Lemberger Leiche
gschriebe hat, fehlt.« Katz zog einen Stapel mit dreizehn CDs, einer Gesamtaufnahme von
Der Ring des Nibelungen
, aus dem Regal und murmelte: »Rheingold. Walküre. Siegfried. Götterdämmerung.«
»Ich war noch nie in einer Wagner-Oper«, sagte Irma.
Das klang nicht, als ob ihr diese Bildungslücke peinlich wäre. Es klang ablehnend und trotzig.
Katz grinste. »I scho. Freiwillig gezwunge. – Als mei Oma no Statistin em Opernhaus gwä isch, da musst i en jede Generalprob, weil des nix koscht het.« Er hielt Irma eine DVD unter die Nase. »Falls du den Walküreritt net nur höre, sondern au sehe willscht, schieb i dir des Teil in de Fernseher.«
Irma schüttelte den Kopf. Die Härchen an ihren Armen stellten sich auf, als sie an die Musik dachte, die eben durch Frau Kurtz’ Haus gerast war.
Als am Nachmittag die Durchsuchung beendet war und die Ermittler ins Präsidium zurückkamen, stand bereits fest, dass die Fingerabdrücke in Frau Kurtz’ Haus zu Erik Raabe gehörten. Alle anderen Abdrücke stammten von Frau Kurtz, sie waren identisch mit denen, die man an ihrem Schreibtisch in der Bank sichergestellt hatte.
Während die Kollegen nach der gemeinsamen Besprechung schon in die Kantine gegangen waren, sah Irma, wie Schmoll in Fahndungsfieber geriet.
Nachdem er ein paar Mal im Raum auf und ab getigert war, fasste er seine Entschlüsse zusammen, indem er sie Irma so energisch und laut kundtat, als hielte er eine Volksrede: »Du bist die geeignete Person, die auf Mallorca nach Frau Kurtz fahnden wird. Du hast dich bei solcherlei Auslandseinsätzen bewährt. Zudem bist du ganz wild darauf, nach Mallorca zu fliegen. Auch wenn mir deine Gründe dafür nicht ganz in den Kram passen, werde ich darüber hinwegsehen. Dass du jemanden wie diesen Leo kennst, der fließend spanisch spricht und sich auf der Insel auskennt, ist auf alle Fälle günstig für die Ermittlungsarbeit.«
Irma nickte. »Dann rede mit dem Staatsanwalt. Ich hol uns inzwischen Kaffee.«
Schmoll griff zum Telefon und wollte den Staatsanwalt anrufen. Doch bevor die Verbindung zustande kam, legte er seine Stirn in Falten und den Hörer zurück. Er zweifelte plötzlich. Waren Erik Raabes Fingerabdrücke in Frau Kurtz’ Wohnung Grund genug, ihr seine Ermordung zu unterstellen? Würde die Staatsanwaltschaft bei der jetzigen Beweislage, die nur auf Indizien basierte, beim BKA einen internationalen Haftbefehl beantragen? Schmoll war sich ziemlich sicher, dass ihm der Staatsanwalt nahelegen würde,erst einmal abzuwarten, ob Frau Kurtz nach ihrem Urlaub womöglich freiwillig nach Stuttgart zurückkam.
Es ist einfach noch zu früh, dachte Schmoll. Da Spanien Schengenstaat ist, werde ich zu gegebener Zeit ohne Aufschub die Amtshilfe bekommen. Nur nichts überstürzen!
Schmoll gestand sich ein, Irmas Hypothese immer noch nicht so richtig zu trauen. Diese kleine Schwester beziehungsweise der kleine Bruder oder Freund, oder was auch immer Erik Raabe für Brünnhilde Kurtz gewesen war, und das zwielichtige Leben, das er vorher geführt hatte, schien Schmoll zu undurchsichtig. Er wollte nicht riskieren, einen Fehlalarm einzuleiten. Andererseits wollte er Irma die Chance geben, der Sache auf den Grund zu gehen.
Als Irma mit dampfenden Kaffeebechern zurückkam, sagte Schmoll: »Die spanische Amtshilfe hat noch Zeit. Aber du fliegst trotzdem nach Mallorca, Eichhörnle. Dort nimmst du die Dame unauffällig unter die Lupe!« Er grinste hinterhältig. »Nebenher kannst du gleich deinen Fitnesstrainer observieren, ob er sich auch nicht mit schönen Urlauberinnen einlässt. – Um diesen Job beneide ich ihn!«
»Leo arbeitet auf Mallorca als Fitnesstrainer, weil er in Deutschland keine Anstellung als Sportlehrer bekommt«, stellte Irma klar.
Schmoll räusperte sich und begann ihr seinen Plan, den er soeben ausgetüftelt hatte, zu erklären: »Du fliegst morgen früh. Sobald du das Hotel gefunden hast, in dem die Dame Quartier bezogen hat, mietest du dich dort ein und beobachtest sie. Frag auch das Personal aus.«
»Ohne Amtshilfe der Spanier kann ich Frau Kurtz unmöglich finden. Ich hab keinen Zugang zu irgendwelchen Meldedaten der Hotels und außerdem kann es sein, dass sie gar nicht in einem Hotel wohnt, sondern sich auf einer Finca in einer gottverlassenen Gegend versteckt hält. Wenn sie das auf dem Kerbholz haben sollte, was wir vermuten, hätte sie verdammt nötig, erst mal abzutauchen.«
»Stell dich nicht so an. Du hast doch schon ganz andere Sachen
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