Lelord, Francois
eine
eigene kleine Provinz geschaffen, denn ihre Kriegertradition und eine gerechte
Beteiligung an den Einnahmen ... aber jetzt wissen Sie ja schon, wie das
läuft.
Allerdings
war es kein guter Ort, um dreihundert Millionen Dollar so einfach auszugeben
oder auch nur zu verwalten. Außer natürlich, man hatte ein gutes
Satellitentelefon.
Er dachte
an Edouard und dann an Jean-Michel, und er sagte sich, dass er seine Beobachtung
Nr. 5 vielleicht ein wenig umschreiben
sollte:
Beobachtung
Nr. 5 b: Ein Freund ist jemand, dessen
Lebensweise du bewunderst.
Hector tut, was er kann
Maria-Lucia, die Assistentin der Lady, war klein und sehr
zierlich; sie hatte einen strahlenden und intelligenten Blick, der Hector an
die philippinischen Putzfrauen erinnerte, die er eines Tages in Hongkong dabei
beobachtet hatte, wie sie ihren Sonntag im Schatten der Bürohochhäuser
verbrachten, weil sie kein Geld hatten, ins Café zu gehen - sie schickten alles
ihren Familien nach Hause. Bestimmt musste auch Maria-Lucia von ihrem Gehalt
eine ganze Familie auf den Philippinen durchbringen.
»Es wäre
wunderbar, wenn Sie bis zum Ende der Dreharbeiten bleiben könnten«, sagte sie.
»Das hatte
ich so nicht vorgesehen.«
»Die
Produktionsleitung bittet dringend darum ...«
Als Hector
sah, welchen Komfort das Zelt bot (es hatte sogar eine generatorbetriebene
Klimaanlage), sagte er sich, dass er für einen Aufenthalt von zwei Wochen so
viel Geld verlangen könnte, wie er sonst in zwei Monaten mit seiner Arztpraxis
verdiente, und selbst Clara würde sich darüber freuen. Aber er fragte sich, ob
die Lady so glücklich über seine Anwesenheit wäre, wenn diese ihr
offensichtlich von den Filmproduzenten auferlegt worden war. Bei jenem
denkwürdigen letzten Telefongespräch vor Hectors Eintreffen hatte sie zunächst
gesagt, sie wolle ihn sehen, dann gemeint, sie habe es satt, mit ihm zu
sprechen, und schließlich befunden, die ganze Sache bringe sowieso nichts - und
das alles im Zweiminutenabstand. Bei so etwas musste man als Psychiater auf
seine Rolle achten. Außerdem war Hector ja eigentlich hergekommen, um Edouard
zu suchen, und nicht um der Lady das Händchen zu halten.
»Ich werde
mit ihr darüber reden«, sagte Hector. »Auf jeden Fall habe ich hier in der
Gegend noch eine kleine Reise vor, aber auf dem Rückweg könnte ich ja noch mal
vorbeischauen.«
Als er
diese Worte aussprach, wurde ihm klar, dass er nicht die geringste Ahnung davon
hatte, wie er diese »kleine Reise« bewerkstelligen sollte.
Der
Vorhang des Zeltes wurde hochgehoben, und ein Mann und eine Frau traten ein.
Sie waren noch recht jung, sahen unverkennbar britisch oder amerikanisch aus
und wirkten erschöpft. Ann und George, so hießen sie, waren die verantwortlichen
Produzenten. Eigentlich waren sie wohl ausgeglichen und überaus distinguiert,
und Hector hätte sich gut vorstellen können, mit ihnen in einer edlen Bar der Upper
East Side zu plaudern, aber in diesem Moment standen sie am Rande eines
Nervenzusammenbruchs.
»Werden
Sie ein paar Tage bleiben können?«, fragte Ann, und es klang so, als erwartete
sie schon das nächste Problem.
»Wissen
Sie, zunächst muss ich auf eine kleine Reise gehen ...«
Ann und
George schauten ihn konsterniert an.
»Ich
glaube, wir sollten uns hier nicht in ihrer Abwesenheit versammeln«, sagte MariaLucia.
Hector war
ganz ihrer Meinung und schickte sich an zu gehen, aber da hob sich der Vorhang
des Zeltes erneut, und Brice kam herein. Er wirkte ziemlich fit und hatte, wie
es Hector schien, schon ein wenig abgenommen.
Hector stellte
alle einander vor, und in diesem Moment kam ihm ein Einfall. »Mein exzellenter
Kollege Brice könnte ja hierbleiben! Natürlich nur, wenn er sich mit unserer
Freundin versteht...«
Ann und
George blickten Brice hoffnungsvoll an.
»Ob das so
eine gute Idee ist?«, sagte Brice. »Sie hat schon eine Übertragung zu meinem
lieben Kollegen Hector aufgebaut, und da scheint es mir schwierig, einfach so
zu übernehmen.«
Hector war
überrascht, denn er hatte gedacht, dass sein Freund einen solchen Vorschlag
entzückt aufgreifen würde.
Er freute
sich, dass Brice es trotz seines brennenden Wunsches, der Lady zu begegnen,
doch vorzog, mit Hector gemeinsam auf die Suche nach Edouard zu gehen. Ein Freund
ist jemand, der sich Sorgen um dich macht, dachte er.
Da schob
sich der Vorhang des Zeltes schon wieder hoch, und die Lady erschien auf der
Bildfläche. »Findet hier gerade eine Konferenz über
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