Lenke meine Fuesse Herr
€ pro Kopf waren das wert!
Duschen, Wäsche waschen und auf der Hecke hinter dem Wohnwagen trocknen, essen, und nach der Flasche Wein: schlafen wie in Abrahams Schoß.
Freitag, 27. Mai 2005
Saint-Genix-sur-Guiers – Brandeuse/Lac de Paladru 33 km
Pünktlich um sieben Uhr sitzen wir nach einer ruhigen Nacht (nur die Autobahn rauschte) am Frühstückstisch und zwanzig nach sind wir auf der Straße. Wir marschieren nach Saint Genix hinein — am Netto-Markt vorbei — und überqueren auf der Brücke über einer malerischen Stromschnelle den Fluss. Nun haben wir Hochsavoien verlassen und sind im Departement Isère. Es geht flussaufwärts an einem großen Baggersee mit Campingplatz entlang, dann unter der Autobahn hindurch im weiten Bogen um ein Dorf herum und den Berg hinauf. Abwärts ins nächste Bachtal — da fällt uns ein überdachtes Gebäude am Bach auf: der dörfliche Waschplatz. Gerhard spekuliert, was dieser Platz im Laufe der Zeit wohl an Klatsch, Tratsch und Intrigen gehört hat — ich halte dagegen, wie viele heimliche oder offene Liebesszenen er gesehen hat, wie viele Ehen hier gestiftet wurden...
An einem Brunnen in einem Bauernhof machen wir Pause, füllen unsere Flaschen — der Hofhund ist erst skeptisch, wird dann aber freundlich. Am Mühlbach ein gravitätischer Schwan. Steil hinauf zur Brücke über die Bahnlinie — der TGV rauscht vorüber und wir stellen uns vor, wir säßen jetzt im klimatisierten Abteil und wären bequem blitzschnell am Ziel — aber...
Und jetzt sind wir in Les Abrets. Ein Fotogeschäft liegt am Weg und die bildhübsche Fotografin brennt uns CDs von unseren Fotospeicherchips — jetzt haben wir wieder Platz. Sie erklärt uns noch den Weg zur Bank mit Geldautomaten und wir füllen unsere Kassen wieder auf. Als wir zurückgehen auf den Jakobsweg kommt sie uns im Auto entgegen und wünscht freundlich „Bon appetit!“ Ja, schön wär’s! Weiterlaufen!
In weitem Bogen über Felder — und wieder mal über Berg und Tal. Doch meistens haben wir Schatten. Den können wir auch brauchen, denn die Sonne knallt unbarmherzig: In Les Abrets habe ich an einem Thermometer 30° im Schatten gesehen! In einem Ort geht’s wieder mal steil bergauf — und am Ortsende ein Haus mit einer großen Jakobsmuschel über dem Türstock und einem Schild, das Pilger willkommen heißt. Unsere Wasserflaschen sind leer: Wir sind gerade noch am Überlegen, ob wir klopfen sollen, da öffnet sich die Haustüre und eine freundliche Dame füllt uns gleich zwei Mal die Flaschen: Die erste Portion haben wir in einem Zug leergesoffen wie zwei verdurstende Gäule. Ein paar hundert Meter weiter, jenseits des Berges auf halber Höhe, ein schönes Gebüsch, das tiefen Schatten wirft! Ideal zum Siestamachen! Das zweite Mal, seit ich sie mit mir herumschleppe, rolle ich die Isomatte auf, mache es mir an einem Steinhaufen bequem, esse, trinke — und dann schlafe ich tatsächlich ein! Eine gute halbe Stunde schlafe ich, träume sogar, und dann ist es halb drei und die Stunde Mittagspause ist fast vorbei.
Wir haben kaum aufgesattelt, da kommen zwei Herren den Berg hinab, vorneweg ein kleiner, drahtiger, dahinter ein rundlicher, weicher. Der vordere erzählt, er käme aus Saarbrücken, habe den ganzen Jakobsweg schon 1990 gemacht und 97. Und jetzt sei das alles soooo einfach geworden und gar keine richtige Herausforderung mehr... Ich höre schon gar nicht mehr zu! Als wir losziehen, haben wir die beiden bergab und in der Ebene schnell hinter uns gelassen, doch an der nächsten Steigung, als wir einen Gang zurückschalten, überholt uns der Kleine und zeigt, dass er der Größte ist, während sein Begleiter weit hinterdrein schnauft. Oben am Berg sitzt er dann demonstrativ unter einem Baum und studiert die Karte, blickt gar nicht auf, als wir freundlich grüßend an ihm vorbeikommen. Menschen gibt’s...
Vor Valencogne fallen uns die Wegweiser mit den echten Jakobsmuscheln auf — im Ort eine liebevoll gestaltete Jakobssäule mit Hinweis- und Streckentafeln; in der stillen, atmosphärereichen Kirche ein Livre d’or für die Pilger, in das auch wir uns eintragen. Nach etwas Fragen bekommen wir sogar einen Stempel in unsere Pilgerpässe. Wieder mal den Berg hoch, durch einen Wald steil ab — und dann kommen wir auf den Gedanken, nach Quartier in Le Pin am Weg zu telefonieren. Pech: alles belegt. Doch man empfiehlt uns ein Privatquartier abseits vom Chemin am Lac de Paladru und da ist frei: ein Glücksgriff! Als
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