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Leitstrahl für Aldebaran

Leitstrahl für Aldebaran

Titel: Leitstrahl für Aldebaran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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sich da eine große Gefahr erhob und wegflog; aber auch deshalb, weil es auf seltsam verdrehte Weise an etwas ganz Irdisches erinnerte: ein umgekehrtes Schneegestöber.
    Der große Krach fing ganz harmlos an: mit einem Gespräch darüber, wie man verhindern könnte, daß die Pflanzung immer wieder zerstört würde.
    Zuerst verlief das Gespräch friedlich und produktiv. Zwei Meinungen standen sich gegenüber, die aber von niemand absolut vertreten wurden. Die eine Variante lief auf eine Vergrößerung der Anbaufläche hinaus, die dann eine gelegentliche Zerstörung in Kauf nehmen könnte; einen Teil der Gewächse müßte man dann zur Saatgutgewinnung nutzen, denn der Vorrat an geeigneten Keimen im Überlebens-System des KUNDSCHAFTERS ging zu Ende, noch zwei-, höchstens dreimal würde man neu aussäen können. Selbstverständlich würde das ein nahezu übermenschliches Maß an Arbeit erfordern.
    Die andere Meinung war entgegengesetzt: eine Verkleinerung der Anbaufläche bei entsprechend größerer Sicherung der Pflanzung. Rigel schlug vor, er würde eine Art Markise bauen aus einem Gestell, das im Gefahrenfall heruntergeklappt werden konnte, wobei der Rand in einen vorbereiteten Graben fiel, der auch noch unter Wasser gesetzt werden konnte. Je länger er darüber sprach, um so mehr Einzelheiten fielen ihm ein.
    Während sich die Diskussion in weiteren Möglichkeiten und Varianten verlief, wuchs ganz langsam in allen Beteiligten ein Unbehagen heran, das anfangs aus verschiedenen Quellen zu kommen schien. Rigel, der so viel technische Phantasie entwickelte und weit über seinen sonstigen Anteil an Diskussionen hinaus gesprochen hatte, konnte sich plötzlich nicht mehr des ganz und gar fruchtlosen, aber traumhaft leichten Gedankens erwehren, wie einfach doch alles wäre, wenn man die normalen Schiffsanlagen nutzen könnte - Himmel, was für ein Vergnügen, Boden- und Luftfahrzeuge zusammenbauen, genau abgestimmt auf die Verhältnisse des Planeten; bequeme Behausungen mit dem entsprechenden Komfort, herum ein Schutzfeld, das weder Riesenbiester noch Insekten durchbrechen konnten.
    Gemma hatte plötzlich eine Möglichkeit gesehen, wie sich die beiden Hauptvarianten zu einer Strategie zusammenschließen lassen müßten, nämlich durch mehrere kleine Felder, aber im gleichen Augenblick hatte sie Mutlosigkeit befallen: Das alles hatte ja doch wenig Zweck, denn wer sollte sichern können gegen alle denkbaren Gefahren. und gegen die undenkbaren Gefahren dazu, denn gerade die würden es sein. Wer hatte denn an Balloninsekten gedacht, bevor sie kamen. Es wäre doch unwahrscheinlich, wenn es dort, wo es solche Kolosse wie das Biest gab, nicht auch entsprechende Raubtiere geben würde: Da nützten keine Vorsichtsmaßregeln, da wäre sogar ihr Schiff in seinem jetzigen, ungeschützten Zustand nicht unverletzbar.
    Mira war mit ihren Gedanken viel weiter entfernt, als das allgemeine Unbehagen sie erfaßte. Ihre Überlegungen hatten begonnen wie die Gemmas, aber das ursprüngliche Thema bald verlassen. Der sie umgebende Kosmos konnte ebensogut voller Gefahren stecken wie die hiesige Flora und Fauna. Bald war Halbzeit, ein Vierteljahr vergangen seit der Katastrophe, und sie wußten immer noch nicht mehr über diese Anomalie. Seit der Entdeckung, daß das Biest auf die Strahlungsausbrüche der kleinen Sonne reagierte, hatte sie das Gefühl, daß auf ihrem eigenen Gebiet gründliche Überlegungen viel notwendiger wären; daß ihre eigene Arbeit, wenn sie sie nur richtig betrachtete, viel dringlicher der Ausweitung bedurfte, und zwar auch im Sinne der Lebenserhaltung, der Überlebensaussichten. Aber wo lag der Fehler, wo die Barriere, die sie von den geahnten Erkenntnissen trennte? Hatte sie sich selbst eingeengt, selbst Grenzen gesetzt? Was für Grenzen? Natürlich, Grenzen waren da, ihr Wissen war begrenzt, ihre Möglichkeiten waren begrenzt, aber nicht um solche Grenzen ging es, sondern.. sondern um subjektive; um solche Stellen, wo sie ohne Notwendigkeit aufhörte weiterzudenken, ja, so etwas mußte es geben, und zwar in ganz einfachen Dingen, räumlich oder zeitlich - zeitlich? Ja, gewiß, ihr ganzer Zeitbegriff endete mit der Absendung der Botschaft im Leitstrahl an die ALDEBARAN, denn dann war ja ihre Aufgabe beendet, gelöst, erfüllt.. aber.
    Ihre Gedanken verwischten sich wieder. Eben noch hatte sie das Gefühl gehabt, dicht vor einem entscheidenden Einfall zu stehen, und gerade in diesem Augenblick hatte die entstandene Stille

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