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Lenas Tagebuch

Lenas Tagebuch

Titel: Lenas Tagebuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Muchina
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mit einer anderen Schakt, und wir alle schlossen uns den Arbeitern der Glawtabak-Fabrik an. Es war schon dunkel, als wir wieder weitergingen. Es war schwer zu laufen, der Spaten störte sehr, ohne ihn hätte ich in jeder Hand ein Paket gehabt, und so nahm der Spaten allein eine Hand in Anspruch. Wir bewegten uns schnell (so wurden wir seltener von Mücken gesto­chen).
    Nachdem wir eine große Arbeitersiedlung passiert hatten, durchquerten wir eine tiefe, schwierige Schlucht und erreichten die Gleise einer Eisenbahnlinie. Wir überquerten sie und drangen tiefer in den Wald ein. Der Weg, der sich schlängelte, führte mal nach oben, mal nach unten, und ein Ende dieser Qual war nicht abzusehen. Ein gemäßigter, aber ermüdender Berg­aufstieg begann. Man schwankt vor Müdigkeit, die Beine versinken im lockeren Sand, die Leute laufen in kleinen Gruppen oder einzeln, geben sich beim Laufen Mühe, keinen Lärm zu machen, Stille ringsherum. Die Nerven sind bis zum Äußersten angespannt. Alle wissen über Luftlandetruppen Bescheid. Was, wenn sich in diesem Wald der Feind versteckt? Jederzeit kann ein Maschinengewehr losknattern, und die nächtliche Stille wird von Stöhnen und Schreien erschüttert. Wer soll uns denn hier helfen, in dieser Einöde?
    Der Weg machte noch eine Kurve, und uns bot sich folgendes Bild: Wir standen am Kamm eines Hügels, der Hügel fiel leicht ab, in Richtung eines Flusses. Der breite, ruhige Wasserspiegel des Flusses glitzerte silbern im Mondschein. Plötzlich hörte man Motorenlärm, und aus dem Dunkeln tauchte die schwarze Silhouette eines Flugzeugs auf. Wir tauschten Blicke: Alle hatten dieselbe Frage, ist es eines der ihren oder eines von uns? Das Flugzeug flog direkt über dem Fluss, nicht besonders hoch. Wir bekamen es mit der Angst zu tun. Da flog es fast direkt über uns. Es war ein zweimotoriges Flugzeug, wie es aussah, ein leichter Bomber. Das Flugzeug begann sich zu entfernen. Plötzlich leuchteten auf seinen Trag­flächen und auf seinem Seitenruder ein weißes und ein gelbes Lämpchen auf. Wir standen noch lange da und blickten diesen blinkenden Lichtern hinterher.
    Der Motorenlärm verstummte, und wir schleppten uns weiter. Runter, rauf, nach links, nach rechts schlurfen wir den Weg entlang. Wir haben keine Kraft mehr zu laufen. Meinen Spaten hatte ich irgendjemandem gegeben. Wir befürchteten schon, dass wir absichtlich eine so weite Strecke zurücklegen mussten, damit wir unserer Kräfte beraubt und dann allein gelassen werden, als wir in der Ferne Umrisse von Holzhütten erblickten. Gleich befinden wir uns im Warmen, können heißen Tee trinken und uns schlafen legen. Aber unsere Hoffnungen waren umsonst. Wir erreichten nun die Hauptstraße des Dorfes. An den Zäunen, in den Höfen, überall lagen in Reih und Glied Menschen wie Leichen; wir begriffen, dass uns das gleiche Los erwartet. Uns wurde gesagt, dass es im Dorf keinen Platz für uns gebe, geht hinter das Dorf, dort könnt ihr euch schlafen legen. Wir gingen also durch das Dorf. Aber solange wir auch gingen, ein Ende des Dorfes war nicht in Sicht. Die Straße bog ab, und wieder sahen wir endlos viele Holzhütten, und überall lagen nebeneinander Menschen. Uns wurde gesagt, dass sich im Dorf bereits 8000 Leningrader befänden. Endlich die letzte Hütte, ein Schuppen, und das Dorf war zu Ende. Wir schleppten uns ein paar Schritte zur Seite und begannen, unsere Siebensachen auszupacken und es uns im Gras gemütlich zu machen, das Gras war nass, aber was soll man tun. Plötzlich sehe ich neben mir irgendetwas weiß schimmern. Stellt sich heraus, es ist ein altes Schindeldach, das auf dem Boden liegt. Auf dem Dach habe ich es mir auch gemütlich gemacht, es war immer noch trockener als im nassen Gras. Ich rollte mich mit dem Kopf in die Decke ein, streckte mich genüsslich aus und schlief ein. Habe wie ein Murmeltier geschlafen. Wache auf. Die Sonne war gerade aufgegangen. In seinen ersten Sonnenstrahlen funkelte das Gras in der Sonne, die Vögel zwitscherten aus voller Kehle. Bald darauf erfuhren wir, dass wir bis sechs Uhr abends frei haben.
    Ich war in einem großen Dorf gelandet, das sich auf dem hohen Ufer des Flusses Oredesch befand. Das ist so ein schöner Ort. Ein kleiner Sandstrand. Wir badeten, sonnten uns. Wir erfuhren, dass es da kein Essen gibt, aber bald welches geliefert werden sollte.
    Um sechs Uhr rief unser Vormann seine Brigade zusam­men, und wir gingen zur Arbeit.
    Gearbeitet haben wir von sechs Uhr

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