Lektionen der Leidenschaft: Roman (German Edition)
denn ihr Körper wartete bereits ungeduldig auf die nächsten Zärtlichkeiten, den nächsten leidenschaftlichen Kuss. Der Tag heute würde sich endlos hinziehen, und in Gedanken weilte sie schon bei der Heimkehr, bei der kommenden Nacht. Der einzige Trost bestand darin, dass sie die Zeit in Thomas’ Gesellschaft verbringen würde.
Anderthalb Stunden später stiegen Amelia, Thomas und Catherine in die schwarz lackierte Kutsche. Sie hätten sich kein besseres Wetter für ihren Ausflug wünschen können. Flaumiger, leichter Schnee schwebte träge durch die Luft, bevor er sich wie eine weiße Decke auf den Kieswegen und dem schlafenden Laub niederließ. Catherines Augen funkelten vor Aufregung. » Der Schnee ist wundervoll«, rief sie, während sie verzückt aus dem Fenster starrte.
Thomas nahm ihr gegenüber Platz. Sein Blick wanderte von Catherine zu Amelia. Sie musste sich wegdrehen. Es war alles zu viel für sie: das Verlangen, die Sehnsucht und die Tatsache, dass sie just in diesem Moment nicht in der Lage war, ihn zu bekommen.
Sie brauchte Ablenkung. » Wollte deine Schwester nicht auch mitkommen?« Offenbar glaubte sie, dass alle Mädchen in diesem Alter für nichts außer Einkaufsbummel und dergleichen lebten.
Catherine schob die Hände tiefer in den Muff und riss den Blick von den kahlen Bäumen mit den schneebeladenen Ästen los. Sie schürzte die Lippen. » Sie meinte, dass sie lieber ihr Buch zu Ende lesen will. Aber ich weiß genau, dass sie nur wegen Alex daheimbleibt. Alle wissen es. Das macht sie immer so.«
Thomas lächelte trocken. » Und das ärgert dich?«
» Ich finde es einfach schrecklich dumm. Alex wird sie niemals beachten. Außerdem ist er sowieso viel zu alt für sie.« Mit den zusammengezogenen Brauen und den zu einer dünnen Linie zusammengepressten Lippen ähnelte sie eher einer missvergnügten Porzellanpuppe als einem fröhlichen Mädchen.
Amelia verstand es nur zu gut, dass ein junges Ding wie Charlotte sich in den Lord mit dem rabenschwarzen Haar verliebte. Auch in London gab es viele Frauen, die ihn umschwärmten. Nicht auszudenken, wenn er auch noch der Titelerbe wäre.
» Nicht dass ich sie ermutigen möchte, aber so habe ich über Missy und Rutherford auch mal gedacht. Und jetzt sieh sie dir an. Sie warf das erste Mal ein Auge auf ihn, als sie gerade zehn Jahre alt war.« In Thomas’ Blick blitzte es belustigt auf, als er sich in den Samtpolstern zurücklehnte.
War das die Erklärung für die unverkrampfte Vertrautheit zwischen dem Ehepaar, die jeder Fremde beobachten konnte, wenn er sie nur ein paar Sekunden lang anschaute? Ob es ihnen jemals so ähnlich gehen würde? Amelia schaute nachdenklich zu Thomas hinüber.
» Ich finde es einfach nur dumm«, murmelte Catherine und drehte sich wieder zum Fenster. » Oh«, rief sie nach einer Minute Schweigen, » seht doch nur, wie hübsch die Straße aussieht!«
Zögernd lenkte Amelia ihren Blick zum Fenster. Die Kutsche ratterte über eine gepflasterte Straße, die bereits von Läden gesäumt war. Laternenpfähle waren festlich mit kleinen Kränzen und glänzend roten Bögen geschmückt, die für Weihnachtsstimmung sorgten.
Die nächsten Stunden verbrachten sie damit, nahezu jeden Laden in der Peascod Street aufzusuchen. Thomas wartete geduldig und aufmerksam und benahm sich wie der perfekte Kavalier. Wenn man mal davon absah, dass er sich zwischendurch einen glühenden Blick und hier und da eine verstohlene Berührung gönnte, was Amelias ohnehin gereizte Sinne in einen beständigen Alarmzustand versetzte. Catherine schien von alldem nichts zu bemerken, plapperte munter weiter und kreischte vor Vergnügen bei jedem hübschen Schmuckstück oder Zierband, das sie sah.
Amelia kaufte nur selten Weihnachtsgeschenke, musste nur selten welche kaufen. Ihr Vater sorgte dafür, dass die Dienerschaft in ihren Weihnachtspäckchen reichlich zusätzliches Geld entdeckte, um sich selbst etwas zu kaufen. Nur einmal, als sie gerade vierzehn geworden war, hatte sie von ihrem Taschengeld ein Geschenk für die Haushälterin Mrs. Smith und den Butler Reese gekauft, denn die beiden waren immer freundlich zu dem mutterlosen Mädchen gewesen. Was sie selbst betraf, so beauftragte der Marquess ihre Gouvernante damit, die Geschenke zu kaufen, sofern er überhaupt anwesend war.
Seit dem Tod ihrer Mutter würde es das erste Weihnachtsfest sein, das sie mit einer Familie verbrachte. Einer richtigen Familie. Der Gedanke wärmte ihr Herz, erfüllte sie
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