Leitfaden Homöopathie (German Edition)
manchen Fällen (z.B. bei einer Pneumokokkeninfektion) greifen die Beläge auf den Gaumenbogen über.
Therapeutische Strategie
Aus heutiger schulmedizinischer Sicht ist die akute bakterielle Tonsillitis antibiotikapflichtig, wobei die gefürchteten Nachkrankheiten wie Endokarditis oder Nephritis laut Cochrane-Library nicht vermieden werden können. Die Folgekrankheiten sind auch dem Laien bekannt und führen in der Praxis häufig zu der Situation, dass von den Patienten auf Antibiotika zurückgegriffen wird.
In der täglichen Praxis zeigt sich, dass akute Tonsillitiden in der Regel sehr gut auf eine homöopathische Therapie ansprechen, und sowohl die Erkrankungsdauer als auch die Beschwerdeintensität sehr günstig zu beeinflussen sind. Auch die gefürchteten Nacherkrankungen werden nicht beobachtet. Letztlich muss die Entscheidung über das jeweilige therapeutische Vorgehen aber vom selbstverantwortlichen Patienten und vom behandelnden Arzt (nach der jeweiligen Einschätzung der Situation, auch in Bezug auf seine Kenntnisse der Homöopathie) getroffen werden.
Homöopathische Behandlung
Die Entzündung der Rachenmandeln und der angrenzenden lymphatischen Gewebe ist die natürliche Reaktion des Organismus auf das Eindringen eines Erregers und gleichzeitig Ausdruck der Auseinandersetzung mit ihm. Bei einem weitgehend gesunden Menschen ist diese Auseinandersetzung meist kurz und heftig, der Erreger wird überwunden, anschließend besteht Immunität.
Leidet der Organismus jedoch an einer miasmatischen Grundstörung (bei den Rachenmandeln meist Psora oder Syphilis), kompliziert sich das Geschehen, der Körper überwindet den Erreger nicht vollständig und die Auseinandersetzung mit ihm findet offensichtlich kein Ende. Die Folge ist die chronische Vergrößerung der lymphatischen Organe im Rachenraum. Während die akute Behandlung einer unkomplizierten Tonsillitis in der Regel Linderung innerhalb von 24 Stunden bringt, bedarf die chronifizierte Tonsillenvergrößerung einer genauen Analyse und der Aufnahme der Gesamtheit der Symptome. Sie verschwindet erst nach Beseitigung der zugrunde liegenden Psora oder Syphilis ( Kap. 3.4 ). Die Unterscheidung zwischen „akut“ und „chronisch“ ist hier besonders wichtig, weil viele Praktiker auch für die akuten Tonsillitiden häufig tiefwirkende Antisyphilitika in wiederholten Gaben verschreiben (z.B.
Mercurius
und seine Salze), ohne die Gesamtheit der Symptome zu betrachten. Dies kann zu einer erfolgreichen lokalen Unterdrückung der Symptome führen, deren negative Konsequenzen für den Gesamtorganismus beträchtlich sein können.
Wahl der Symptome
Die Mittelwahl stützt sich bei der akuten Tonsillitis auf den Lokalbefund und auf die Begleitsymptomatik. Die Causa spielt hier nur selten eine Rolle.
Lokalbefund: Farbe der Tonsillen, der Rachenhinterwandschleimhaut, Tonsillenbeläge, begleitende Halslymphknotenschwellungen etc.
Ausmaß, Erstreckung und Modalitäten der Schmerzen: Z.B. Schmerzen beim Schlucken erstrecken sich zu den Ohren, Schmerzen besser oder schlechter durch warme oder kalte Getränke, Halsschmerzen besonders nachts oder morgens etc.
Seitenbeziehung: Schmerzen und/oder Tonsillenschwellung nur rechts, nur links, von rechts nach links, von links nach rechts oder mehrmals die Seite wechselnd.
Begleitsymptome: Wie jede fieberhafte Erkrankung ist bei der akuten Tonsillitis auf auffällige Fiebersymptome, Schweiße, Schmerzerstreckungen, Appetit und Durst, Geschmacksstörungen, Zungenbelag, Mundgeruch, Allgemeinsymptome etc. genauestens zu achten, um eine klare Mittelauswahl durchführen zu können.
Miasmatische Zuordnung
Die einfache Tonsillitis ist psorischer Natur, die chronische Tonsillenvergrößerung psorischen oder syphilitischen Ursprungs.
Repertorium
Die große Hauptrubrik für die Tonsillitis findet man unter Hals – Entzündung, Halsweh – Tonsillen (184 AM). Allein schon an der sehr großen Mittelzahl dieser Rubrik erkennt man die Notwendigkeit exaktester Individualisierung und Unterscheidung zwischen „akut“ und „chronisch“.
Hilfreiche Rubriken zu Lokalsymptomen der Tonsillitis sind z.B.:
Hals
Entzündung, Halsweh – Tonsillen – erstreckt sich zu – Nase
Entzündung, Halsweh – Tonsillen – erstreckt sich zu – oben und unten, nach
Schmerzen – allgemein – links – rechts, nach
Schmerzen – rechts – links, nach
Schmerzen – Schlucken – agg. –
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