Leitfaden Homöopathie (German Edition)
zugänglich sind.
4.2 Homöopathische Symptomenlehre
Was ist ein Symptom?
Duden („Das Wörterbuch medizinischer Fachausdrücke“, 5. Aufl.):
Griech. symptoma = Zufall, vorübergehende Eigentümlichkeit.
Krankheitszeichen, für eine bestimmte Krankheit charakteristische, zu einem bestimmten Krankheitsbild gehörende, krankhafte Veränderung (Medizin).
Der fundamentale Unterschied zwischen der ursprünglichen griechischen Wortbedeutung und der medizinischen Bedeutung eines „Symptoms“ ist ebenso kennzeichnend für unterschiedliche Definition, Bedeutung und Bewertung eines „Symptoms“ in der Schulmedizin bzw. in der Homöopathie.
Allopathie: Ein Symptom ist eine, zu einer bestimmten Krankheit gehörende, krankhafte Veränderung, d.h. etwas möglichst konstantes, einförmig wiederkehrendes, sowohl am kranken Individuum als auch an der Gruppe der an derselben Krankheit leidenden Individuen.
In der Schulmedizin dienen Symptome der Diagnostik und Einteilung von Krankheiten. Dies führt zur
Normierung von Parametern (alle Vitalparameter wie Blutdruck und Puls, alle Blutwerte, anatomische und histologische Normen etc.) und
Zusammenfassung von Symptomen zu bestimmten Diagnosen oder Syndromen.
Letztlich führt das allopathische Verständnis eines „Symptoms“ vor allem zu einer maximalen Reduktion der zur Diagnosestellung notwendigen Parameter. Veränderungen außerhalb dieser Normierung finden keine Verwendung (und/oder kein Verständnis).
Homöopathie: Jede Lebensäußerung eines Organismus in ihrer möglichst detaillierten Beschreibung stellt ein Symptom dar, unabhängig davon, ob es sich um eine krankheitsbedingte oder eine krankheitsunabhängige Veränderung handelt. Interessant ist, dass schon Hahnemann im Organon von Symptomen als „Zufällen oder Eigentümlichkeiten“ spricht. Er sieht jedwedes Symptom als fassbare Äußerung einer individuellen, inneren, dynamischen Erkrankung des gesamten Organismus.
Der Nutzen, den die Homöopathie aus den Symptomen zieht, ist das Erstellen eines individuellen Bildes des Patienten in allen seinen Facetten (Individualisieren, Kap. 4.3.1 ) zum Auffinden des passenden, homöopathischen Arzneimittels.
4.2.1 Begriffsbestimmung
Einige wichtige, mit der homöopathischen Symptomenlehre assoziierte Begriffe werden im Folgenden definiert und differenziert:
Modalitäten,
Erstreckung,
vollständiges Symptom,
Leitsymptom,
pathognomonische Symptome.
Modalitäten
Modalitäten sind die Umstände, die ein vorhandenes Symptom verbessern oder verschlechtern . Die Modalitäten eines Symptoms können dabei unterschiedlichster Natur sein (z.B. Temperatur, Zeit, geophysische Veränderungen wie Wetter oderAufenthalt am Meer oder im Gebirge, Tageszeiten, Jahreszeiten, weiblicher Zyklus, körperliche Bewegung oder Anstrengung etc.). Modalitäten finden sich für Lokal-, Allgemein-, psychische und charakteristische Symptome. Besonders auffallende Modalitäten werden den charakteristischen, auffallenden Symptomen zugeordnet (s.u.).
Ein krankheitsverbessernder oder -verschlechternder Umstand gewinnt oft erst durch die Wiederholung den Charakter einer Modalität. Als Einzelereignis könnte das Zusammentreffen von Symptomenveränderung und dem jeweiligen Umstand rein zufällig sein.
Beispiele für Modalitäten
Beispiel 1: Modalitäten von Lokalsymptomen
Schwindel durch Bewegung
Kopfschmerzen besser durch kalte Umschläge
Zahnschmerzen durch kalte Getränke
Diarrhoe nach dem Essen
Blasenschmerzen beim Urinieren
Atemnot bei körperlicher Anstrengung
Beispiel 2: Modalitäten von Allgemeinsymptomen
Allgemeine Verschlechterung im Frühling
Allgemeine Verschlechterung durch Zugluft
Allgemeine Verschlechterung am Nachmittag
Allgemeine Besserung abends
Allgemeine Besserung durch warme Anwendungen
Allgemeine Verschlechterung durch fette Nahrungsmittel
Allgemeine Verschlechterung während der Menstruation
Beispiel 3: Modalitäten von psychischen Symptomen
Traurigkeit durch Alleinsein
Reizbarkeit während der Menstruation
Angst schlechter durch Dunkelheit
Furcht in Menschenmengen
Apathie bei Fieber
Sprechen anderer Menschen aggraviert die Symptome
Ruhelosigkeit abends
Beispiel 4: auffallende, charakteristische Modalitäten (können aus den Bereichen Lokal-, Allgemein- und psychische Symptome stammen)
Frohsinn nach Stuhlgang
Heißhunger um 11 Uhr vormittags
Schwindel nachts beim Erwachen
Diarrhoe durch Erregung
Weinen, wenn man sich bei ihm/ihr bedankt
Lachen
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