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Lenke meine Fuesse Herr

Lenke meine Fuesse Herr

Titel: Lenke meine Fuesse Herr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Wittenberg
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offenbar nähert. Kinder? Nichts wie rein in die Hose, ich will nicht als Sittenstrolch verhaftet werden!
    Es kommt erst einmal ein wunderschöner riesiger Dobermann, dann eine Frau — und die spricht Deutsch mit unverkennbar österreichischem Zungenschlag. Ein Ehepaar, hier auf Urlaub — und sie haben gestern in Moissac die Falkenbergs getroffen! Bald setzen sie sich wieder auf ihre Räder und fahren weiter. Ich ziehe mich vollends an, wuchte den Rucksack auf die Schulter: Ultreia! Bei der nächsten Schleuse sehe ich die Österreicher noch mal, die mir herzlich guten Weg wünschen. Bei Malause liegen im Canal de Golfech ein paar Boote am Kai, schöne Motorkreuzer, unter anderem die „Luisa“ aus Hamburg. Als ich vorbeistiefle, grüße ich den Skipper mit einen fröhlichen „Moin, Moin!“ — und das führt dazu, dass ich mit Alsterwasser, Kaffee und Plätzchen traktiert werde. Die Hamburger fragen mich über den Jakobsweg aus und über meine Motive, ihn zu gehen und wieder bin ich freudig überrascht von mir selbst, dass ich betone, der sportliche Ehrgeiz oder kulturelles Interesse seinen für mich zwar auch wichtig, doch die Hauptsache sei für mich der Weg zu Gott und zu mir selbst.
    Weiter, herrliche Platanen geben Schatten auf den Treidelpfad. Kurz vor Pommevic ein Hausboot unter italienischer Flagge — ich grüße freundlich, die Großfamilie bietet mir Wasser an, schenkt mir einen Pfirsich und zwei Aprikosen, und als ich mich verabschiede, bittet mich die Nonna, die Großmutter: „Prega per noi a Santiago!“ Über die Brücke Richtung Espalais — und da kommen die Italiener (bis auf die Nonna) angeradelt und machen noch ein paar Bilder von sich und dem Jakobspilger.
    Durch Sonnenglut über heißen, schattenlosen Asphalt zum Ort, an der Garonne ein schöner Park — mit Wasserhahn, an dem ich meine Flaschen wieder auffülle. Am anderen Flussufer liegt Auvilar und jetzt bin ich in der Gascogne. Ich komme an der Gîte vorbei — eigentlich wollte ich hier nächtigen, doch die Handvoll Franzosen beiderlei Geschlechts in Wanderkluft, die davor stehen, sind dermaßen unfreundlich, dass ich es vorziehe, weiterzulaufen: heute Nacht wirklich wieder mal draußen, das Wetter ist ideal! Ich keuche die steile Straße hinauf zum Ortskern — mitten auf der Fahrbahn hat eine Malerin ihre Staffelei aufgestellt und lässt sich von den Autos, die um sie herumkurven, nicht stören — allerdings kommt da kaum eines. Das Bild wird sehr gut — hätte ich Geld und Platz im Gepäck: Ich würde es glatt kaufen!
    Die Altstadt von Auvilar ist wirklich den Aufstiegwert — das Schloss, die kreisrunde Markthalle mit den alten Häusern rund um den Platz — einfach Rothenburg auf französisch . Überhaupt: Was ich hier an wunderbaren mittelalterlichen Orten gesehen habe — das braucht sich hinter unseren deutschen Romantikstädten sicher nicht zu verstecken! Ich wandere durch den Uhrturm und finde noch eine kleine Epicerie, in der ich meine Mundvorräte auffülle. Jetzt geht’s noch mal bergan, durch den Wald, unter der Autobahn hindurch, die Straße entlang bis Bardigues. Dort soll’s eine schöne Kirche haben und neben der einen Wasserhahn — das mit dem Hahn stimmt, aber die Kirche ist leider zu. Doch ein Restaurant lockt — ich merke jetzt, dass ich einen Bärenhunger habe und leiste mir einen großen, guten Salat und zwei große Bier zum Abendessen. Ein reizendes englisches Ehepaar am Nebentisch fragt mich nach der Bedeutung der Muschel an meinem Rucksack und daraus wird ein angeregtes und nettes Gespräch. Wieder fällt mir auf, wie selbstverständlich ich über Glaubensdinge spreche.
    Die Sonne geht schon unter, als ich mich wieder auf den Weg mache. Langsam muss ich mich nach einem Nachtlager umsehen! Ein Hohlweg lockt, dicht überwachsen — doch daneben steht ein riesiger, stinkender Müllcontainer. Da finde ich linker Hand eine Feldscheune — das „Betreten verboten“-Schild übersehe ich geflissentlich — unter dem offenen Dach große Heurundballen — ideal! Zwischen zwei Ballen eine dicke Lage Heu — ich breite Matte und Schlafsack aus, esse noch eine der Aprikosen von den Italienern und schlafe gegen halb elf tief und fest.

23. Juni 2005
Bardiques — Lectoure 33 km

    Kurz nach sechs wache ich auf, weil ein Bauer den Acker jenseits der Straße mit dem Traktor bearbeitet. Ich esse den Pfirsich der Italiener, lege den Käse auf ein Stück Brot, esse aber nur die Hälfte — dazu gibt’s Wasser aus der

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