Lenke meine Fuesse Herr
— nett! Durch ein, zwei Dörfer, den Kanal mit seinen blühenden Ufern entlang — welch Kontrast zu der ausgedörrten Hochebene, von der wir kommen! Bald kommt eine eindrucksvolle Schleuse und wir sind in Frómista. Wir finden die Herberge, der Hostalero weist uns Betten zu — ich bekomme ein besonders schönes, direkt am Fenster, nachdem er meinen Pilgerpass studiert hat.
Ich gehe die berühmte romanische Martinskirche ansehen. Herrlich! Stundenlang könnte man hier drin sein, und hätte dennoch nicht jede herrliche, jahrhundertealte Einzelheit erfasst! Doch als ich vergesse, dass hier Fotografierverbot herrscht, komplimentiert man mich hinaus. Auch San Pedro ist einen Besuch wert.
Als ich zurück in die Herberge komme, eine Storchenfeder am Hut, die mir vor die Füße geflattert ist, steht der Hostalero im Hof, in vollem Pilgerornat mit stickerübersätem Wanderstab und erklärt einer Schulklasse, was Pilgern bedeutet.
Ich telefoniere mit meiner Schwester in Wunsiedel, die sich freut, von mir zu hören, treffe Erika, mit der ich in Zubiri essen war, schwatze noch mit ihr, schreibe Tagebuch und bin recht früh im Bett.
Sonntag , 17. Juli 2005
Frómista – Calzadilla de la Cueza 39 km
Ich habe nicht viel vor heute — ich werde mich mit den anderen in Carrión de los Condes treffen und dann einen halben Ruhetag machen. Gegen sechs Uhr breche ich auf — doch ich finde im Dunkeln den Weg aus der Stadt nicht und gehe zurück zum Albergue. Birgit und Elisabeth fragen den Hostalero und der erklärt den Weg. Bodil und ich gehen gemeinsam — ich möchte sie im Dunkeln nicht alleine laufen lassen, zumal sie mir erzählt hat, sie sei auf dem Weg aus Burgos hinaus von einem Spanier auf einem Moped belästigt worden. Der Camino ist hier ein extra angelegter Kiesweg neben der Landstraße, mit Steinsäulen bei jedem Überweg, der Fahrzeuge daran hindert, ihn zu befahren. Ursprünglich trug jede dieser Säulen eine Kachel mit der Jakobsmuschel, doch diese Kacheln sind fast alle den Andenkenjägern zum Opfer gefallen und die Pfosten tragen jetzt nur hundertfach Aufkleber mit Reklamen für private Unterkünfte oder Sportartikelgeschäfte und natürlich die üblichen Graffiti. Es ist hell geworden und ich habe mich von Bodil verabschiedet — sie möchte alleine gehen.
In Población de los Campos sind Kirche und Bar noch zu, ebenso wie später die Riesenkirche von Villalcázar de Sirga. Ich habe absolut keine Lust, zwei Stunden zu warten, bis sie öffnet! Weiter, immer auf der Pilgerautobahn neben der Straße, bis Carrión de los Condes in Sicht ist. Ich setze mich unter einen Busch am Weg, esse einen Happen und trinke — und da kommt Bodil. Wir beschließen, gemeinsam in die Stadt zu gehen und dort eine ausgiebige Pause zu machen — es ist noch nicht einmal Mittag. Die Stadt ist lebendig, mit schönen alten Gebäuden, doch ich bin heute nicht besonders aufnahmefähig. Wir machen gemütlich Pause, ich weiß nicht so recht, was ich machen soll: Bodil erklärt mir, die siebzehn Kilometer zum nächsten Refugio seien ihr zu weit, sie möchte am Ortsausgang in ein Hotel, um dort in relativem Luxus Zeit für sich zu haben, schultert den Rucksack und verabschiedet sich.
Ich bleibe noch eine Weile sitzen, drehe noch eine Runde durch die Stadt, überlege, ob ich nicht doch hier in eine der Herbergen gehen soll. Aber gegen halb drei packt es mich doch wieder: Ich suche die Jakobswegmarkierung und marschiere los. Am Ortsausgang hat man das alte Kloster San Zoilo in ein Dreisternehotel umgewandelt — ob da Bodil wohl gelandet ist? Doch vorher am Flussufer ein militärisch exakt ausgerichtetes Zeltlager — was das wohl ist? Die Abadia di Benevivere ist nur noch ein großer Bauernhof an einem Bach, davor eine Bank mit Tisch — gut für eine kleine Rast, ehe ich mich auf den langen Marsch durch die einsame Ebene bis Calzadilla de la Cueza mache.
Es weht ein scharfer Wind, der mich die Hitze vergessen lässt, ich habe das Hemd offen und gegen meine Gewohnheit die Hosen kurz — es ist nicht so heiß, wie ich befürchtet habe. Und auch nicht so langweilig: Immer wieder finde ich etwas zum Ansehen: Blumen, Mähdrescher, einen Wiedehopf, eine große Haubenlerche. Weit vor mir eine Pappelreihe — und dann ist sie weit hinter mir — wie ist das bloß gegangen? Eine Scheune — Wasser? Nein, doch hier kreuzt den Weg eine Teerstraße und auf die hat man mit großen gelben Buchstaben geschrieben: „Mut! 7 Kilometer: Bar, Herberge
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