Lennox 01 - Lennox
Leute zu behandeln, die vermöbelt worden sind. Hören Sie, Lennox, Sie müssen ins Krankenhaus. Doc Banks macht sich Sorgen um Sie.«
»Wenn Doc Banks sich je um irgendwas gesorgt hätte außer der Frage, wie er an seinen nächsten Schnaps kommt, hätte er seine Approbation noch. Es geht schon.« Ich richtete mich in Sitzhaltung auf, um zu beweisen, dass ich recht hatte, doch ein neuerlicher Stich vom Voodoo-Priester bewies mir, dass ich mich irrte.
Jonny zuckte mit den Achseln und warf mir eine Flasche zu, die klapperte, als ich sie fing. »Der Doc sagt, diese Tabletten nehmen Ihnen die schlimmsten Schmerzen. Aber Sie sollen aufpassen, das Zeug ist stark. Und Sie dürfen keinen Schluck Alkohol trinken, sonst verlieren Sie das letzte bisschen Verstand.«
Ich war von einer korrupten Krankenschwester versorgt worden und bekam Medikamente von einem korrupten Arzt, der die Pillen wahrscheinlich von einem korrupten Apotheker hatte. Ich schüttete mir ein paar von den Dingern in die Hand. Sie waren so groß wie Pferdepillen; vielleicht hatte Doc Banks sie von einem korrupten Tierarzt.
»Teufel noch mal, Jonny«, sagte ich. »Diese Pillen sind groß genug, um die zehn Gebote draufzuschreiben und sie von Moses den Berg Sinai runterschleppen zu lassen. Wenn ich die Dinger nehme, soll ich danach beim Galopprennen an den Start gehen?«
»Der Doc sagt, Sie sollen die Tabletten durchbrechen, bevor Sie sie nehmen. Keine Sorge – Doc Banks weiß, dass er bei mir lieber keinen Mist bauen sollte.« Er reichte mir ein Glas Wasser. »Schlafen Sie ein paar Stunden. Dann sehen wir zu, dass wir unsere Freunde und Helfer abhängen, ehe wir zum Shawfields-Stadion fahren.«
Doc Banks’ Pillen wirkten wie versprochen. Der Schmerz ließ nach, und ich fiel nicht in Schlaf – ich stürzte. Ich fand mich in einer lebhaften Traumwelt mit schmerzhaften scharfen Kanten und Farben wieder, die so grell waren, dass mir übel davon wurde. Lillian Andrews, schon immer das Mädchen meiner Träume, war auch da. Sie saß in einem niedrigen modernen Sessel mitten in einem wandlosen, unendlichen Zimmer und rauchte, während rings um sie her ihre Kerle sich gegenseitig abmurksten. Der Boden unter ihren Füßen war von einem dunkelroten Teppich bedeckt.
»Die rote Farbe ist sehr praktisch«, sagte Lillian gelassen. »Man sieht kein Blut darauf.« Wie um ihre Aussage zu bestätigen, schlug Hammer Murphy mit einem mächtigen Hieb seines Schlegels Entenschwanz-Bobby den Schädel ein, und ein Blutschwall von der gleichen Farbe wie der Teppich und Lillians Lippen spritzte auf ihre Wange.
»Ich werde dich töten«, sagte sie ohne Zorn oder Boshaftigkeit, während ich mich ihr gegenüber auf einen Stuhl setzte, der hinter mir erschienen war. Ronnie Smails und Arthur Parks gesellten sich zu uns; sie saßen noch auf den Stühlen, auf denen ich sie gefunden hatte. Keiner sprach ein Wort. Parks’ Unterkiefer hing noch immer in dem unnatürlichen Winkel herab. Ich nahm ein Glas Rotwein von Lillian entgegen, und wir tranken auf das Andenken ihres Ehemannes.
»Willst du mich vorher ficken, oder lieber hinterher?«, fragte Lillian nüchtern.
»Hab mich noch nicht entschieden.«
Sie antwortete irgendetwas, doch es ging in den Schreien der Kämpfenden und Sterbenden unter. Ich nippte an dem roten Wein, und er war dick und warm und schmeckte kupfrig.
Ich wachte auf.
Die Vorhänge waren aufgezogen, und das Schlafzimmer, in dem ich lag, erschien nach der unmöglichen Architektur im Zimmer meines Traumes plötzlich winzig und beengt. Mir war schlecht. Ich stand auf und wankte aus dem Raum. Gerade noch rechtzeitig fand ich das Badezimmer am Ende des Flurs. Ich erbrach alles, was ich im Magen hatte. Anschließend würgte ich noch ein paar endlose Minuten lang trocken weiter.
Dann wusch ich mir das Gesicht und blickte in den Badezimmerspiegel. Die Welt schien noch immer die scharfkantige, schroffe Hyperrealität meines Traumes zu besitzen. Ein blasses, gequältes Gesicht mit dunklen Schatten unter den Augen starrte mich an. Mein Haar klebte an meiner Stirn wie schwarzer Seetang am Strand. Ich sah alt aus. Ich fühlte mich alt. An der Seite meines Kopfes war mit Heftpflaster ein dickes Gazepäckchen festgeklebt. Dort hatte Doc Banks mich genäht. Jonny kam hinter mir an die Tür. Ich blickte auf das Spiegelbild seines geschwollenen Gesichts.
»Alles okay?«, fragte er.
»Ich werd’s überleben«, sagte ich ohne große Überzeugungskraft. »Gehen
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