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Lelord, Francois

Lelord, Francois

Titel: Lelord, Francois Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hector
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auf den Armen, die
gekreuzt über der Seitenstange des Bettes lagen. Er merkte nicht einmal, dass
Hector hereingekommen war.
    »Brice!«
    Brice
richtete sich auf und sah Hector an. Er hatte geweint. »Lek ...«, sagte er und
wies auf die schlafende Frau.
    Dann
folgten die Erklärungen. Wie eine Beichte, dachte Hector, während er schweigend
danebenstand und nur hin und wieder nickte, wenn Brice noch ein bisschen mehr
von seiner Geschichte preisgab.
    Nach
seiner Rückkehr hatte er die Bar, in der Lek tanzte, gemieden; er war mit
anderen Mädchen fortgegangen. Sie hatte davon erfahren und ihn unbedingt
treffen wollen. Es hatte eine Auseinandersetzung gegeben, und Lek hatte
begriffen, dass sie unter all den Nummernmädchen auch nur eine Nummer war.
    »Meine
kleine Lek ...«, sagte Brice und streichelte der schlafenden jungen Frau die
Wange. Dann flüsterte er Lek Worte zu, die sie nicht hören konnte. Hector
schaute es schweigend mit an. Er dachte an einen Satz, den Brice am Abend ihrer
Begegnung im Dolly Dolly ausgesprochen hatte: »Sie sind
schließlich auch nur Frauen, das darf man nie vergessen.«
    Brice aber
musste es ganz vergessen haben.
     
    Hectors Kampf
     
    Warum habe ich mich auf diese Begegnung eingelassen,
dachte er, während der Bug des Bootes das schwarze Wasser durchschnitt und die
fantastische, erleuchtete Silhouette der Großen Stupa vom Tempel der
Morgendämmerung strahlend in den nächtlichen Himmel ragte - wie ein
tausendjähriges Monument, das die Bewohner eines anderen Planeten dort
errichtet hatten.
    Natürlich
war er gekommen, um etwas über Leutnant Ardanarinjas Absichten zu erfahren und
über ihre eventuellen neuen Auftraggeber. Waren Edouard und er in Sicherheit?
Und Clara und Petit Hector? Laut Jean-Marcel durfte er das bestenfalls hoffen.
Und dann wollte er auch wissen, wie es mit Harald stand, über den Leutnant
Ardanarinja vielleicht Informationen hatte.
    Die
Stahlseile einer Hängebrücke hoben sich wie goldene Strahlen gegen die Nacht
ab. Es war spät, und die Sitzbänke auf dem Schiff, einer Art Wasserbus, der an
jeder Anlegestelle am linken und rechten Ufer hielt, waren fast leer. Drei
Mönche verharrten schweigend unter dem Neonlicht der Deckenleuchten,
Büroangestellte in ihrer Dienstbekleidung plauderten miteinander - junge
Leute, die in ihre Vorstädte hinausfuhren und sich Zärtlichkeiten
zuflüsterten. Hector fragte sich, ob sie vor lauter Gewohnheit noch spürten,
was für ein Vergnügen eine solche Flussfahrt war. Er jedenfalls war glücklich,
wenn er die glanzvollen Zeugnisse aller Epochen an sich vorbeiziehen sah -
Tempel, alte Wohnhäuser und Paläste, zinnenbewehrte Festungen aus früheren
Jahrhunderten, mit Lichtgirlanden geschmückte chinesische Pagoden, Patrizierhäuser
zwischen riesigen Bäumen, auf Pfählen ruhende Baracken, die zum Fluss hin
offen waren und in denen man Familien beim Abendessen sah. Lauter romantische
Ansichten, die in einem wunderbaren historischen und sozialen Sammelsurium vor
der Kulisse der Tropennacht aufeinanderfolgten.
    Beim
nächsten Halt brauchte sich Hector nicht einmal umzudrehen; er wusste auch so,
dass sie gerade über das Heck an Bord des Schiffes gekommen war. Profis handeln
rational und halten ihre Verabredungen ein. Und da kam sie auch schon heran -
in einem Hosenanzug, der ein bisschen aussah wie die Bürokleidung einer
Bankangestellten. Er hätte ihr ein unauffälliges Aussehen verleihen können,
aber ihr selbstsicherer Schritt und ihr hübscher Kopf, den sie stolz erhoben
trug, verrieten doch, dass in dieser neuen Uniform keine gewöhnliche
Angestellte steckte.
    »Welche
Freude, Sie zu sehen«, sagte Hector, der sich erhoben hatte und sie bat, sich
neben ihn zu setzen.
    Er hatte
eine Holzbank gewählt, die am vorderen Rand genau hinter dem Platz des
Kapitäns lag und von der aus man zum Heck hin schaute. So hatten sie alle
anderen Passagiere im Blick, denn die schauten in Fahrtrichtung.
    Zunächst
saßen sie eine Weile da, ohne etwas zu sagen. Am Ufer tauchte über den Bäumen
golden strahlend der Königspalast auf.
    Zum
zweiten Mal spürte Hector die ganz nahe körperliche Präsenz von Leutnant
Ardanarinja. Sie strömte eine Energie aus, die ihm Unbehagen bereitete; er
hatte den Eindruck, dass er vielleicht keinen kühlen Kopf bewahren könnte. Er
rückte ein wenig von ihr ab, um sie besser anschauen zu können, ihr Profil
eines Filmstars, ihre Lippen, die ganz leicht zu einem Lächeln verzogen waren,
das ihm ironisch vorkam.

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