Lenke meine Fuesse Herr
einen Tee mit. Sie ist überglücklich, als wir unsere Halbpension bezahlen — 30,00 € zahle ich in der Schweiz für ein Abendessen! Sie zeichnet uns noch den Weg bis zum Chemin de St. Jacques auf und verabschiedet uns herzlich. Wir wandern die Straße entlang, es ist frisch, der Himmel ist blau und es ist eine Lust, zu laufen. Mir fällt auf, wie heruntergekommen die Häuser teilweise aussehen — ein starker Kontrast zur blitzblanken und satten Schweiz! Ein Hof mit zwei Kühen, einem halben Dutzend Hühnern, ein struppiger Hund blafft uns durch den löchrigen, schiefen Drahtzaun an, eine alte Frau gießt ihre Bohnen.
Wir kommen an einer Abzweigung an ein Bistro und erfragen drinnen den Weg nach Marlioz. Das ganze Publikum will uns helfen, ein netter Mann zaubert eine Wanderkarte hervor — schließlich einigt man sich: nach Marlioz da den Weg hinauf, dann weiter nach Contamine — dort findet sich der Jakobsweg wieder. Die Steigungen sind steil, doch spüre ich, dass meine Bergkondition schon wesentlich besser ist als noch vor vierzehn Tagen, obwohl mir Gerhard bergauf immer noch wegläuft — dafür hole ich ihn mit Leichtigkeit wieder ein, sobald es halbwegs eben geht. In Contamine eine schöne Kirche.
Zwischen Le Malpas und Chaumont ein steiler, steiniger, wildromantischer Hohlweg abwärts, unten eine uralte Brücke über eine tiefe Klamm mit Wasserfall. Wieder steil bergauf, schöner Hohlweg mit viel Schatten den Berg entlang. Überhaupt: Schatten! Der Himmel ist wolkenlos, es wird richtig heiß, fast dreißig Grad — dabei war es gestern noch frisch und regnerisch! Endlich Frangy. Wir kaufen Brot, Wurst und Käse, setzen uns auf eine Bank und schmausen. Kurz vor eins geht es weiter. Der Nachmittag wird sehr heiß. Es geht auf und ab mit phantastischen Ausblicken. Der Wanderführer nennt zwar die Höhenlage der Orte, die wir passieren, doch von dem Auf und Ab dazwischen steht nichts im Buch. Der Führer ist sehr genau, wenn die Skizzen auch sehr grob sind, und die Markierung zu verlieren ist fast unmöglich!
Der Anstieg nach Motz hinauf in der prallen Sonne auf Asphalt von 290 Metern hoch auf 460 ist dann doch eine ziemliche Herausforderung! Doch die schöne Auberge mit dem herrlichen Blick aufs Rhônetal und den schönen Zimmern entschädigt. Leider ist die Kirche geschlossen, so schön sie von außen ist. Das Abendessen ist gut und reichlich, gegen viertel nach neun habe ich auch mein Tagebuch nachgeschrieben: Gute Nacht!
Mittwoch, 25. Mai 2005
Motz — Yenne 31 km
Das Frühstück ist etwas mager — anstatt der erhofften Croissants oder Brot gibt’s nur Zwieback. Vielleicht ist es noch etwas früh für den Bäcker?
Wir folgen den Jakobswegweisern und genießen am Ortsausgang den herrlichen Blick über das Rhônetal im Morgenlicht. Die Straße kurvt in Serpentinen durch die Weinberge hinab in den Talgrund — da kürzen wir ab, gehen fast Falllinie und sind sehr schnell unten, haben auch bald die „Jackl-Schilder wieder — die Beschilderung hier ist lückenlos! In Mathy, wo ich mir eine Rose stibitze und an den Rucksack stecke — herrlicher Duft! — entscheiden wir uns für die Variante den Fluss entlang. Wunderbare Auwälder, Vogelstimmen, Akazien blühen, der Mohn sprenkelt die Wiesen rot, willkommener Schatten, denn die Sonne strahlt kräftig. Wir laufen jetzt in der Ebene sehr schnell — in den ersten zwei Stunden fast elf Kilometer! Wir rasten unter der Brücke von La Loi und ich befreie meine Füße aus den Stiefeln — ab jetzt barfuß in Sandalen: eine Wohltat! Auch die langen Hosenbeine habe ich schon am Morgen abgenommen.
Die Berge kommen noch einmal kurz bis an den Fluss, und dann geht es kilometerweit auf dem Hochwasserdamm entlang. Eine Gruppe Arbeiter mit Kran und Boot birgt gemütlich einen mächtigen treibenden Baumstamm samt Wurzelstock, und dann sind wir schon am Campingplatz von Chanaz. Über die große Fußgängerbrücke, die Uferpromenade entlang — eine schöne alte Stadt! Auf dem Marktplatz machen wir große Pause, essen aus dem Rucksack, trinken uns satt und füllen die leeren Wasserflaschen aus dem öffentlichen Wasserhahn. Ein großer Schäferhund bettelt mich um Wurst an, trollt sich aber ganz friedlich, als ich ihn wegschicke.
Dann machen wir uns auf den steilen Anstieg — vorher aber besichtigen und fotografieren wir noch die historische Ölmühle mit dem großen Wasserrad und machen noch ein Bild über die Dächer des Ortes hinweg. Am Einstieg in den steilen
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