Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lemberger Leiche

Lemberger Leiche

Titel: Lemberger Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Ramge
Vom Netzwerk:
Spaziergänger aufmerksam wurden, beschloss Steffen schließlich, seine Oma zum Tatort, wie sie das Feuerbacher Naturdenkmal Kotzenloch bereits nannte, zu begleiten.
    Nutella fiepte unter der Bank, aber Steffen befahl ihm »Kusch!« und Irma befahl er: »Häng ihn an die Leine!«
    Fünf Minuten später guckte Steffen über die steil abfallende Mergelwand ins Kotzenloch und sah die Bescherung. Natürlich waren Frau Eichhorn und auch Irma mit Nutella nachgekommen. Sie blieben aber bei Oma Katz auf dem Weg stehen, von dem aus Steffen über einen Trampelpfad bis dicht an den Kraterrand hinuntergestiegen war.
    Oma Katz rief: »Pass uff, Bua, fall net nei en des Deifelsloch!«
    Irma kletterte zu Steffen hinunter.
    Ihre Mutter schrie: »Um Himmels willen, Kind, mach kein dumm Tüch!«
    Katz zeigte hinunter auf den überwachsenen Grund. Aus dem Blättergewirr ragte ein Arm hervor. Ein weißer Arm mit einer Hand, die zu winken schien.
    Irma sagte: »Da hat jemand eine Schaufensterpuppe ins Naturdenkmal geschmissen!«
    Nutella zerrte an der Leine und winselte.
    »Wenn Nutella winselt, liegt do koi Schaufenschterpüpple«, sagte Katz. »Des Hondle riecht was. Wahrscheinlich hängt an dem Arm no Verschiedenes dra.«
    Nach kurzer, leiser Konferenz beschlossen Katz und Irma, Polizeiverstärkung anzufordern. Da die Leiche auf dem Grund des Kotzenlochs lag, mussten sie wohl oder übel die Kotzenlochstaffel wieder hinuntersteigen. Das nun war Mama Eichhorn und Oma Katz nicht zuzumuten. Es gab dann eine ziemlich lange Debatte, bevor sich die beiden Damen bereiterklärten, die Wanderung über den Feuerbacher Höhenweg vorläufig allein anzutreten. Frau Eichhornschulterte Irmas Rucksack mit dem Proviant, und Oma Katz nahm Nutella an die Leine.
    »Emmer dr Nas nach«, sagte Katz zu seiner Oma.
    »Es geht leicht bergab. Mit Superaussicht. Und vielen Bänken zum Ausruhen«, sagte Irma zu ihrer Mama.
    Also marschierten die Damen los. Eine mit festen Schritten in deftigen Wanderschuhen und kerzengerade wie ein Gardeoffizier, die andere klein, mollig und adrett, auf Absätzen nagelneuer, inzwischen blasenreibender Pumps humpelnd.
    Mama Eichhorn sagte: »So ein Gedöns wegen einer Leiche.«
    Oma Katz sagte: »Da semmer en an Mordfall neidappt. Ond nu müsse mer hier alloi romdappe.«
    Darauf Mama Eichhorn: »Ich bin ganz tüdelig.«
    Oma Katz seufzte und schritt zügig aus. »Bittre Pille mueß mer tapfer schlucke ond net lang verbeißa.«
    Mama Eichhorn sagte: »Ihr Steffen und meine Irma sind ja keine Dösbaddel. Die werden schon zu Potte kommen.« Sie zog die Pumps aus, humpelte ein paar Schritte barfuß und steuerte die nächste Bank an.
    Oma Katz ließ sich neben ihr nieder und sie kamen überein, gleich mal nachzusehen, was in Irmas Rucksack steckte. Einträchtig mampften sie belegte Laugenweckle und tranken dazu Apfelsaftschorle. Gemeinsam freuten sie sich an dem verwilderten Märchenwald, der sich hinter ihnen, und der schönen Aussicht, die sich vor ihnen auftat. Es war ein schattiger, angenehm kühler Platz. Das fand auch Nutella, und irgendwann schnarchten alle drei um die Wette.
    Während Irma und Steffen die Kotzenlochstaffel herunterliefen, stellten sie fest, dass der Arm mit der winkenden Hand von der Treppe aus nicht zu sehen war.
    »Da musste erst Nutella von oben in diese Grube schnuppern, um das seltsame Ding zu entdecken«, sagte Irma. »Bist du sicher, Steffen, dass der Arm nicht doch zu einer Schaufensterpuppe gehört?«
    »Absolut sicher. Deswega ruf i jetz em Schmoll a.«
    Katz lehnte sich ans Geländer und zog sein Handy aus der Tasche. Er musste es ziemlich lange klingeln lassen, bis Schmoll abnahm.
    »Hallo, Chef. Tut mr echt leid, aber mer henn hier a Leich.«
    »Wer wir?«
    »Irma und ich.«
    »Und wo liegt die Leiche?«
    »Am Lemberg. Mer ganget jetzt zur Goslarer Stroß nonter und warte am Parkplatz bei der Altenwohnanlage Lindenbachsee auf Verstärkung.«
    Schmoll stand auf der Leitung. Offensichtlich schien er noch halb zu schlafen. Er murmelte: »Altenwohnanlage? Da liegen meist nur Leichen rum, die ein natürlicher Alterstod dahingerafft hat!«
    »De Leich liegt net in dene Altenwohnunge«, erklärte Katz. »Se liegt em Kotzeloch.«
    »Du meinst die Mergelgrube am Lemberg?«
    »Ja.«
    »Wie romantisch!« Schmolls verschlafene Stimme festigte sich und er brüllte los: »Was zum Teufel treibt ihr am Kotzenloch?« Er wartete die Antwort nicht ab, sondern schnauzte weiter: »Ich find’s jedenfalls zum Kotzen,

Weitere Kostenlose Bücher