Lektionen der Leidenschaft: Roman (German Edition)
Was für ein Dummkopf er doch gewesen war! Verdammt, ich hätte es wissen müssen, schalt er sich, dass Harry Bertram ihn auszutricksen versuchte.
» Ach, übrigens, hast du den Punschkrug meiner Mutter gesehen?«
Amelia schüttelte den Kopf und starrte ihn mit leerem Blick an.
Vielleicht kannst du zuerst in der Bibliothek nachsehen. Ich glaube, ich bin vorhin dort gewesen, warum auch immer.
» Dann habe ich hier nichts mehr verloren.« Er verbeugte sich tief und wollte das Zimmer wieder verlassen.
» Thomas, bitte. Lass mich mit dir sprechen.« Es kam selten vor, dass Amelia eine Bitte äußerte.
Er blieb stehen, kehrte ihr aber weiterhin den Rücken zu. Sein Herz, das sich einen Teufel um seinen verletzten Stolz scherte, drängte mit aller Macht zu ihr. Doch er war noch nicht so weit. Schließlich hatte er ihr seine Liebe gestanden, ohne darauf die entsprechende Antwort zu erhalten. Eine Tatsache, die ein Mann vom Naturell des Viscount Armstrong nur schlecht wegzustecken vermochte.
Hinter sich hörte er ein gedämpftes Schluchzen und vor sich, draußen im Gang, ein anderes Geräusch. Amelia? Unmöglich, sie weinte doch nie, dachte Thomas und wollte hinausgehen, als er plötzlich vor seiner Mutter stand.
» Du wirst jetzt da wieder reingehen und mit dem Mädchen sprechen.« Der Ton ihrer Stimme erschreckte ihn. So befehlend und tadelnd zugleich hatte sie zuletzt in seiner Kindheit mit ihm gesprochen.
» Ich habe Amelia alles gesagt, was zu sagen wäre. Und ich möchte dich herzlich bitten, dich aus meinen persönlichen Angelegenheiten herauszuhalten. Ich bin alt genug, meine Entscheidungen ohne elterliche Einmischung zu treffen. Das gilt für Harry Bertram genauso wie für dich.«
Sie kam näher, den Mund missbilligend zusammengekniffen. » Ich weiß wirklich nicht, welches Verbrechen Amelia begangen hat, dass du sie auf diese Weise behandelst. Und es interessiert mich auch nicht. Ich weiß nur, dass sie sich in den vergangenen vier Wochen in den Schatten jenes Mädchens verwandelt hat, das vom Weihnachtsbesuch bei deiner Schwester zurückgekehrt ist. Sie schleicht durch das Haus wie eine verlorene Seele, springt jedes Mal auf, wenn jemand gemeldet wird, weil sie glaubt, du könntest es sein. Und immer wenn dein Name fällt, blickt sie gequält drein. Falls du es nicht um ihretwillen oder um deinetwillen tun willst, dann bitte geh um meinetwillen zu ihr. Rede mit ihr. Hör sie an. Vielleicht bist du ja vernünftig genug, um deinen Stolz zumindest zu mäßigen.«
Thomas war nicht ganz klar, wem er nun den Gefallen tun wollte oder sollte, doch er drehte sich um und kehrte in die Bibliothek zurück.
Amelias Kehle war wie zugeschnürt, als er die Tür hinter sich schloss. Ihre Augen brannten, und sie stieß erneut einen gequälten Schluchzer aus, aber die aufsteigenden Tränen unterdrückte sie. Sie musste sich damit abfinden, dass es für sie keine Hoffnung mehr gab.
Nach ein paar Minuten stand sie auf und wollte gehen. In diesem Moment öffnete sich die Tür, Thomas trat ein, ging hinüber zur Anrichte mit den Getränken und schenkte sich einen Drink ein, leerte das Glas in einem Zug. Erst dann drehte er sich zu ihr, blickte auf sie herab, die eisigen grünen Augen zusammengekniffen und die Lippen zu einem Strich zusammengepresst. Amelia, die sich gerne wieder aufs Sofa gesetzt hätte, blieb verschüchtert stehen; ihre Hände waren kalt und klamm.
» Ich bin nur auf den ausdrücklichen Wunsch meiner Mutter hier«, behauptete er frostig.
» Danke«, flüsterte sie heiser.
In der Bibliothek wurde es still.
» Ich warte«, stieß er ungeduldig und eine Spur verärgert aus.
Du lieber Himmel, er wollte wirklich, dass sie auf Knien vor ihm kroch. Allerdings glaubte sie nicht, dass ihr das helfen würde– sonst hätte sie es vielleicht getan. » Mein Vater war hier, und wir haben geredet.«
» Und was willst du mir damit sagen? Ich weiß sehr wohl, dass dein Vater hier nach Stoneridge Hall gefahren ist.«
Amelia schluckte schwer. » Er hat gemeint, dass du mich vielleicht gerne wiedersehen möchtest«, brachte sie mühsam hervor, bevor ihr Mut ganz in sich zusammenfiel. » Er sagte, dass du möglicherweise unglücklich seist…«
Ein kurzes, unfrohes Gelächter zerriss die Luft. » Und du bist tatsächlich so von dir eingenommen, das zu glauben? Nun, dann will ich dir klarmachen, was ich denke. Wenn ich überhaupt je unglücklich gewesen bin, dann gewiss nicht wegen unserer Trennung, sondern wegen
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