Lektionen der Leidenschaft: Roman (German Edition)
die Buchstaben TPA eingeritzt waren.
» Wofür steht das P?«, fragte Amelia, ohne lange nachzudenken, und tadelte sich erneut dafür, überhaupt irgendein Interesse an ihm zu bekunden.
» Phillip. So heißen die Männer in unserer Familie«, erklärte er.
Amelia wusste, dass sein Vater verstarb, als er etwa achtzehn war. Er stand also gerade auf der Schwelle zum Erwachsenenalter, als ihm Titel und Verantwortung zufielen. Wie bravourös er diese schweren Aufgaben bewältigte, das hatte ihren eigenen Vater zutiefst beeindruckt. Immer er und nicht ich, dachte sie voller Bitterkeit.
» Wir haben beide ein Elternteil in jungen Jahren verloren«, fuhr er fort und hielt ihren Blick fest.
Amelia schluckte und konnte nur nicken, während sie unauffällig versuchte, ihren Arm aus seinem Griff zu befreien. Es war ihr erheblich lieber, wenn sie einander ignorierten oder kleine Giftpfeile gegeneinander schleuderten. Das war weit weniger gefährlich als diese Vertraulichkeiten. Oder diese Nähe, wenn er so wie jetzt ganz dicht an ihrer Seite stand. Ja, es gab in der Tat viel beängstigendere Dinge an Thomas Armstrong als seine charakterlichen Mängel.
Seine Hand noch immer fest auf ihrem Arm trat Amelia einen Schritt von dem Baum zurück, dessen Zweige sich tief auf sie senkten. Sie stutzte, als der Viscount ein kleines Messer aus der Innenseite eines seiner kniehohen Lederstiefel zog.
» Los, schnitzen Sie Ihre Initialen in den Stamm.« Er hielt ihr den Metallgriff des Messers entgegen.
» Warum um alles in der Welt sollte ich das tun?« Amelia starrte das Messer an.
Seine Zähne blitzten weiß in seinem sonnengebräunten Gesicht, und ihr wurde so flau im Magen, als hätte er sie geküsst.
» Tun Sie eigentlich niemals etwas, nur weil es Ihnen Vergnügen bereitet? Gefällt Ihnen der Gedanke nicht, dass es irgendetwas gibt, das eine bleibende Erinnerung darstellt?« Seine Augen verdunkelten sich, während sein Blick an ihren Lippen hing und eine neuerliche Hitzewelle bei ihr auslöste.
» Nur selten«, erwiderte sie, und es klang ein wenig atemlos.
» Dann mache ich es für Sie.« Er nahm das Messer wieder an sich und schnitzte mit großer Sorgfalt die Initialen ARB unter die seinen.
» Woher wissen Sie…«
» Ihr Vater. Er hat lang und breit von Ihnen erzählt.«
Plötzlich durchflutete sie ein unsäglicher Schmerz, ebenso bitter wie lähmend. Mit einer Klarheit, die ihr seit ihrer Ankunft auf Stoneridge Hall weitgehend abhanden gekommen zu sein schien, rief sich Amelia in diesem Augenblick all die Gründe ins Gedächtnis zurück, warum sie Thomas Armstrong verabscheuen sollte. Vergessen waren die Momente während des Ausritts, als sie einander so selten nah waren.
Rose lautete ihr zweiter Vorname. Sie hieß so nach ihrer Mutter. Ihr Vater hatte nicht das Recht, über solch persönliche Dinge mit Fremden zu sprechen. Ganz besonders nicht mit ihm.
Die Wut verlieh ihr Kraft. » Ja, er vergisst zwar meinen Geburtstag und hat nicht die geringste Ahnung, welche Dinge mir wichtig sind. Er schiebt mich ab zu einem Mann, den ich lieber niederknüppeln als heiraten würde. Aber ich muss offenbar außerordentlich dankbar sein, dass er sich wenigstens an meinen vollen Namen erinnert.«
Thomas Armstrong riss die Augen auf, als hätte man ihn aus dem Hinterhalt überfallen, und schaute Amelia wie versteinert an. » Sie heiraten?«
Jede andere Frau hätte den verächtlichen Unterton, den er in diese zwei Worte legte, als Beleidigung empfunden.
» Ich? Nein, es geht um etwas ganz anderes. Jeder mit einem Funken Verstand kann durchschauen, was mein Vater im Schilde führt. Sie sind der Sohn, den er niemals hatte. Und wenn er Sie schon nicht sein eigen Fleisch und Blut nennen kann, dann würde er Sie gerne durch eine Ehe mit mir dazu machen. Um jeden Preis. Und falls Sie das nicht erkennen, dann tun Sie mir leid.«
Das Blut pochte heftig in seinen Schläfen. Er hielt die Hände dicht am Körper.
» Warum bringen Sie es fertig, dass ich die Freundlichkeit bedaure, mit der ich Ihnen heute begegnet bin.«
» Ha! Was heißt hier Freundlichkeit? Sie haben doch nur den Wünschen Ihrer Mutter entsprochen.«
Aus seinen Augen schienen grüne Funken zu sprühen. » Ja, ich nehme Rücksicht auf die Wünsche meiner Eltern. Was Ihnen allerdings vollkommen fremd zu sein scheint. Sie sollten sich eigentlich glücklich schätzen und nicht so undankbar sein. Immerhin legt Ihr Vater Wert darauf, Sie mit einem Gentleman verheiratet zu
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