Lektionen der Leidenschaft: Roman (German Edition)
erteilen– schon das bedeutete mehr Kontakt, als er wünschte.
Thomas machte sich nicht einmal die Mühe, den Brief zu lesen, denn er wollte nicht an alte Geschichten rühren. Genau wie der vorangegangene fand auch dieser Brief ein schnelles Ende in den lodernden Flammen des Kamins.
Amelia hörte, wie sich die vertrauten Schritte dem Arbeitszimmer näherten. Mit einem tiefen Atemzug bereitete sie sich auf die Begegnung vor.
Ihr Magen krampfte sich leicht zusammen, als sie ihn erblickte. Ganz in Blau gekleidet sah er wieder einmal außerordentlich attraktiv aus. Trotzdem verstand sie nicht, weshalb sie immer so heftig auf ihn reagierte. Schließlich besaß er nicht das einzige schöne Gesicht, das sie zu sehen bekam. Warum also um alles in der Welt?
Schweigend näherte sich Thomas ihrem Arbeitstisch, suchte nur ihren Blick und hielt ihn fest. Wenige Schritte neben ihr blieb er stehen. Unerklärliche Panik überfiel Amelia, die sie nur mühsam unter Kontrolle brachte.
» Wollen Sie etwa, dass ich noch mehr mache? Ich habe immerhin noch Unterlagen von gestern zu bearbeiten«, sagte sie mit einer hochmütigen Miene, die ihr zur zweiten Natur geworden zu sein schien.
» Freitagmorgen reisen wir mit meiner Mutter und meinen Schwestern nach London.« Die Stirnfalten und der strenge Zug um seinen Mund deuteten an, dass er über die Situation nicht allzu glücklich war.
» Wir? Ich soll Sie also begleiten?«
» Nun, ich kann Sie hier schließlich nicht sich selbst überlassen«, murmelte er mit einer Stimme, die so dumpf war wie seine Stimmung.
» Warum müssen wir beide fahren, wenn doch die Aussicht weder Ihnen noch mir behagt? Was genau glauben Sie, was ich tun werde, sobald Sie fort sind? Mit Ihrem Tafelsilber durchbrennen?« So viele Sätze wie jetzt hatten sie schon lange nicht mehr gewechselt.
» Nein. Aber es würde mich nicht wundern, wenn Sie einen der Diener zur gemeinsamen Flucht anstiften«, gab er bissig zurück.
Amelia stieg die Röte in die Wangen, denn er spielte auf den nicht standesgemäßen Joseph Cromwell an, obwohl dessen Vater zwei große Textilfabriken besaß. Sie bemühte sich, ihre Gereiztheit zu unterdrücken. » Ich dachte, Sie hätten inzwischen begriffen, dass ich mich vorwiegend für Kaufleute und mittellose Aristokraten interessiere. Und Sie, Mylord, sollten sich mit Äußerungen über Angehörige der bürgerlichen Schicht tunlichst zurückhalten. Ganz besonders deshalb, weil mir zu Ohren gekommen ist, dass Sie sich mit Frauen vergnügen, die– wie soll ich sagen– gewisse Dienstleistungen anbieten.«
Der strenge Zug um seinen Mund wich einem amüsierten Lachen. » Warum plötzlich so zurückhaltend, Prinzessin? Sie haben mich doch schon beschuldigt, jede Hure in ganz London zu kennen. Es ist höchste Zeit, dass ich diesen Irrtum richtigstelle. Denn entgegen Ihrer Annahme habe ich die Dienste einer Hure noch nie in Anspruch genommen.«
Amelia konnte sich ein Lachen kaum verkneifen.
» Warum sollte ich für etwas bezahlen, was ich auch anders bekommen kann?«
» Sie haben also keine Geliebte? Zahlen Sie nicht für deren Unterhalt?«
Der Viscount kniff die Augen zusammen. » Ich will doch hoffen, dass Sie eine Geliebte nicht mit einer gewöhnlichen Hure vergleichen wollen.«
» Nein, keineswegs. Nicht mit einer gewöhnlichen. Ich nehme an, dass eine Geliebte größere Chancen hat, einen gewissen Reichtum zu erlangen. Außerdem muss sie während der Laufzeit des Vertrags nur einen einzigen Mann bedienen. Ich vermute allerdings ebenfalls, dass die Kosten für ihren Unterhalt sehr hoch sind, deutlich höher jedenfalls als die Aufwendungen für eine Hure.«
Armstrong schwieg für einige Sekunden verblüfft, starrte sie mit verschlossener Miene an. » Du liebe Güte, damit scheinen Sie sich ja wirklich auszukennen. Denken Sie darüber nach, selbst in das Gewerbe einzusteigen?«
Obwohl eindeutig als beleidigende Provokation gemeint weigerte Amelia sich, den Köder zu schlucken. » Mag sein, dass ich noch jung bin. Aber das ist nicht das Gleiche wie naiv. Und es mag ebenfalls sein, dass man sich in der Gesellschaft nur hinter vorgehaltener Hand über solche Dinge unterhält. Nur sind sie trotzdem kein Geheimnis.«
Mit betonter Lässigkeit schob der Viscount die Unterlagen beiseite und setzte sich auf den Tisch, auf ihren Tisch, dabei ein Bein nur eine Handbreite von ihrem Arm entfernt, während das andere fest auf dem Boden stand.
» Es gibt nur eines, das teurer ist als eine
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