Lektionen der Leidenschaft: Roman (German Edition)
lag.
Die grauen Augen seines Freundes wurden kühl, als Thomas seinen Vater erwähnte. » Ja, nun, wie du weißt, verspüre ich nicht unbedingt den Wunsch, ihn zu sehen. Weder jetzt noch während der Feiertage«, äußerte er knapp.
Thomas wechselte rasch das Thema. Der Duke war der einzige Mensch, der den ausgeglichenen Cartwright in schlechte Stimmung versetzen konnte. So ging das schon seit mindestens zehn Jahren, doch Thomas hatte gelernt, nicht nach den Gründen zu fragen.
» Spielen Sie Karten?«, fragte Amelia.
Cartwrights Miene entspannte sich sofort. » Nicht um Geld, aber ich habe eine Schwäche für Blackjack. Und bin dafür bekannt, dass ich es auch mal mit Whist probiere.«
Thomas gefiel weder die Richtung des Gesprächs noch Alex’ plötzlich gelöste Miene. » Meinen Sie nicht, es wäre besser, wenn Sie sich ein wenig ausruhen würden? Sie sind schließlich gerade erst einigermaßen wieder auf dem Posten«, gab Thomas zu bedenken.
» Lord Armstrong, ich kann mir nicht vorstellen, dass ein harmloses Kartenspiel meine Gesundheit gefährdet«, erwiderte Amelia lachend.
» Trotzdem ist es besser, auf Nummer sicher zu gehen. Und ich bin überzeugt, dass Cartwright in keiner Weise der Grund dafür sein will, dass Ihr Zustand sich verschlechtert.«
Cartwright schaute ihn an, als wolle er ihn zum Duell fordern oder ihn zumindest auf die Lächerlichkeit seiner Worte hinweisen. Doch er lenkte ein und wandte sich wieder Amelia zu. » Ja, mir ist auch zu Ohren gekommen, dass Gesellschaftsspiele gefährliche Krankheiten hervorrufen können. Ich möchte keinesfalls, dass Sie einer solchen zum Opfer fallen.«
Cartwrights Spott war unverhohlen und unüberhörbar. Jeder am Tisch merkte, was hier vor sich ging. Glücklicherweise gab es jedoch keine taktlosen Kommentare.
» Nun, wenn die Herren meinen, ich sei zu zerbrechlich für ein Kartenspiel, dann sollte ich wohl besser ins Bett gehen. Ich fühle mich wirklich plötzlich ziemlich erschöpft.« Cartwright wollte aufstehen, aber Amelia hinderte ihn daran. » Oh, bitte bleiben Sie sitzen.«
Ein Lakai tauchte auf, um ihren Stuhl zurückzuziehen, während Thomas das Ganze missmutig beobachtete. Eigentlich hatte er keineswegs die Absicht gehabt, sie so früh zu Bett zu schicken und sich ihrer Gesellschaft zu berauben. Stumm saß er am Tisch, als sie ihre Samtröcke ordnete, und gab sich alle Mühe, den Gedanken daran zu verscheuchen, wie diese schmalen Hände sich zärtlich um ihn schlossen und über die nackte Haut seiner harten Muskeln glitten.
» Wir sehen uns morgen früh.« Ihr Blick suchte den seinen. » Das heißt natürlich, falls sich mein Zustand nicht verschlechtert hat.« In ihren saphirblauen Augen blitzte es spöttisch, in den Mundwinkeln zuckte ein Lächeln, das Thomas erst ins Herz und dann auf direktem Weg in den Unterleib fuhr.
Nachdem Amelia den Speisesaal verlassen hatte, flog sie förmlich die Treppe hinauf. Natürlich hatte sie nicht mit Cartwright Karten spielen wollen. Nein, es ging nur darum, Thomas zu provozieren, ihn zu einer Reaktion zu zwingen. Wer hätte jemals geahnt, dass sie zu den Frauen gehören könnte, die solche Eifersuchtsspielchen betrieben. Am allerwenigsten sie selbst. Und noch weniger hätte sie geglaubt, dass sie sich, als die Inszenierung wie gewünscht verlief, benommener und wackliger auf den Beinen fühlte als bei dem Fieber vor ein paar Tagen.
Es war fast schon eine Frage des Überlebens gewesen, den Speisesaal zu verlassen, um sich nur ja nichts anmerken zu lassen. Er mochte sie, und deshalb war er auf seinen Freund eifersüchtig. Mochte sie sogar so sehr, dass er nachts an ihrem Bett saß. Punktum, das war alles, was in diesem Moment zählte. Gleich morgen, beschloss sie, würden sie mit ihrer Beziehung noch einmal ganz von vorne anfangen.
Amelia schwebte wie auf einer Wolke, als sie auf dem Weg zu ihrem Zimmer unverkennbar die Laute einer Katze hörte. Sie drehte sich in die Richtung, aus der das klagende Miau kam, und sah ein Fellknäuel in den gegenüberliegenden Flügel des Hauses flitzen.
Innerhalb der Mauern von Stoneridge Hall lebten keine Tiere, da war sie sich ganz sicher. Bestimmt ein Streuner, der vor der Kälte Schutz suchte. Die arme Katze musste sehr hungrig sein. Amelia machte sich auf, sie zu suchen, und drang immer weiter in bisher unbekannte Winkel vor.
Sie lockte und flüsterte » Komm, Kittykitty, komm«, und fand das Tier zusammengekauert unter einem Tisch mit einem schweren Sockel.
Weitere Kostenlose Bücher