenige Arzneimittel enthalten. Die ersten drei Auflagen gingen auf Kent zurück, die 4. bis 6. Auflage sind von Schülern korrigierte Versionen.
Tab. 10.1 Kapiteleinteilung des Kent’schen Repertoriums
1. Gemüt
12. Brust
23. Atmung
2. Träume
13. Rücken
24. Husten
3. Schwindel
14. Extremitäten
25. Auswurf
4. Kopf
15. Augen/Sehen
26. Magen
5. Schlaf
16. Ohren/Hören
27. Abdomen
6. Allgemeines
17. Nase
28. Rektum
7. Frost
18. Mund
29. Stuhl
8. Fieber
19. Zähne
30. Blase/Nieren/Prostata/ Harnröhre
9. Schweiß
20. Innerer Hals
31. Urin
10. Gesicht
21. Äußerer Hals
32. Männliche Genitalien
11. Haut
22. Kehlkopf und Trachea
33. Weibliche Genitalien
Bei der Anamnese verwendete Kent auch Fragebögen, er gab später eine kurze (50 Fragen) und eine sehr umfangreiche Version derselben heraus ( Kap. 4.1.2 ).
Nach dem Tode Kents wurde die Lehre durch dessen Schüler Austin und Gladwin an den Schweizer Pierre Schmidt weitergegeben. Auf diesem Wege gelangte die„Kent’sche Schule“ in die Schweiz, wo sie bis heute eine große Rolle spielt. Schmidt gab seine Kenntnisse und Erfahrungen an Jost Künzli von Fimmelsberg und an Homöopathen mehrerer Länder Europas weiter und sorgte damit für die weitere Tradierung der Kent’schen Lehre.
Schmidt und Künzli waren neben Flury dafür verantwortlich, dass die Q-Potenzen wiederentdeckt und verbreitet wurden. Beim sorgfältigen Lesen der letzten „Organon“-Auflage wurden sie darauf aufmerksam. Da Kent die 6. und damit letzte Auflage des „Organon“ nicht zur Verfügung gestanden hatte, waren ihm die Q-Potenzen unbekannt geblieben.
Der 1915 geborene Künzli gab 1986–1989 zusammen mit Michael Barthel „Kents Repertorium Generale“ heraus, ein Werk mit Ergänzungen von 72 Autoren. Darin kennzeichnete Künzli Rubriken und Mittel, die sich in seiner langjährigen Praxis bewährt hatten, durch schwarze Punkte („Künzli-Punkte“, Kap. 5.3.2 ).
Künzli orientierte sich auch an der Kent’schen Reihe der Potenzabfolge, im Allgemeinen gab er die Potenz jeder Stufe zweimal. Dann ging er zur nächst höheren über, also C30, C30, C200, C200, M, M, XM, XM, LM, LM, CM, CM, MM, MM ( Kap. 6.3 ). Bei Potenzen bis zur LM (= C50 000) empfiehlt er einen Mindestabstand von 35 Tagen, bei der CM einen von drei Monaten und bei der MM einen Mindestabstand von zwölf Monaten.
Nach dem Tod Künzlis 1992 übernahm Dario Spinedi einen Großteil seiner Patienten und gibt nun als Lehrer die von Künzli gelehrte Homöopathie weiter.
10.4 Miasmatische Homöopathie nach Proceso Sánchez Ortega
Der Mexikaner Proceso Sánchez Ortega (1919–2005) eignete sich einen Großteil seines Wissens als Autodidakt an, zudem erlernte er die Homöopathie bei Flores. Er gründete 1960 gemeinsam mit anderen Ärzten die „Homeopatia de Mexico, A.C.“ als Ausbildungsinstitut. Die dort gelehrte dreijährige homöopathische Ausbildung wurde als Aufbaustudium für Ärzte konzipiert. Am Homöopathieinstitut wird vorallem im Sinne von Hahnemann, Hering und Kent unterrichtet, hinzu kommt Unterricht in der Miasmenlehre nach Ortega. Außerdem gehören zur Ausbildung Aspekte der Philosophie (Paracelsus, Hippokrates, Jung und Thomas von Aquin u.a.) und ein Englischkurs.
Die Miasmenlehre
Ortegas Leben und Werk wurde entscheidend durch die Miasmenlehre geprägt. Das folgende Zitat von Ortega wird in Homöopathiekreisen viel zitiert: „Ohne die Miasmenlehre kann man nicht Homöopath sein“. Miasma definiert Ortega als konstitutionellen oder diathetischen Krankheitszustand. Er sieht in den Miasmen eine von der Psora über die Sykosis bis zur Syphilis zunehmende Pathologie, die sich bereits auf der zellulären Ebene finden lasse. So sagt Ortega, dass jede Zelle auf eine einwirkende Störung zuerst mit einer Hemmung ihrer Funktionen reagiert, danach mit einer Überfunktion als Versuch der Kompensation und bei weiterer Belastung
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