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Lemberger Leiche

Lemberger Leiche

Titel: Lemberger Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Ramge
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und wir fahren jetzt sofort aus dieser touristisch-sozialen Talsohle an Mallorcas Schickeria-Gestade.«
    Ehe sich Irma versah, saß sie wieder in einem Bus. Diesmal in einem Linienbus. Nach nur zwei Kilometern erreichtensie Illetas. Auch hier waren die Hänge dicht bebaut, aber nicht mit Bettenburgen, sondern mit komfortablen Appartements und Villen, die sich zwischen Pinien und Palmen schmiegten. Der angrenzende Nobelort hieß Bendinat.
    Line zeigte im Vorüberfahren auf ein Hinweisschild, auf dem
Lindner-Hotel
stand. »In diesem Wellness-Tempel arbeitet Leo«, sagte sie. »Auf der Rückfahrt steigst du hier aus. – Jetzt zeige ich dir den Yachthafen Porto Portals. Dort, in den Gefilden der Reichen und Schönen, wird der Luxus zur Schau gestellt. Wir werden die Kaimauer entlangschlendern und unseren sozialen Neid pflegen. Danach gehen wir was essen. Willst du ins
Tristan

    »Falls diese Kneipe nach dem Tristan von der Isolde benannt ist und dort womöglich musikalische Berieselung geboten wird – mit Wagner-Opern habe ich zurzeit gewisse Probleme.«
    Line lachte. »Das
Tristan
ist ein Nobelrestaurant. Es gehört dem deutschen Sternekoch Gerhard Schwaiger.«
    »Nie davon gehört«, sagte Irma. »Glaubst du wirklich, ich habe Lust auf Nobelrestaurants und Sterneköche?«
    »Ich wollte dich ja nur informieren«, sagte die angehende Reiseleiterin Line. »Ich werde dich in ein hübsches kleines Lokal mit erschwinglichen Preisen führen.«
    »Eigentlich bin ich dienstlich hier und nicht zum Einkehren in hübsche kleine Lokale«, sagte Irma.
    »Daran, dass die Frau Kripokommissarin ihr Pflichtbewusstsein nicht zügeln kann, habe ich auch schon gedacht.« Line klopfte auf ihre Tasche. »Wir werden nebenher mein Material durchnehmen. Ich hab dir eine übersichtliche Inselkarte und einen Land- und Leuteführer mitgebracht.«
    Kurze Zeit später saßen Irma und Line in einem kleinen Terrassenrestaurant mit Blick auf den Hafen.
    »Oh nein«, sagte Irma, während sie den ersten Schluck eiskaltes »agua con gas« nahm und sich genüsslich über die Tapas hermachte, die Line mit Fachkenntnis ausgesucht hatte.»Oh nein – das ist ja irre, wie sich da unten die Millionenyachten drängeln. Der Hafen sieht aus wie eine Autozentrale, wo die Limousinen in Reih und Glied zum Verkauf stehen. Auf was warten die eigentlich?«
    »Wer?«
    »Die Yachten.«
    Line kicherte. »Diese Luxusdinger liegen hier halt rum. Ihre Besitzer verlangen nicht viel mehr von ihnen, als stolz auf sie sein zu dürfen. Die meisten der Edelkähne werden nur einmal im Jahr benutzt. Vielleicht wenn ihr Eigner eine neue Freundin beeindrucken will.«
    Irma knurrte: »Geldsäcke!«
    Trotzdem fand sie es herrlich hier oben. Sie genoss die Aussicht übers Meer und auch den spanischen Eintopf aus Reis, Lammfleisch und Gemüse. Lines Geplapper und der Blick über die Bucht ließen Irma die Zeit vergessen. Sie entspannte sich und blickte nicht mehr so oft auf die Uhr. Aber als ihr der Kopf auf die Brust fiel und sie fast eingeschlafen wäre, riss sie sich am Riemen und schüttelte ihre wohlige Trägheit ab.
    Sie sah nach der Uhr, erschrak und fragte Line: »Hattest du nicht gesagt, Leo käme gegen vier Uhr von dem Ausflug mit diesen Aerobic-Leuten zurück?«
    »Ich denke, eher früher, damit seine Damen sich noch frisch machen können, bevor sie ihren Fünf-Uhr-Tee nehmen.
    »Seine Damen! Hoffentlich stör ich ihn nicht«, sagte Irma bissig.
    »Red keinen Nonsens, Irma. Er freut sich auf dich wie ein Steckenpferd.«
    »Honigkuchenpferd«, korrigierte Irma mürrisch.
    »Nimm doch nicht alles so genau.«
    Sie fuhren mit dem nächsten Bus zurück.
    Um halb vier stieg Irma vor dem Hotel
Lindner
aus und Line winkte und rief: »Bis bald dann und grüß mir meinen großen Bruder!«
    Irma betrat das riesige Hotelareal, marschierte zum Eingang der Empfangshalle und durchquerte einen ziemlich düsteren Raum, in dem alles, von den Möbeln bis zu den Bildern an den Wänden, auf Kolonialzeit getrimmt war. Auch der Hotelgarten war in afrikanischem Flair gestaltet. Die darin verteilten Sauna- und Fitnessgebäude waren Rundhütten nachempfunden, aber hochmodern ausgestattet. Es gab einen Beauty- und Spa-Bereich mit allen einschlägigen Angeboten. Dazu Fitness-Oasen mit Ausdauer- und Kraftgeräten, mehrere Pools im Garten und in Hallen, und Gaststätten, die afrikanische Spezialitäten anboten. Direkt an dieses kolonialistische Ambiente, das, wie Irma fand, den mediterranen Charme der

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