Lenke meine Fuesse Herr
sind ja viel gewohnt und halten was aus, nicht, Birgit? Aber das ist zuviel! Also wir gehen nach Tardajos, das ist nur noch eine halbe Stunde. Aber vorher gehen wir eins trinken — kommst du mit?“ Ich bedanke mich bei den beiden, wir trinken gemeinsam ein Bier und dann ist Tardajos zu dritt schnell erreicht.
Eine schöne Albergue, netter Wirt, alles macht einen sauberen Eindruck. Außer uns sind schon zwei Spanier da, die ich schon seit längerem immer wieder treffe, und eine Dänin, die mir bekannt vorkommt, es aber nicht ist.
Es gibt in der Herberge keine Küche, also gehe ich essen — vorher noch in die Farmacia, wo ich eine Salbe und Spezialpflaster für meine aufgerissenen Füße bekomme, dazu noch Vitamintabletten. Im Restaurant die beiden Spanier — es wird noch ein netter Abend!
Freitag, 15. Juli 2005
Tardajos – Castrojeriz 32 km
Früh auf — fünf Uhr, um viertel vor sechs sind Bodil, die Dänin, die Österreicherinnen Birgit und Elisabeth und ich auf dem Weg. Wir freuen uns auf einen Kaffee in Hornillos del Camino. Gegen acht Uhr sind wir dort, doch die Bar-Cafeteria hat heute zu. Der Laden im Ort macht das Geschäft des Jahres mit Wurst, Brot und Getränken: Immer mehr Pilger kaufen dort ein und wir lassen uns ungeniert auf den Sitzgruppen vor der Bar nieder, um zu frühstücken. Zwischendurch das Freitagmorgengespräch mit Silvia — sie erzählt mir, dass man sich im Dorf immer wieder erkundigt, wie weit ich denn sei und wie es mir ginge. Ich wünschte, sie wäre hier! Zum Ort hinaus, den Berg hoch — und nun sind wir in der Meseta. Endlose Weizenfelder, schnurgerader Weg, doch ich finde die Landschaft großartig in ihrer Weite.
Ich bin den Frauen davongelaufen, laufe ab und zu ein paar hundert Meter mit jemand anderem, den ich eingeholt habe — doch man findet sich immer wieder, wenn ich einen Fotostopp mache oder einer haltmacht, um seine Trinkflasche aus dem Rucksack zu holen. Gut, dass ich in Logroño die Hüftflasche gekauft habe. Ein Taleinschnitt: unten die Fuente de San Bol — ein bunt bemaltes Gebäude, wenig vertrauenerweckend, doch tatsächlich ein Refugio! Wieder weite Meseta, die Felder teilweise schon abgeerntet, weit entfernt auf dem Stoppelfeld eine Schafherde. Durch das Fernglas erkenne ich, dass der Schäfer einen Esel dabeihat — der erste, den ich seit Frankreich sehe. Zwei Däninnen fallen mir auf, beide mehr breit als hoch — tapfer wie sie durch die gnadenlose Flitze marschieren. Mir leistet mein Hut gute Dienste, auch der Regenschirm schützt mich eine Stunde lang vor der Sonne, bis es mir zu blöd wird, wie der Mohr im Struwwelpeter daherzukommen.
Vor mir ein weites Tal mit dem Städtchen Hontanas. Dort läuft beim Brunnen an der Kirche und vor der blitzsauberen Bar alles zusammen wie an einem Abflussloch: Birgit und Elisabeth, Bodil, Manuela mit Mann und Freundin. Eine große Cerveza, ein Salat mit Brot — da hat man wieder Kraft! Als ich aufbreche, schließt sich mir Bodil an — doch wir kommen nicht weit: Am Ortsausgang lockt das gemeindliche Freibad mit schattiger Liegewiese. Wir haben uns kaum umgezogen, da kommen auch schon Birgit und Elisabeth und leihen Bodil ein Bikinioberteil, sonst hätte sie mit dem Top ins Wasser gehen müssen. Bodil ist ängstlich — sie kann nicht schwimmen, und hat die Erfahrung gemacht, dass Männer, die sie im Wasser getragen haben, irgendwann losließen, damit sie es lerne. Um so mehr genießt sie es, als sie merkt, dass sie sich auf mich verlassen kann. Doch irgendwann müssen wir weiter!
Der Weg bleibt jetzt im Tal, läuft auf einem Feldweg parallel zur Landstraße an den eindrucksvollen Ruinen eines alten Pilgerhospitals vorbei und landet schließlich doch wieder auf Asphalt. Ich bin den Anderen wieder weit voraus, bis zu den Ruinen von San Anton: Die Straße führt mitten durch das alte Kloster, wunderbare gotische Gewölbe, das muss ich sehen! In den Gewölberesten ein Refugio, die Räume einfach durch Planen voneinander abgeteilt. Eine Spanierin, die dort schon eingekehrt ist, erzählt dem Hostalero von meinem Pilgerlied, zeigt ihm den Text, und er versucht, mich zum Bleiben zu bewegen, doch ich möchte weiter.
Als ich wieder auf die Straße komme, sind die drei Frauen vor mir und ich spute mich, sie einzuholen. Castrojeriz ist in Sicht, es geht den Berg hinauf, Bodil ist völlig nieder und lässt sich von mir an der Hand die Steigung in den Ort hinaufziehen. Wir kommen direkt an einem privaten Albergue vorbei.
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