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Lelord, Francois

Lelord, Francois

Titel: Lelord, Francois Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hector
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rausbekommt«, erklärte Brice. »Was danach
passiert, machen der Kunde und das Mädchen untereinander aus.«
    Hector fragte
sich mit einiger Unruhe, was Brice ihm wohl für den Fortgang des Abends
vorschlagen würde. Ihm war aufgefallen, dass Lek und Nok Imitationen der
hübschesten und unaufdringlichsten Modelle von Chanel-Handtaschen trugen. Die
Rechtsabteilung des Modehauses hätte darüber sicher die Stirn gerunzelt, aber
gleichzeitig sagte sich Hector, dass Coco Chanel die Vitalität und der gute
Geschmack jener direkt von den Reisfeldern gekommenen jungen Frauen bestimmt
gefallen hätte.
    »Und, mein
Freund, was ist eigentlich das Ziel deiner Reise ins Land des Lächelns?«
    Hector schaute
Brice an und konnte plötzlich in diesem etwas dickbäuchigen Typ mit den müden
Augen, der, um jugendlicher zu wirken, ein rosa Poloshirt trug, wieder den
Freund ausmachen, den er schon so lange kannte.
    Er
erzählte ihm in groben Zügen von Edouards Verschwinden, vom Besuch Leutnant
Ardanarinjas und vom Erzengel Jean-Michel in seinem Hospital, aber was er
instinktiv unter den Tisch fallen ließ, war seine Reise in den Norden des Kontinents
und überhaupt alles, was Jean-Marcel anging, und dann hielt ihn auch etwas
davon ab, über Valerie zu sprechen. Dabei kannte Brice sie ja, aber als Hector im
Gespräch mit Valerie seinen Namen erwähnt hatte, hatte sie die Augen niedergeschlagen
und gesagt: »Noch so ein verlorener Freund.« Und tatsächlich fand Hector, dass
er Brice zwar vielleicht nicht aus den Augen verloren hatte (denn da saß er und
unterhielt sich mit Lek und Nok auf Thai und brachte sie zum Lachen), aber dass
Brice zumindest auf dem Wege dahin war, ihm als Freund verloren zu gehen.
    »Nok
findet dich ganz nach ihrem Geschmack«, sagte Brice.
    »Lek
übrigens auch, aber ich glaube, dass du mit Nok einen tollen Fang machen
würdest.«
    »Sag ihnen
bitte, dass ich sie zwar hinreißend finde, aber verheiratet bin.«
    Brice
übersetzte diese Worte, und Lek und Nok brachen beide in ein so schallendes
Gelächter aus, dass man alle ihre entzückenden Zähnchen sehen konnte.
    »Was
bringt sie so zum Lachen?«
    »Sie
denken, du machst Witze.«
    »Aber ich
bin wirklich verheiratet«, sagte Hector und zeigte seinen Ehering.
    »Nein, sie
glauben dir schon, dass du verheiratet bist, aber für sie ist das eine absurde
Ausrede, ein Witz, denn weshalb wärst du sonst wohl hier?«
    »Na, um
dich zu sehen.«
    »Ich weiß,
ich weiß ... Ich erkläre es ihnen gleich.«
    Lek und
Nok hörten Brice zu, und dann schauten sie Hector mit neuer Ernsthaftigkeit an
und grüßten ihn mit gefalteten Händen wie wohlerzogene junge Frauen, und das
waren sie ja auch.
    »Jetzt
wirst du sie noch mehr interessieren«, sagte Brice, »denn wovon sie träumen,
das ist ein treuer Mann und nicht so ein butterfly wie ich.«
    »Ein was?«
    »Na, ein
Schmetterling, der von Blüte zu Blüte flattert. Selbst die Mädchen aus der Bar
bevorzugen Kunden, die ihnen treu bleiben. Sie sind schließlich auch nur
Frauen, das darf man nie vergessen. Oder man kann es auch so sehen: Sie denken,
dass das Geld, das du für eine andere ausgibst, ihnen selbst durch die Lappen
geht. Aber so einfach ist es nicht immer.«
    Hector beobachtete,
wie wohl sich Lek und Nok an diesem Ort zu fühlen schienen und wie Brice es
schon wieder schaffte, sie zum Lachen zu bringen. Er sagte sich, dass es tatsächlich
nicht so einfach war. Und am Ende eines solchen Abends war es das dann doch.
    In diesem
Moment betrat ein alter Gentleman in Shorts den Pub.
Hector fiel auf, dass er Socken in den Sandalen trug, und an seinem Arm führte
er (oder stützte sie ihn?) eine etwas pummelige Frau, die die große Schwester
oder vielleicht die sehr junge Mutter von Nok und Lek hätte sein können. Als
sie Brice und seine Gäste erblickte, lächelte sie ihnen zu.
    »Da kommt
James«, sagte Brice, »und an seiner Seite, das ist Bee ...«
    James
drehte sich mit der gebotenen Vorsicht zu ihnen hin, lächelte und steuerte mit
kleinen Schritten auf ihren Tisch zu. Brice zog ihm einen Stuhl heran, während
Nok und Lek auf der Sitzbank zusammenrückten, um Platz für Bee zu machen.
    »Bei ihm
ist es was anderes«, flüsterte Brice, »er hat sie schon vor zwanzig Jahren
geheiratet. Und dabei war er damals nicht gerade ein Unschuldslamm ...«
    Trotz
ihres leichten Übergewichts und eines etwas zu üppigen Tattoos auf der linken
Schulter war die Gattin von James eine attraktive Frau; sie hatte ein warmes
Lächeln

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