Lektionen der Leidenschaft: Roman (German Edition)
geöffnete Tür betrachtete er die Szene. Amelia schmuste mit seinem Neffen, redete mit ihm und verteilte zärtliche Küsse über sein Gesicht. Sie sah glücklich aus und irgendwie mütterlich, wie er zu seiner Überraschung feststellte. In diesem Licht hatte er sie noch nie gesehen. Als Mutter. Auch nicht am Morgen draußen im Park, als er sich entschloss, sie zu heiraten. Da spielte neben der Verpflichtung als Ehrenmann eher die Aussicht mit, ihren Körper uneingeschränkt genießen zu können. Kinder? Natürlich, die würden eine unausweichliche Folge ihrer heftigen Leidenschaft sein, doch er hatte sie bisher nie direkt mit ihr in Verbindung gebracht.
Jetzt angesichts des Bildes, das sich ihm bot, merkte Thomas, dass seine Gefühle viel tiefer reichten als zuvor angenommen. Tiefer als ein Ozean. Und plötzlich erkannte er in ihr auch die Mutter seiner Kinder und die Frau, die er für immer in seinem Leben haben wollte. Noch etwas fiel ihm wie Schuppen von den Augen: Er hatte sie ungerecht behandelt. Amelia verdiente mehr als nur eine heiße Liebesnacht, so großartig die auch sein mochte. Es gebührte ihr, dass man ihr nach allen Regeln der Kunst den Hof machte, ganz wie es sich für eine Lady ihres Standes schickte.
Und für seine zukünftige Viscountess.
26
D ie Stimmung beim Abendessen ließ sich mit einem Wort zusammenfassen: angespannt. Jedenfalls was Thomas und Amelia betraf, denn man meinte, es zwischen ihnen knistern zu hören.
Seinen Freund Alex bedachte Thomas mit griesgrämiger Höflichkeit, sprach nur mit ihm, wenn es sich nicht vermeiden ließ, und dann auch nur einsilbig. An Amelia richtete er nur zweimal das Wort. Um sich erst nach ihrem Tag zu erkundigen und anschließend danach, ob alles zu ihrer Zufriedenheit eingerichtet sei. Amelia beantwortete die Fragen scheinbar gelassen mit » ausgezeichnet« und » ja«, obwohl es ihr bei seinem Anblick buchstäblich die Sprache verschlagen hatte. Die elegante Kleidung und dann dieser ganz eigene Duft nach Rosmarin und Bergamotte.
Ihr letzter unerfreulicher Wortwechsel wirkte noch nach. Obwohl er sie nicht aus den Augen ließ, war nichts in seinem Blick ungezwungen, angenehm oder gar freundlich. Er beobachtete sie, als würde er sie am liebsten statt des gebratenen Geflügels auf seinem Teller verschlingen. Und ihr erging es kaum anders.
Zum Glück sorgten die anderen am Tisch, die Zwillingsschwestern, Missy und ihr Mann und natürlich Cartwright, dafür, dass die Unterhaltung nicht versiegte, doch sobald die Dame des Hauses die Tafel aufgehoben hatte, folgte Amelia ihr rasch, bevor sie irgendeine Dummheit beging, mit der sie sich verriet. Niemand brauchte zu wissen, wie verrückt sie nach Thomas war, am allerwenigsten er selbst. Zwar ließ sich nicht übersehen, dass er sie körperlich begehrte, doch sie liebte ihn– und das machte den Unterschied aus.
» Gestatten Sie, dass ich Sie in den Salon begleite, Lady Amelia?«Alex Cartwright trat einen Schritt auf sie zu, während Charlottes Blick zwischen ihnen hin und her flog. Kummer stand in ihrem hübschen Gesicht. Amelia empfand Mitleid mit ihr. Hatte Alex wirklich keine Ahnung, dass er dabei war, dem Mädchen das Herz zu brechen?
» Amelia, ich möchte gerne unter vier Augen mit Ihnen sprechen. Wenn es Ihnen möglich ist.« Thomas schenkte seinem Freund keinerlei Beachtung und erwartete eindeutig, dass sie Cartwrights Angebot ausschlug.
Amelia erstarrte. Ihr Puls schlug so heftig, als wolle er ihren Körper sprengen.
» Vielleicht im Herrenzimmer«, schlug er vor und ging an Alex vorbei. Sie nickte und verließ das Zimmer an seiner Seite, während die anderen schweigend zuschauten.
» Armstrong«, rief Cartwright, als sie die Türschwelle erreichten.
Genau wie sie blieb Thomas stehen und schaute über die Schulter zurück. Die Unterbrechung schien ihm zwar zu missfallen, aber seine Manieren verboten es, den Freund zu ignorieren.
» Später nehme ich gerne Bekundungen deiner immerwährenden Dankbarkeit entgegen.« Alex grinste zufrieden übers ganze Gesicht.
Rutherford hustete, um nicht vor Lachen herauszuplatzen. Missy senkte das Kinn auf die Brust, um ihr Lächeln zu verbergen. Die Zwillinge schauten verständnislos drein, und Thomas gab ein knurrendes Geräusch von sich, riss den Kopf herum, packte sie beim Ellbogen und zog sie aus dem Zimmer.
In angespanntem Schweigen betraten sie das Herrenzimmer. Amelia steuerte die nächste Sitzgelegenheit an, sank mit weichen Knien auf ein Sofa von
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