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Lektionen (German Edition)

Lektionen (German Edition)

Titel: Lektionen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeline Moore
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einmal wollte sie ganz schnell nach draußen kommen, bevor sie zu riesig wäre, um noch durch die Tür zu passen.
    Sie rannte in die kalte Nachtluft hinaus und war wegen ihrer jähen Leibesfülle entschlossen, schnellstmöglich nach Hause zu kommen. «Ich bin seltsam», hatte sie zu dem hinreißenden jungen Barbadier gesagt, der Interesse an ihr gezeigt hatte. Wie lächerlich! Beinahe hätte sie sich mit Fäusten frustriert vor den Kopf geschlagen, hielt sich aber zurück aus Furcht, die anderen Fußgänger würden es sehen und denken: Huch, wie seltsam.
    «Nun, es stimmt», murmelte sie. Aha. Endlich sprach sie’s aus. Sie presste die Lippen zu einem schmalen, zornigen Strich zusammen. Sie war ein Callgirl. Veronica war ihr Zuhälter, wenngleich als quirlige Blondine. Nach wenigen Monaten war ihr neuer Beruf ebenso ein Teil von ihr geworden wie das Philosophiestudium, obwohl sie Letzteres seit Jahren betrieb. Christopher hatte von kritischem Denken gesprochen. Hatte sie es je auf ihre «Entscheidung» angewandt, Sex gegen Geld einzutauschen?
    Wenn sie nun auffliegen würde? Wie lange mochte es dauern, bis der ganze Campus darüber reden würde? Was war mit der Gesetzlichkeit dessen, was sie mit ihren Kunden tat, ganz zu schweigen von der Schicklichkeit? Sie könnte im Gefängnis landen!
    Sarah stampfte in ihren Vierhundertdollarstiefeln über das Pflaster. Sie beschleunigte ihre Schritte, bis sie beinahe rannte. Sie hatte damit gerechnet, Jack werde sich ihretwegen wieder melden, was er aber nicht getan hatte und sehr wahrscheinlich auch nie tun würde. Er hatte ihre Schulmädchen-«Nummer» genossen und ansehnlich bezahlt, und damit hatte es sich für ihn. Aus. Unterdessen hatte sie weiterhin die Rolle der verträumten, heiratsfähigen Jungfer gespielt. Das hieß, solange sie sich nicht an andere Männer vermietete. Wo lag die Logik in alledem?
    «Es ist noch nicht zu spät», flüsterte sie zum Trost vor sich hin. Wieder presste sie die Lippen entschlossen zusammen. Das war es doch nicht, oder? Keiner wusste es. Nichts hatte sich wirklich ereignet. Nur ein Ausgehabend mit ihren Freunden, ein paar Biere. Sie könnte Veronica (nicht mehr oder weniger als eine Zuhälterin!) anrufen, sobald sie zu Hause wäre, und das Ganze rasch beenden. Natürlich würde ihr das Geld fehlen und vielleicht auch die Erregung. Und es machte Spaß, verehrt zu werden, aber es war Christopher, der sie verehrte. Sie könnte David abservieren und sich mit Christopher einlassen, wenn sie das wollte, doch selbst das schien gefährlich. Nein, lieber raus aus dem Begleiterinnengeschäft, die Beziehung mit David kitten und einen Verlobungsring ergattern. Studium abschließen. Heiraten. Dann vielleicht unterrichten, Kinder kriegen.
    Sie bog um die Ecke. Als hätten ihre Gedanken ihn bestellt, stand David auf der Veranda des Hauses, in dem sie ihr Zimmer gemietet hatte. Kam er, oder ging er? Sarah duckte sich hinter einen Busch. David ging.
    Sie sollte ihm hinterherrufen. Ihm in die Arme laufen. Geh, drängte sie sich, geh. Aber sie blieb wie angewurzelt stehen. Ihm in die Arme laufen, und was dann? Ihn nach oben mitnehmen und mit ihm schlafen und sich nicht drum scheren, dass der Gedanke daran sie weder erregte, wie es der Gedanke an Jack tat, noch auch nur ihr Interesse weckte, wie es Christopher hatte?
    Er hatte David «muffig» genannt. Dafür konnte David nichts, ebenso wenig, wie sie etwas dafür konnte, sich körperlich unförmig zu fühlen, wenn ihr besonders unbehaglich zumute war. Trotzdem fühlte sie sich wirklich manchmal so, und David war in der Tat muffig.
    David. Ehe. Lehrerin sein. Babys. Nichts davon hatte einen Reiz. Nicht den geringsten. Also blieb sie, wo sie war, während David die Verandastufen herunterkam und in der Dunkelheit verschwand.
    Was war schon der Unterschied dabei, den eigenen Körper gegen einen Diamantring, eine große Feier und einen Haufen Kram einzuhandeln oder gegen kalte, harte Münze? Außer dass das eine lebenslängliche Verbindlichkeit erforderte und das andere nur eine Nacht? Herrje, keine leichte Aufgabe, die dummen von den klugen Gedanken zu trennen.
    Als David schließlich weg war, kam Sarah aus ihrem Versteck hervor. Sie fühlte sich nicht mehr feist, sondern einfach wie Sarah, wohlgeformt und allenfalls ein bisschen mager. Vielleicht sonderbar, aber ein Bauernopfer in diesem Spiel namens Leben war sie nie gewesen. Fortwährend hatte sie Entscheidungen getroffen, und daher fiel es nicht so schwer,

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