Lenke meine Fuesse Herr
hiesigen Bekannten über den Weg. Manuela war gestern Abend krank und so sind sie heute mit dem Bus gefahren. Der Spanier bringt uns zur Kathedrale, fragt für mich in einem Fotoladen, ob die CDs brennen — und während das geschieht, sind die Schweizer und Pete verschwunden — schade, ich hätte mich gerne von ihnen verabschiedet.
Die beiden CDs brauchen ewig — dafür darf ich meinen Rucksack im Laden deponieren. In der wunderbaren Kathedrale treffe ich Zsolt, der mir erzählt, dass er sich mit Pete und den beiden Österreicherinnen um halb eins bei St. Michael trifft — da bin ich natürlich dabei. Während ich noch die Kathedrale bewundere, kommt Bodil vorüber und wir verabschieden uns wieder einmal, dann strolche ich noch ein bisschen durch die Altstadt, hole meinen Rucksack aus dem Laden und marschiere Richtung St. Michael, wo ich die anderen treffe. Bei einem Bier feiern wir endgültig Abschied: Pete fliegt morgen nach Australien zurück, die Österreicherinnen und Zsolt bleiben heute in Leon, ich möchte noch bis Virgen de Camino. Sie werden mich kaum noch einholen, denn jetzt will ich zügig das letzte Stück nach Santiago laufen.
Ich gehe noch in die Basilika — die uralten Fresken in der Krypta sind eine Reise wert — unbeschreiblich, was sich hier erhalten hat! Endlich, am frühen Nachmittag, mache ich mich auf den langen Weg aus der Stadt heraus. Es geht am Parador vorbei, dem ehemaligen Bischofssitz, über den Fluss und die Bahn in endlose Vorstädte. Ich kaufe Mundvorräte, schleppe mich bei 30 bis 35 Grad im Schatten durch immer neue Gewerbegebiete, mache in einer aufgelassenen Tankstelle Rast und esse mich satt.
Ich habe die Nase gründlich voll, als ich in Virgen de Camino ankomme. Doch das Hostal, also der Gasthof, verlangt 30,00 € für das Bett — da gehe ich lieber weiter und schlafe heute im Busch! Ich trinke noch ein Bier und mache mich wieder auf den Weg. Am Ortsausgang die Wahl: immer die Nationalstraße entlang über Villadangos oder links abbiegen, den weiteren, aber angeblich historischeren Weg über Villar de Mazarife? Ich entscheide mich für letzteres — von heute Morgen habe ich noch genug davon, die Nationalstraße entlangzulaufen, auch wenn der Weg neben der Straße verläuft. Unter der Autobahn hindurch, dann ein Dorf, Fresno, — das leerstehende Schulhaus lässt mich wieder denken: da eine Herberge, das wäre ideal! Weit vor mir, den Berg hinauf, glaube ich, einen hochbepackten Pilger zu sehen. Das nächste Dorf: Ich kehre in der entsetzlich lauten Dorfschänke ein und die Bedienung sagt mir, zum nächsten Refugio seien es nur noch 4 Kilometer. Es ist jetzt kurz vor acht — ich rechne mir aus, dass ich bis dahin über 45 Kilometer gelaufen sein werde — als Belohnung muss das Refugio einfach drin sein. Am Ortseingang vor Villar de Mazarife, kurz hinter dem eindrucksvollen Mosaik, das private Refugio San Antonio — einfach traumhaft! Ein großer Schlafsaal mit viel Platz zwischen den Betten, großzügiger, blitzsauberer Sanitärbereich, im Untergeschoss der Speisesaal. Ich darf mir sogar noch eine Paella zum Abendessen bestellen!
Ein Spanier, Emilio, — ich weiß nicht, ist er Gast oder Freund des Hauses — bittet mich, den Brief einer Deutschen zu übersetzen, die ihm ankündigt, wann sie wieder eine Strecke gehen wird und ihn bittet, sie zu begleiten. Emilio meint auch, ich solle der Deutschen, die kurz vor mir angekommen ist, helfen, den viel zu großen und schweren Rucksack zu erleichtern. Die „Deutsche“ kommt aus Österreich, ist Studentin und eigentlich nur eine halbe Portion. Doch ihr Rucksack ist riesig, und ich spreche mit ihr ab, dass ich ihn nach dem Abendessen ausmiste. Sie ist heute in den Camino eingestiegen und der Weg von Leon hierher hat sie fürchterlich fertiggemacht. Doch erst einmal gibt es um halb zehn Abendessen. Pepe, der Hostalero, ist ein Meisterkoch! Und zum Abschluss zelebriert er noch eine Riesenzeremonie mit brennendem Grappa und Zitronensaft, das gibt noch einen phantastischen Zitronenlikör.
Ein junger Belgier ist auch in der Herberge und fragt mich auf englisch , ob ich der Deutsche mit dem Pilgerlied sei. Als ich das bestätige, überreicht er mir ein Blatt mit der französischen Version meines Liedes: Manuela hat es übersetzt und einigen Pilgern in die Hand gedrückt: Wer mich träfe, solle es mir geben! Ich bin wirklich gerührt und freue mich sehr darüber.
Dann fordere ich Angelika, die kleine Österreicherin auf,
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