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Lenke meine Fuesse Herr

Lenke meine Fuesse Herr

Titel: Lenke meine Fuesse Herr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Wittenberg
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aus ihrem Rucksack alles zu entnehmen, was nicht für Männeraugen bestimmt ist und stelle das Riesenteil auf den Kopf. Zwei Kleider kommen raus, drei Büstenhalter, ein dicker Schlafsack, für die Alpen gemacht, und noch verschiedenes mehr. Ein Päckchen von mehr als drei Kilogramm kommt da zusammen. Drei Kilogramm — das ist für so ein zartes Persönchen eine Welt, wenn man sie über den Camino schleifen muss! Emilio bietet sich an, das Päckchen zum nächsten Postamt zu bringen doch ich setze mich durch: Ich werde das bis nach Hospital de Órbigo tragen und dort geht es auf die Post. Bis dahin werden Angelika und ich zusammen laufen.
    Noch ein Bier mit Emilio vor dem Haus und noch eins, er spendiert noch ein drittes und massiert mir meine Füße, schenkt mir eine Marienmedaille. Um halb eins endlich ins Bett und ich schlafe wie ein Stein!

Freitag, 22. Juli 2005
Villar de Mazarife – Santibáñez 20 km

    Lang geschlafen — erst gegen halb acht kommen Angelika und ich nach einem herrlichen Frühstück mit von Pepe frisch gemachtem Schmalzgebäck auf den Weg. Angelika hat erhebliche Schwierigkeiten mit dem linken Fuß: Unter dem Ballen ist eine aufgerissene Blase. Ich gebe ihr meine Stöcke, damit sie den Fuß entlasten kann und nach Anfangsschwierigkeiten kommt sie gut damit zurecht. Um halb elf kommen wir über die lange Brücke von Puente de Órbigo — am Fluss lockt ein Freibad doch wir wollen und müssen vorwärts. Wir finden die Post: Die Posthalterin überzeugt Angelika, dass es vernünftiger sei, ihr Päckchen nach Santiago postlagernd vorauszuschicken: Das kostet nicht einmal die Hälfte Porto und die Sendung wird sechs Wochen aufgehoben.
    Wir setzen uns ins Terrassencafe über der Brücke und sehen dem Strom der Pilger zu — Amparo aus Zaragoza sieht mich und trinkt mit uns noch einen Kaffee. Weiter. Angelikas Fuß wird immer schlimmer. Weit kann sie damit heute nicht gehen, und wir beschließen, in Santibáñez de Valdeiglesias Station zu machen.
    Gegen eins kommen wir bei glühender Hitze im Ort an. Wir müssen lange klopfen, bis uns die Hostalera öffnet. Marie-Carmen heißt sie, und sie ist zunächst recht ruppig, aber hinter dieser rauen Schale hat sie ein goldenes Herz. Sie steckt uns beide in ein Zimmer, das sonst unbelegt ist — außer uns sind bis jetzt nur zwei ältere Spanierinnen hier — ist aber sehr entsetzt, als wir ihr unsere Pilgerpässe geben: „Ihr seid ja gar nicht Vater und Tochter!“
    Es folgt ein pfleglicher langer Nachmittag im Garten hinter dem Haus — schöne Obstbäume mit der Warnung: „Achtung, gespritzt, nicht essen!“ Ausgiebige Körperpflege, Wäsche waschen, schreiben, Angelika pflegt ihren Fuß, ich lese im Pilgerbuch und schäme mich über einen Deutschen, der sich beklagt, dass es zum Abendessen keinen Wein gegeben habe! Dazu muss man sagen: Dies ist ein Refugio parrochial und der Übernachtungs- und Essenspreis ist lächerlich niedrig mit 12,00 €! Andere beklagen sich über die unfreundliche Wirtin — nun: Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus! Im Eingangsbereich hängt nicht umsonst der Spruch: „Der Tourist fordert — der Pilger bittet!“
    Die Herberge hat sich gefüllt. Es geht auf den Abend zu und Angelika klagt über Schmerzen im Fuß. Mit gefällt er gar nicht: Er ist dick geschwollen, pocht und ist heiß! Ich gehe zu Marie-Carmen und frage, wie man am besten zu einem Arzt käme — da sitzt Anti, die Heilpraktikerin, die ich aus Bercianos kenne, in der Küche und meint, sie wolle sich den Fuß erst einmal selbst ansehen. Wir machen es uns im Garten auf einer Bank bequem und Anti säubert Angelikas Fuß, desinfiziert, versorgt die offene Wunde mit Salbe, polstert um die Blase herum mit einem Kreis aus Moosgummi ab, damit kein Druck draufkommt und deckt das Ganze noch mit steriler Gaze zu. Morgen früh will sie uns bis Astorga begleiten: Dort sind im städtischen Albergue jeden Nachmittag Ärzte, die sich für Gotteslohn um die Füße der Pilger kümmern.
    Dann sieht Anti meine Füße mit den tiefen Rissen in den Hornhäuten an den Fersen. „Wie kannst du deine Füße nur so vernachlässigen!“ — „Ja weißt du, sie sind über eineinhalb Meter von mir weg, und solange sie mich tragen und nicht zu sehr weh tun...“ Anti kann das gar nicht verstehen und nun bin ich mit der Behandlung an der Reihe. Sie wäscht meine Füße mit medizinischer Seife und einem Peeling-Handschuh, versorgt die Risse mit Spezialcreme und ölt

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