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Lelord, Francois

Lelord, Francois

Titel: Lelord, Francois Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hector
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Freunde nicht mit
seinem Gejammer zu behelligen!
    Hector schrieb
zurück:
    Ich liebe
Dich ... und jetzt gehe ich schlafen.
    Aber bevor
ihm die Augen zufielen, notierte er noch schnell:
    Beobachtung
Nr. 9: Einen wahren Freund betrübt dein Unglück so, wie ihn dein Glück erfreut.
     
    Hector begegnet einer sehr guten Freundin wieder
     
    »Ehrlich gesagt«, meinte Valerie, »so auf den ersten Blick
weiß ich es auch nicht.«
    Sie
betrachtete das Foto, auf dem Edouard inmitten der jungen Menschen zu sehen
war, die seine Schüler zu sein schienen.
    »Mein
erster Eindruck ist, dass es sich um eine sinotibetische ethnische Gruppe
handelt«, sagte Valerie und schaute Hector aus ihren hellen Augen an.
    Sie war
eine großgewachsene, blonde und sportliche junge Frau, und ihr schmales Gesicht
erinnerte Hector (der sich damit ein bisschen auskannte) an die
Mariendarstellungen auf den Bildern der altniederländischen Meister. Bloß dass
Valerie viel lächelte und Hectors bester weiblicher Freund war, auch wenn sie
einander nicht so oft sahen. Als Hector Medizin studiert hatte, war sie
Studentin der Sprachen des Fernen Ostens gewesen - zunächst des Chinesischen,
dann noch einiger anderer -, und hinterher hatte sie für die Kulturabteilungen
der Botschaften in jener Weltgegend zu arbeiten begonnen. Aber mit der Zeit war
sie des Lebens im Verwaltungsapparat überdrüssig geworden, denn Valerie bekam
oft Probleme mit ihren Vorgesetzten. Dabei war sie überhaupt nicht rebellisch
veranlagt, im Gegenteil, sogar sehr höflich, aber sie verstand es nicht, jene
diskreten Signale der Ehrerbietung und Bewunderung auszusenden, auf die Chefs
so großen Wert legen. Wenn man an einer solchen Unfähigkeit leidet, sollte man
besser nicht allzu lange in einer streng hierarchischen Organisation arbeiten,
es sei denn, man folgt in seiner Karriere einem Chef, den man aufrichtig
bewundert, aber das war Valerie nur ein einziges Mal vergönnt gewesen, und
danach war dieser Chef selbst versetzt worden, weil auch er seinen Vorgesetz ten jene
diskreten Signale vorenthielt, von denen wir gerade sprachen.
    Und jetzt
durchstreifte Valerie Asien auf eigene Kosten kreuz und quer, bis in die
entlegensten Regionen hinein, und kaufte ethnischen Minderheiten Kunstobjekte
ab, um sie an Sammler oder an Museen weiterzuverkaufen. Hector war klar, dass
sie dabei nie reich werden würde, denn weder wollte sie den Leuten, die ohnehin
arm waren, die Dinge für einen Spottpreis abkaufen, noch war sie harte
Geschäftsfrau genug, um sie den Leuten, die ohnehin schon reich waren, für einen
hohen Preis zu verkaufen. So kam es, dass Valerie von Verkäufern wie auch
Käufern sehr geschätzt wurde, und wenn sie bei den Leuten in den Dörfern ankam,
deren Sprache sie oftmals beherrschte, feierte man sie jedes Mal.
    Jetzt
saßen sie in Valeries kleiner Wohnung im obersten Stockwerk eines Hochhauses
(denn da sie die meisten Nächte in Pfahlhütten zubrachte oder manchmal sogar
unter freiem Himmel, wusste sie den Komfort eines modernen Wohngebäudes sehr
zu schätzen, in dem man nur den Fahrstuhl zu nehmen brauchte, um zu einem
schönen Schwimmbad zu gelangen).
    »Auf jeden
Fall scheint es unserem Freund nicht besonders gut zu gehen«, sagte Valerie.
    »Oder im
Gegenteil ein bisschen zu gut«, meinte Hector, dem von Neuem Edouards seltsamer
Blick aufgefallen war: Er schien von innen heraus zu leuchten.
    Valerie
studierte alle Einzelheiten der Fotografie, und Hector war sicher, dass sie
eine Eingebung haben würde. Wie reizend sie doch war! Valerie hatte immer
etwas von einer jungen Pfadfinderführerin - mit ihrem schnell losperlenden
Lachen, ihrer Begeisterung für das Leben und ihrer tief verwurzelten
Freundlichkeit. Hector wusste nicht, ob es gerade einen Mann in ihrem Leben
gab. Er wusste aber, dass sie es auch den Männern gegenüber nicht schaffte,
jene kleinen Zeichen von Ehrerbietung und Bewunderung auszusenden, für die sie
so empfänglich sind. Daran liegt es auch, dass es intelligenten und
unabhängigen jungen Frauen immer ein bisschen schwerer fällt, unter die Haube
zu kommen, denn wie soll es ein Mann schaffen, sich ihnen gegenüber wie ein
kleiner Supermann zu fühlen? Hector selbst hatte für solche Superfrauen etwas
übrig, und doch waren Valerie und er nie ineinander verliebt gewesen. Warum
eigentlich nicht? Wahrscheinlich war es eine Frage des Timings: Seit sie sich
kannten, waren sie niemals gleichzeitig ungebunden gewesen, und außerdem waren
sie mittlerweile

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