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Lenas Flucht

Lenas Flucht

Titel: Lenas Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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knapp an ihr vorbei und verschwand um die nächste Ecke.
    Lena fiel beinahe auf die Person, die sie zurückgerissen hatte. Als sie sich umdrehte, stand hinter ihr ein unbekanntes Mädchen mit Sonnenbrille und einem Lederkäppi, unter dem langes schwarzes Haar auf die Schultern fiel.
    »Haben Sie vielen Dank!« Lena versuchte zu lächeln.
    »Keine Ursache!« entgegnete das Mädchen und lächelte zurück.
    Ein Martinshorn ertönte, und über den Platz raste ein Polizeiwagen. Offenbar jagte er den roten Jaguar.
     
    Sweta folgte Lena in eines der Gebäude der Columbia University bis zu der Etage, die die Journalistin ansteuerte. Dann schaute sie sich nach der Damentoilette um.
    Sie schloß sich ein, nahm Brille, Perücke und Käppi ab und verstaute alles in ihrer Tasche. Vor dem Spiegel fuhr sie sich durch das kurze blonde Haar und fragte eine junge Chinesin, die sich neben ihr die Hände wusch, in welchem Hörsaal der Vortrag der russischen Journalistin stattfinde.

Neunzehntes Kapitel
    Boris Simakow wurde von seinem Telefon geweckt. Als die bekannte Stimme im Hörer erklang, sprang er aus dem Bett und stand stramm. Auf diesen Anruf wartete er seit Tagen. Er hatte sich kaum von seinem Apparat zu entfernen gewagt.
    »Grüß’ dich, Boris! Wie geht’s? Ich habe eine Bitte an dich. Kannst du feststellen, wann in eurer Abteilung künstliche Wehen ausgelöst wurden und welcher Arzt das jeweils vorgenommen hat?«
    »Wie schnell soll das gehen?«
    »Ich brauche die Information sofort. Mit allen Einzelheiten. Ich warte auf deinen Rückruf.«
    Bei seinem Anblick brach seine Frau in schallendes Gelächter aus: Boris – in der weiten Pyjamahose, aus der seine behaarten Beine schauten – stand immer noch stramm, als sei er auf dem Exerzierplatz.
    Als Andrej Iwanowitsch eine Stunde später Simakows ausführlichen Bericht entgegennahm, meinte er aufgeräumt: »Also, mein Freund. Die Sache ist klar. Willst du eine Abteilung in deinem Krankenhaus übernehmen?«
    »Und was wird mit …?« stammelte er verwirrt.
    »Amalia Petrowna? Die wird bald sehr viel Ruhe haben.«
    Und schon hatte Andrej Iwanowitsch aufgelegt.
     
    Die Dame, von der die Rede war, befand sich zu dieser Zeit an einem Ort, wo man sie zu so später Stunde am wenigstenvermutet hätte – auf dem Hinterhof des Bierlokals »Amulett«, der schmutzigsten und verrufensten Kaschemme in ganz Lesnogorsk.
    Sie wurde dort von niemandem gesehen, denn es war dunkel, und sie stand in der finstersten Ecke des Hofes.
    Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Es war ihr furchtbar unangenehm, hier allein in der Dunkelheit herumstehen zu müssen. Aber sie brauchte nicht lange zu warten. Die Hintertür des Etablissements sprang auf, und von dort kam, beziehungsweise fiel, ein Wesen heraus, das an eine riesige Küchenschabe erinnerte.
    Der Kerl hatte einen langen Rumpf, aber nur kurze, dünne Arme und Beine. Sein zu klein geratener rothaariger Kopf schien ihm direkt auf den Schultern zu sitzen. Dazu kam ein riesiger, struppiger Schnurrbart. Das aufgedunsene rote Gesicht hätte eher zu einem alten Säufer gepaßt, aber Amalia Petrowna wußte, daß der Kerl kaum dreiundzwanzig Jahre alt war. Schwankend und etwas vor sich hin murmelnd, bewegte sich das Wesen über den Hof.
    »Prussak!« rief ihn Amalia Petrowna leise an und trat aus der Dunkelheit hervor.
    Der blieb stehen und drehte den Kopf nach allen Seiten. Als er die Frau bemerkte, stolperte er ihr entgegen. Er war nicht betrunken. Aus dem Dunkel funkelten Amalia Petrowna ein Paar harte, gelbe Augen an.
    »Willst du dir tausend Dollar verdienen?«
    »Für was?« fragte er sachlich.
     
    Die Tussi kannte er – so eine dralle Blonde. Die wollte er erst mal richtig rannehmen, und dann … Heute hatte er ja echt Schwein!
    Bei den Weibern hatte Prussak kein Glück. Die abgelegten Huren aus dem »Amulett« wollte er nicht. Sie waren ihm zuwider, außerdem konnte man sich bei ihnen leicht etwas holen. Und die jungen liefen vor ihm davon.
    Dabei gärte und brauste auch in ihm das Blut der Jugend.Aber er würde es ihnen allen zeigen. Die Zeit kam noch, da sich richtige Weiber um ihn rissen …
    Am nächsten Morgen lauerte Prussak dem Mädchen in aller Frühe auf, als es zur Bahnstation ging. Sie kaufte sich eine Rückfahrkarte nach Moskau und bestieg den Vorortzug. Nun brauchte er nur abzuwarten, bis sie zurückkam.
     
    Walja verbrachte den ganzen Tag im Institut, schlenderte durch die Geschäfte, besuchte eine Freundin und merkte gar

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