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Lenas Flucht

Lenas Flucht

Titel: Lenas Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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eingeschossen.«
    »Hat man damit jemanden umgebracht?« fragte Lena erschrocken.
    »Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.« Arseni hob die Hände. »Vielleicht. Kannst du überhaupt schießen?«
    »Nein«, gab Lena offen zu.
    »Dann laß uns gehen. Ich zeig’s dir.«
     
    Er nahm sie mit an den Strand. Dort blies ein kräftiger Wind. Ringsum war keine Menschenseele.
    »Schau: So wird entsichert. Du zielst« – Arseni wandte die Waffe in Richtung Ozean –, »und, piff, paff!«
    Er drückte nicht ab. Weshalb sinnlos Munition vergeuden?
    »Jetzt du.«
    Lena nahm die Waffe vorsichtig entgegen. Sie war warm von Arsenis Hand und ziemlich schwer.
    »Los, schieß mal. Aber merk dir: Wenn’s ernst wird, dann darfst du nicht weiter weg sein als fünf Meter. Am besten triffst du aus allernächster Nähe.«
    Lena zielte auf eine hohe Welle und drückte ab. Die Pistole zuckte leicht in ihrer Hand.
    »Ausgezeichnet!« lobte sie Arseni. »Baller noch ein paarmal zum Üben, und dann gehen wir zurück.«
     
    »Ich würde dich gern zum Essen einladen«, sagte Arseni.
    »Aber du hast kein Geld«, erriet Lena.
    Die Küste des Ozeans lag weit hinter ihnen. Sie gingen durch eine Geschäftsstraße, schrien aber immer noch so laut, als würde ihnen der Sturm die Worte vom Munde reißen.
    »Erraten«, gab Arseni zu. »Ich habe wirklich keinen Dollar in der Tasche. Doch ich verspreche dir, im nächsten Jahr fliegen wir mit meinem Privatjet nach Paris, und ich führe dich aus – ins ›Maxim‹.«
    »Das nächste Jahr ist schnell heran.« Lena lächelte. »Ich kann warten. Aber vielleicht kommen wir jetzt auf unseren eigenen Beinen bis zu irgendeinem Chinesen, wo keiner Russisch versteht.«
    »Dort bewirtest du mich mit Seafood und erzählst mir deine haarsträubende Geschichte.«
     
    Während Arseni eine Riesenportion Seetang mit Krabben verspeiste, erzählte Lena ihm, was sie in der letzten Zeiterlebt hatte. Auch den Zwischenfall mit dem roten Jaguar vom Tag zuvor erwähnte sie.
    »Wenn ich das so höre« – Arseni nahm mit einem Salatblatt das letzte bißchen Sojasoße von dem Teller auf und steckte sich eine Zigarette an –, »dann war es richtig, daß du dich bewaffnet hast. Obwohl deine Chancen, ehrlich gesagt, nicht gerade toll sind. Ich kann mir denken, wer hinter dir her ist. Allein entkommst du ihnen nicht, auch nicht mit diesem Schießeisen. Doch ich habe den Eindruck, daß du in Moskau einen Schutzengel hattest, der auch hier noch über dich wacht. Irgendwer braucht dich heil und unversehrt.«
    »Aber weshalb? Wer soll mich brauchen?«
    »Das weiß ich nicht. Erst mal müssen wir rauskriegen, wer dir nach dem Leben trachtet.«
    »Und du meinst, das schaffen wir?«
    »Ich hab’ doch gesagt, daß ich es mir denken kann. In Brighton sitzen zwei, drei Pharmafirmen und Wellness-Center. Ich kann mich mal umhören, welches davon …«
    »Was soll das bringen?«
    »Klarheit. Das wäre schon viel.«
    »Hast du keine Angst?«
    »Wovor?«
    »Daß du selber in die Bredouille kommst.«
    »Ach, Lena, wenn du wüßtest, in was für Bredouillen ich schon sitze. Bis zur Unterlippe Oberkante.« Arseni nahm einen Schluck von dem Kaffee, den der Kellner gerade gebracht hatte. »Vor Bubenzow habe ich dich übrigens schon vor zehn Jahren gewarnt.«
    »Stimmt.« Lena nickte.
    »Ist das Kind von ihm? Du mußt es mir nicht sagen.«
    »Das Kind gehört nur mir, mir allein.«
    »Weißt du was? Heirate doch den Oberstleutnant, der dich bei sich aufgenommen hat.«
    »Er hat mir bisher keinen Antrag gemacht.«
    »Das kommt noch. Der traut sich bloß nicht.«
     
    Wie ein Teufel aus der Kiste schoß ein zwei Meter langer Riese in Lederjacke, mit kantigem Gesicht und mörderischen Augen auf sie zu.
    Der Bahnsteig war menschenleer. Lena wartete bereits seit zwanzig Minuten auf die U-Bahn. Endlich tauchten im Tunnel zwei Lichtpunkte auf. Der Zug raste heran, und Lena sah, daß es nicht ihre Bahn, sondern nur eine Durchfahrt war. Sie stand etwa einen Meter von der Bahnsteigkante entfernt. Der Kerl hielt genau auf sie zu. Der Zug dröhnte und pfiff. Bevor sie richtig begriff, was vorging, hatte Lena die Pistole aus der Manteltasche gerissen und abgedrückt, ohne zu zielen.
    Sie hörte keinen Schuß. Der Riese aber sank im Zeitlupentempo in sich zusammen. Das rothaarige Collegegirl beugte sich bereits über ihn.
    »Weg mit der Kanone!« kommandierte es in akzentfreiem Russisch.
    Sweta blickte sich kurz um, griff dem Kerl in die Jackentasche, zog

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