Lektionen (German Edition)
schwarzen Elastikgürtel hinzu.
«Wenn er mich seinen Kollegen vorführen will, warum soll ich dann nicht als seine Freundin gehen statt als Krankenschwester?», wollte Sarah wissen.
«Die Menschen sind komisch, Sarah. Du wirst noch herausfinden, wie sehr das zutrifft, wenn du für Classique arbeitest. Wir bekommen Gesuche nach Dingen, die nicht einmal ich verstehe.»
«Ach? Ich glaube nicht, dass ich irgendwas wirklich Abartiges tun könnte.»
«Wir sprechen nicht von ‹Abartigem›. Wir ziehen den Ausdruck ‹sexuelle Vorlieben› vor.» Sie schenkte Sarah ein wissendes Lächeln. «Und die hast du ganz sicher wie wir Übrigen auch. Vergiss nicht, ich gehe sehr sorgfältig dabei vor, Kunde und Begleiterin einander zuzuordnen. Du wirst nie etwas zu tun gebeten werden, was dir schwerfallen würde.»
«Aber wie finden Sie Mädchen für Kunden mit ‹sexuellen Vorlieben›, die wirklich, nun, anders sind?»
«Du würdest staunen, auf was für Sachen manche meiner Mädchen stehen. Beschweren tun sie sich bei mir höchstens darüber, dass ein Kunde nur Kuschelsex mag.»
«Und ich mag’s nur so, oder?»
«Wirklich? Wir werden ja sehen.»
Veronica hatte einen Termin für Sarah bei Carlo vereinbart, der im Erdgeschoss des Gebäudes einen Schönheitssalon betrieb. Am Sonnabend sollte sie sich bei Carlo für das «volle Programm» melden.
Als Sarah an jenem Sonnabend das Büro der Uni-Hilfskräfte verließ, wartete David auf sie.
«Ich lad dich zum Mittagessen ein», sagte er.
«Kann nicht, sorry.» Sie ging schnell, und er beeilte sich, um mit ihr Schritt zu halten.
«Warum nicht?»
«Hab zu tun. Was macht deine Erkältung?» Gewöhnlich konnte man darauf zählen, dass David sich durch eine Erkundigung nach seiner Gesundheit von jedem Gesprächsgegenstand ablenken ließ. Diesmal jedoch nicht.
«Vorbei. Sarah.» David griff nach ihrem Unterarm und hielt sie zurück. «Triffst du dich hinter meinem Rücken mit einem anderen?»
Autsch! Sarah wurde rot. «Nein.» Es stimmte sogar irgendwie, traf sie sich doch nicht mit «einem», sondern mit vielen.
«Und was liegt an?»
Sarah tischte eine Lüge auf, die auf einer Anzeige beruhte, die sie vor ein paar Tagen gelesen hatte. «Catering», platzte sie heraus.
«Catering?»
«Ich hab einen Teilzeitjob bei einer Cateringfirma gefunden und arbeite an den Wochenenden auf Hochzeiten. Wochentags kannst du mich aber immer noch ausführen.»
Er musste doch ihre fadenscheinige Geschichte durchschauen? Sarah sammelte sich innerlich für den Ausbruch der Empörung, der ihr jetzt sicher bevorstand.
«Verstehe.» David ließ ihren Arm los. «Okay.»
Erstaunlich. Anscheinend hatte erfolgreiches Lügen zur Hälfte mit dem Belogenen zu tun. David wollte sich der Wahrheit nicht stellen und schluckte lieber jeden noch so oberflächlichen Gegenentwurf, den sie ihm bieten konnte. Welch fesselnder Einblick in die menschliche Seele. In diesem Augenblick beschloss sie, ihre abschließende erkenntnistheoretische Hausarbeit diesem Thema zu widmen.
Sarah kniff David in die Wange und lief weiter.
Sie begab sich in die fachkundigen Hände von Carlo. Zum ersten Mal in ihrem jungen Leben unterzog sich Sarah einer Maniküre, Pediküre, Seetangpackung, Gesichtsmassage. Dazu das ganze Programm von Haarbehandlungen einschließlich blondierter Strähnchen, die sie sich immer sehnlich gewünscht, aber nie hatte machen lassen. Ihre Frisur selbst blieb auf ihr Beharren hin im Wesentlichen unverändert. Eine neue hätte David misstrauisch gemacht.
Er begann wirklich langsam, ihr im Weg zu stehen.
Sie verließ Carlos Salon mit herrlich glänzendem Haar und einem Gesicht, das von «sehr hübsch» in «einfach atemberaubend» verwandelt worden war. Vielleicht spielten ihr die rosa gefärbten Spiegel im Aufzug einen Streich, doch das glaubte sie nicht.
Veronica war nicht in ihrem Büro, aber Debra hatte das Krankenschwesterkostüm für Sarah. Die Empfangsdame bot keinerlei Rückzugsraum zum Umkleiden an und sah zu, während Sarah ihre Fremdenführergarderobe und die Unterwäsche aus- und ihre neue sexy Wäsche und die weißen halterlosen Strümpfe von DIM anzog. Halterlose Strümpfe! Kein Vergleich mit der Strumpfhose, die sie zum Highschool-Ball getragen hatte, als sie das letzte Mal Strümpfe angehabt hatte. Die halterlosen saßen bequem, waren sie erst einmal hochgerollt, und die Spitzenbänder sahen hübsch aus; noch hübscher wären sie in einer anderen Farbe als in Weiß.
Anfangs war
Weitere Kostenlose Bücher